Siegeszug der Klette
Ein berühmter Verschluss feiert runden Geburtstag. Der Erfolg begann im Weltraum
Genf Ein Ingenieur, ein Jagdhund, ein Ärgernis und eine geniale Idee: Damit begann vor 80 Jahren die Entwicklung von etwas, das heute aus dem Leben der meisten Menschen nicht mehr wegzudenken ist. Ob Schuhe, Taschen, Blutdruckmessmanschetten, Rucksäcke, Werkzeuge oder Kabelbinder – fast nichts davon kommt heute ohne den Klettverschluss aus.
Erfinder war der Schweizer Ingenieur George de Mestral (1907-1990). Nach dem Geistesblitz 1941 dauerte das Tüfteln zehn Jahre, bis er seine Erfindung 1951 zum Patent anmeldete. Das US-Patent kam 1961. Die früheste Erinnerung, die sein Sohn Charles, Jahrgang 1951, mit der väterlichen Erfindung verbindet, ist eine Fußmatte. „Er hatte je ein Stück seines Klettbandes auf den Boden und unter die Matte geklebt und wir mussten uns dort immer die Füße gründlich abputzen, damit er sehen konnte, ob das hielt,“erzählt er. Es hielt, und der Siegeszug des Klettverschlusses um die Welt nahm seinen Lauf.
Das Material wird nicht etwa von Vulkaniern erfunden, wie die Science-Fiction-Fernsehserie Star Trek Enterprise 2002 nahelegt: Darin verkaufen die Vulkanier das Patent an die Erdenbewohner. Der Drehbuchautor würdigt den wahren Erfinder, in dem er einen der Vulkanier Mestral nennt.
De Mestral, einem passionierten Jäger, kommt die erste Idee 1941 auf der Pirsch. Nach dem Streifzug muss er seinem Jagdhund, wie so oft Kletten aus dem Fell ziehen. Wie können die kugeligen Blütenköpfe so fest sitzen und sich doch mit ein bisschen Zug leicht lösen? Der Ingenieur will der Natur auf die Schliche kommen. Unter dem Mikroskop sieht er, dass die Klette einen Schopf elastischer Häkchen hat. In Frankreich findet er schließlich Material mit dem neu erfundenen Nylonband. Und siehe da: Endlich kann er Bänder mit Schlaufen und Haken herstellen, die wie Kletten im Fell aneinander hängenbleiben, aber trotzdem leicht trennbar sind.
Die Modebranche tut sich anfangs schwer damit, das Material gilt als hässlich, der laute „Ratsch!“beim Öffnen als uncool. Erst nachdem Velcro, wie der Markenname des Klettverschlusses heißt, den USAstronauten bei der ersten Mondlandung gute Dienste erweist, wird es als Produkt des Weltraumzeitalters gefragter. Die Weltraumbehörde Nasa verklebt nämlich im Raumschiff und der Mondlandefähre von Apollo 11 gut zwei Quadratmeter Velcro, um Werkzeuge an Wänden und Essensschläuche an der Kleidung zu befestigen. Zu Ehren kommt Velcro auch, um Schuhe an den Füßen der Astronauten festzumachen und „Nasenkratzstöcke in den Helmen“, heißt es in der Firmenchronik.