Wie sicher ist die Rente?
Länger arbeiten, mehr Beiträge zahlen, den Zuschuss des Bundes erhöhen? In der nächsten Wahlperiode gehen die ersten geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand. Das bringt die Politik in Zugzwang
Augsburg Die Rente ist eines der wichtigsten Themen bei der Bundestagswahl, sind doch die Rentnerinnen und Rentner mit über 21 Millionen Menschen eine der größten Wählergruppen. Hinzu kommen Millionen aus der geburtenstarken Generation der Babyboomer, die bald in den Ruhestand gehen.
Ist die Rente sicher?
Die gesetzliche Rente ist die wichtigste Säule der Alterssicherung in Deutschland. Doch der demografische Wandel stellt das über 130 Jahre alte System vor große Herausforderungen. Künftig werden deutlich weniger Beitragszahler deutlich mehr Rentnerinnen und Rentnern gegenüberstehen. Wie die Rente dennoch zukunftsfest gestaltet werden kann, ist der Kern einer breiten Debatte. Die Bundesregierung hat dazu eine „Doppelte Haltelinie“verabschiedet. Demnach soll das Renten-Niveau bis 2025 bei 48 Prozent gedeckelt werden – das aber bedeutet nicht, dass jeder Versicherte am Ende seines Berufslebens 48 Prozent seines Einkommens als Rente erhält. Das Rentenniveau zeigt nur die Relation zwischen der Höhe einer Rente nach 45 Beitragsjahren mit durchschnittlichem Einkommen zum gegenwärtigen Durchschnittseinkommen an. Gleichzeitig soll der Beitragssatz nicht über 20 Prozent steigen. „Die Rente ist nicht von selbst sicher, aber sie kann durch geeignete ReformMaßnahmen immer wieder sicher gemacht werden“, sagt ein Sprecher der Deutschen Rentenversicherung.
Wird die Corona-Krise Spuren bei der Rente hinterlassen?
Aufgrund der Schutzklausel, der sogenannten Rentengarantie, wird der
Rentenwert nicht sinken. Die im Jahr 2019 eingeführten Haltelinien sorgen dafür, dass das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent sinken darf. „Die Renten können zwar stagnieren, aber nicht sinken“, sagt Thomas Zwick, Professor für Betriebswirtschaftslehre, Personal und Organisation an der Universität Würzburg. Die Pandemie trifft also jetzige Beitragszahler durch ihre sinkenden Einkünfte stärker als Menschen, die bereits in Rente sind.
Wie viel Geld werde ich im Alter bekommen?
Die Renten sind zuletzt fast ununterbrochen gestiegen: Bekam ein Rentner aus der gesetzlichen Rentenversicherung 1993 im Schnitt 611 Euro im Monat, waren es im Jahr 2018 bereits 902 Euro. Der durchschnittliche Zahlbetrag der Bestandsrentner in Bayern betrug im Jahr 2019 genau 1221 Euro und lag damit 486 Euro über dem der Bestandsrentnerinnen, die im Schnitt auf 735 Euro kamen. Der Abstand zwischen den Altersrenten der Frauen und Männer in Bayern ist nach wie vor eklatant. Warum das so ist? Bei einer dauerhaften sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigung fällt die Rente im Alter höher aus, als wenn das Erwerbsleben wie bei vielen Frauen durch längere Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung geprägt ist.
Müssen wir künftig länger arbeiten? Rentenexpertinnen und -experten und Teile der Union fordern, das Renteneintrittsalter auf über 67 Jahre anzuheben, damit die Rente finanzierbar bleibt. Es soll ab 2031 schrittweise an die steigende Lebenserwartung angepasst werden. Der Sozialverband VdK lehnt diese „Rentenkürzungen“ab. Würde der Gesetzgeber den Rentenbeginn noch höher ansetzen, drohe eine weitere soziale Polarisierung im Alter. Im Moment wird bis zum Jahr 2029 schrittweise die Rente mit 67 eingeführt.
Wie groß sind die Löcher in der Rentenkasse?
Noch nie sah eine Generation einem so langen und gesundheitlich ungetrübten Ruhestand entgegen wie heute. „Dies liegt daran, dass seit vielen Jahrzehnten die Lebenserwartung in Deutschland ungefähr alle Jahre um zwei Jahre steigt“, sagt Professor Thomas Zwick. Außerdem verbessere sich der Gesundheitszustand mit jeder Generation. „So sind die heute 70-Jährigen im Durchschnitt so gesund wie ihre Eltern mit 60 Jahren.“Dieser erfreulichen Entwicklung stehen immer größere Löcher in der Rentenkasse gegenüber, die mit Steuermitteln gestopft werden müssen – jedes Jahr überweist der Finanzminister mehr als 100 Milliarden Euro an die Rentenversicherung. Obwohl die Bevölkerung zunehmend älter wird, gehen viele Menschen sogar früher in Renaktuelle te. Damit steigt die durchschnittliche Rentenbezugsdauer schneller als die Lebenserwartung. Das belastet die Rentenkasse zusätzlich.
Muss die junge Generation mehr für die Rente bezahlen?
Durch die demografische Entwicklung müssen weniger Beitragszahler für mehr Rentnerinnen und Rentner aufkommen. Was das heißt, verdeutlicht der Rentner-Quotient. Er gibt an, wie viele Rentner auf 100 Beitragszahler kommen. Im Jahr 2019 lag dieses Verhältnis bei 51 Prozent, das heißt, 100 Beitragszahler musszehn ten für 51 Rentner aufkommen. Im Jahr 2033 wird dieser Wert voraussichtlich auf 68 Prozent steigen. „Alle seriösen Vorausberechnungen gehen davon aus, dass der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung ansteigen wird, wenn es beim heutigen Rentenrecht bleibt“, sagt ein Sprecher der Deutschen Rentenversicherung. Und zwar um etwa vier bis fünf Prozentpunkte bis zum Jahr 2045. Die Alternativen dazu: Erst später in Rente zu gehen, also mit 68 oder gar erst mit 70 Jahren, oder den jährlichen Steuerzuschuss kräftig erhöhen.