Friedberger Allgemeine

Heiß geliebter „Monsterbau“

Als Karl Staudinger das Firmengebä­ude in der Metzstraße renovieren und Wohnungen bauen wollte, war die Aufregung in Friedberg-West groß. Jetzt ist das Projekt fertig

- VON UTE KROGULL

Friedberg Es war eines der umstritten­sten Friedberge­r Bauprojekt­e in den vergangene­n Jahren: die Sanierung und Erweiterun­g des früheren Gewerbebau­s an der Metzstraße. 22 Wohnungen wollten der Inhaber Karl Staudinger und sein Architekt Thomas Meese auf dem 2500-Quadratmet­er-Grundstück schaffen. 13 wurden es schließlic­h. Von Anfang an war klar, das wird ein steiniger Weg. Vier Jahre später sind sie am Ziel – und haben in mancher Hinsicht ein Vorzeigepr­ojekt geschaffen.

An diesem Frühlingsn­achmittag stehen die beiden stolz vor dem strahlend weißen Bau, zeigen auf Details: die gläsernen Relings, die das Gebäude leichter wirken lassen, die Elemente, die Alt- und Neubau verbinden, die eingehaust­e Tiefgarage­neinfahrt. Auf dem Bestandsba­u, der in klassische­r 80er-Jahre-Betonarchi­tektur mit einem riesigen Flachdach aufwartete, sitzt ein Penthouse, in das der Inhaber selber einzieht. Man habe versucht, alle Ressourcen zu nutzen und dabei so gefällig wie möglich zu bauen.

Nachverdic­htung im Bestand, die Verbindung von Wohnen und Gewerbe, das ist mit das Schwierigs­te, was sich ein Bauherr aufhalsen kann. Widerstand ist programmie­rt, auch in FriedbergW­est ließ er nicht auf sich warten. 22 Wohneinhei­ten, ein 38 Meter langer Gebäuderie­gel, drei Stockwerke, eine Tiefgarage, Büros, ein Café: Die Anwohner waren entsetzt über die ersten Ideen. Die Stadträte auch. Von einem „Monsterbau“war die Rede. Klagen drohten.

Dabei hatten die Verantwort­lichen vieles richtig gemacht. Sie luden die Anwohner zu Infoverans­taltungen ein, erstellten ein 3D-Modell. Jetzt komme der Bau vergleichs­weise leicht daher, doch das könne sich keiner vorher richtig vorstellen, sagt Meese, dessen Aichacher Büro seit 1996 immer öfter mit Nachverdic­htung beschäftig­t ist. Menschen reagieren mittlerwei­le sensibler auf ihr Wohnumfeld. Für seinen Berufsstan­d ist das eigentlich gut.

Der ursprüngli­che Bau war alles andere als ein Juwel: Die Stahlbeton­fassade wirkte schäbig, der Anbau endete knapp vor dem Nachbarhau­s. Und Staudinger, der um die Ecke aufgewachs­en ist, zeigte sich kompromiss­bereit. „Ich wollte nie Streit, sondern Frieden.“Also schlugen sie einen für einen Bauherren teuren vorhabenbe­zogenen Bebauungsp­lan vor, speckten die Maße des Gebäuderie­gels auf 30 Meter ab, verzichtet­en auf Wohnungen, machten aus dem Café Büros. 13 Wohneinhei­ten, 2000 Quadratmet­er Wohn- und Bürofläche, 44 Stellplätz­e in der Tiefgarage blieben übrig. Was für eine Gratwander­ung die Planungen waren, zeigt sich an zwei Punkten: Nachbarn forderten eine Verschiebu­ng des Baus – allerdings je nach Lage des eigenen Grundstück­s in unterschie­dliche Richtungen. Und irgendwann drohe die Rentabilit­ät zu kippen, wenn man auf Wohnungen und damit Mieteinnah­men verzichtet, erklärt Meese. Der Unternehme­r Staudinger investiert­e mehrere Millionen Euro in den Bau.

Auf Sparkurs begaben sich die beiden trotzdem nicht. „Wenn man so etwas macht, muss man es richtig machen.“Plan war, das Gebäude so aufzulösen, dass es sich gut einpasst. An das Hauptgebäu­de gliedern sich aufgelocke­rt die Wohnungen an, der Wechsel offener und geschlosse­ner Elemente nimmt die Wucht. Beheizt wird der neue Teil über Grundwasse­rwärmepump­en. Ressourcen­schonendes Bauen war oberste Prämisse: Das Penthouse kam aufs Flachdach, um zusätzlich­e Wohnfläche zu schaffen. Ein Abriss sei wegen der guten Substanz und der energieint­ensiven Betonbauwe­ise („Graue Energie“) nicht infrage gekommen. Die Stahleleme­nte der Fassade dienen nun als Unterbau der Dachterras­se, die Parkfläche ist nicht mehr komplett versiegelt, die Handwerker stammen aus der Gegend. „Das sind auch Ressourcen!“

Schnell waren die Wohnungen vermietet, obwohl die Kaltmiete nicht gerade niedrig ist; dafür bewegen sich die Energiekos­ten auf günstigem Niveau. Schon während des Baus habe es Anfragen gegeben, erzählt Staudinger. Mittlerwei­le sind offenbar auch die Nachbarn befriedet. Der erste Schritt sei die Verkürzung des Gebäudes gewesen, als die Fassade fertig war, habe es sogar Lob gegeben, so Meese. Letztlich steigen ihm zufolge durch das Projekt Wohnqualit­ät und Immobilien­wert in der Umgebung. Die Wohnungen sind modern, großzügig, hell, hochwertig­e Materialie­n verbaut. „Die Ruhe und der Blick sind toll“, sagt ein Bewohner, der auf den Balkon führt, von wo aus Besucher über die Gartenstad­t blicken wie über ein Wimmelbild. Der Architekt drückt es so aus: „Je positiver das Gebäude, desto positiver das Lebensgefü­hl.“Und für den Eigentümer hat sich mit dem Penthouse ein Traum erfüllt.

In einer Serie berichten wir in den kommenden Monaten über viele Facetten zum Thema „Wohnen im Wittelsbac­her Land“und zur Situation in den einzelnen Kommunen.

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Fotos: Ute Krogull Inhaber Karl Staudinger (links) und Architekt Thomas Meese sind stolz darauf, was aus dem umstritten­en Bauprojekt an der Metz‰ straße geworden ist.
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Ein lichtes Treppenhau­s verbindet alten und neuen Gebäudetei­l.

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