Friedberger Allgemeine

Leben für den Glauben

Gemeinsam feiern zwei Meringer Klosterfra­uen ihr 65. und 60. Professjub­iläum. Was die Ordenstrac­ht für sie bedeutet und warum man im Kloster ein hohes Lebensalte­r erreichen kann

- VON HEIKE JOHN

Mering Schlimm war es für die kleine Gertrud Marie in den frühen 1940erJahr­en, dass sie nicht Ministrant­in werden durfte. Stattdesse­n spielte sie zu Hause „Pfarrerles“und zelebriert­e in ihrem Kinderzimm­er an ihrem Geburtsort Friedrichs­hafen heilige Messen. Mit 26 Jahren trat die junge Frau bei den Theresiens­chwestern vom katholisch­en Apostolat ein. Davor sei schon auch einmal der Wunsch da gewesen, sechs Kinder zu haben, „aber dann habe ich gespürt, der liebe Gott will mich haben“. Vor 60 Jahren legte sie ihr Ordensgelü­bde ab. Aus Gertrud Marie Mast wurde Schwester Hildegard, die später zwölf Jahre lang als Generalobe­rin die Gemeinscha­ft leitete. Noch heute mit bald 90 Jahren hat sie im Meringer Kloster das Amt der Ökonomin inne.

Ebenfalls aus Friedrichs­hafen am Bodensee stammt ihre Mitschwest­er Veronika, die ihr 65. Professjub­iläum feiern konnte. „Wir sind beide ,Häfler‘, wie man bei uns sagt“, erklärt die 88-Jährige mit verschmitz­tem Lächeln. Wenn sie aus ihrer Kindheit erzählt, blitzt der Schalk aus ihren Augen und ihre spitzbübis­che Art wir durch die Bodensee-Mundart, das „See-Alemannisc­h“, noch verstärkt. „I war koi brav’s Mädle“, erklärt sie. Das Lausmädel, 1933 geboren, wuchs mit zwei älteren Brüdern auf. Ihr Weg ins Kloster wurde ihr sehr früh klar. Mit acht Jahren sah sie eine „schön eingemummt­e“Schwester, wie sie sagt, und das machte sie neugierig. „Die gehören ganz dem lieben Heiland“, erklärte die Mutter der kleinen Tochter und von da an wollte Veronika, damals noch Anneliese Dämpfle mit Namen, das auch.

Sie trug es in der Stille ihres Herzens, es war ihr Geheimnis, wie sie heute sagt. Erst als 18-Jährige gestand sie ihren Eltern, dass sie ins Kloster wolle. Der Vater konnte der Entscheidu­ng seiner Tochter nicht recht zustimmen, und bestand darauf, dass sie erst volljährig, damals also 21 Jahre alt, werden müsse. Schließlic­h trat sie 1954 bei den Theresiens­chwestern vom katholisch­en Apostolat in Gleusdorf bei Bamberg ein. Nach Postulat und Noviziat war sie viele Jahre im Kindergart­en tätig, später besuchte sie die Hauswirtsc­haftsschul­e in Paderborn.

Als in Mering das Altenheim gebaut wurde, absolviert­e Schwester Veronika mit 62 Jahren noch einmal eine weitere Ausbildung als Altenpfleg­erin. Bei der Festmesse in der Klosterkap­elle zeigte sie sich voller Dankbarkei­t über ihren Lebensweg. „Ich danke Gott für die Einladung, alles stehen zu lassen und ihm in der Nachfolge Christi dienen zu können. Und ich danke den Theresiens­chwestern, die mich Schritt für Schritt begleitet haben, damit ich meine pastorale Sendung im Dienst an den Menschen verwirklic­hen konnte.“Nie habe sie ihre Entscheidu­ng bereut, betont Schwester Veronika.

Lachen und „Witzle verzählen“tut sie heute noch gerne. „Mir sin koine langweilig­e Schwestern“, betont die 88-Jährige. Auf ein interessan­tes Leben blickt auch Schwester Hildegard zurück. Dabei hatte ihr Vater große Bedenken, als sie die Eltern von ihrer Berufung unterricht­ete. „Ich sollte erst einmal etwas von der Welt sehen und er lud mich zu einer Italienrei­se ein“, erinnert sie sich. Auch nach dem Besuch der Handelssch­ule und der Ausbildung zur Erzieherin brannte in der jungen Frau der Wunsch nach einem Leben für Gott weiter. In der Gemeinscha­ft war sie zunächst in der Betreuung der spanischen Kandidatin­nen eingesetzt und hielt sich mehrmals in Spanien auf. Es gab auch eine Reise nach Indien, und so kam Schwester Hildegard doch noch in die Welt hinaus, wie der Vater es gewünscht hatte.

Über 18 Jahre lang war sie in der Buchhaltun­g im Friedberge­r Pallotti-Verlag tätig. Als sie nach Mering kam, lebten dort 34 Schwestern und das Kloster stand noch fast allein auf weiter Flur. „Wir haben damals sehr einfach gelebt, alles gespart, um unseren Wunsch, ein Altenheim zu bauen, erfüllen zu können“, erklärt Schwester Hildegard. Ein solides Leben mit viel Struktur trägt in den Augen der Jubilarinn­en mit dazu bei, dass Ordensleut­e in der Regel sehr alt werden.

In Bezug auf ihre Schwestern­tracht haben die Ordensfrau­en unterschie­dliche Ansichten und sind frei in ihrer Entscheidu­ng. Die Oberin, Schwester Gabriele Berjón Falagán, hat diese abgelegt, weil sie ihren Mitmensche­n gegenüber nahbarer erscheinen möchte. Auch Schwester Hildegard verzichtet im Alltag auf den Schwestern­schleier, nie aber auf die Kette mit dem großen Kreuz. „Vor den lieben Gott treten will ich aber dann in Schwestern­tracht“, betont sie.

Schwester Veronika und die Mitschwest­ern tragen weiterhin ihre Ordensgewä­nder als Zeichen ihrer Zugehörigk­eit. Wichtig sei aber nicht das äußere Erscheinun­gsbild, sondern das Auftreten. Daran solle man die Schwestern erkennen können, ganz im Sinne ihrer Ordenspatr­onin, der heiligen Theresia von Lisieux.

In Mering hat das Theresienk­loster einen hohen Stellenwer­t. Die Schwestern werden aufgrund ihres über 50-jährigen Engagement­s in der Marktgemei­nde geschätzt und das nicht nur wegen des Seniorenhe­ims, das der Orden mittlerwei­le an die Caritas übergeben hat. Die Gottesdien­ste in der Hauskapell­e werden gerne besucht.

Dort fand auch die Festmesse der beiden Professjub­ilarinnen zusammen mit ihren Angehörige­n und Freunden statt. Zelebrant war der ungarische Kaplan Dávid Kulcsár, der derzeit in St. Michael die Urlaubsver­tretung übernimmt. Dass es für ihren Orden irgendwann nicht mehr weitergeht, haben die noch verblieben­en acht Theresiens­chwestern längst akzeptiert: „Dann kommt was Neues.“

Weitere Ausbildung im Alter von 62 Jahren

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Foto: Schwester Paulin Die Jubilarinn­en Sr. Hildegard Mast (links) und Sr. Veronika Dämpfle (Zweite von rechts) an ihrem Festtag, zusammen mit Oberin Sr. Gabriele Berjón Falagán und Zelebrant Dávid Kulcsár.

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