Weinzierl gibt den Herrlich
Als die Aufstellung des FC Augsburg die Runde machte, erschloss sich schnell, was Trainer Markus Weinzierl plante. Einen Angreifer hatte er für einen Verteidiger geopfert, die Defensive stärkte er zulasten der Offensive. Das 0:4 gegen Hoffenheim musste der Trainer als Warnung empfunden haben, ein weiteres Mal wollte er sich nicht auskontern lassen. Vor der Partie hatte er noch davon gesprochen, dass auf lange Sicht offensiver Fußball erfolgreicher sei als defensiver. In Frankfurt ließ er Gegenteiliges praktizieren.
Wer wollte, durfte sich an die Spielweise unter Weinzierls Vorgänger Heiko Herrlich erinnert fühlen. Im Verlauf der vergangenen Saison war dieser immer weiter von einer inspirierten Spielidee abgerückt, Punkte basierten auf einer Mischung aus Mauertaktik und gnadenloser Effizienz. Mit einer Chance 1:0 gewinnen, das entsprach dem Masterplan. Gefallen hat dies niemandem, weder Fans noch Verantwortlichen und Spielern. Weinzierl spricht viel von Mut und einer attraktiven, aktiven Spielweise, der seine Mannschaft nachgehen soll. Doch schon am zweiten Spieltag beugt er sich den Gesetzen des Ergebnissports. Nach der Partie in Frankfurt zeigte er sich mit der defensiven Leistung zufrieden und verwies darauf, dass man sich offensiv steigern müsse. Auch hier Parallelen zu Herrlich.
Weinzierl hat in den Augsburger Anfängen Zeit benötigt, um sich in der oberen Tabellenhälfte der Bundesliga einzunisten. Zudem ist er lange genug Teil des Trainergeschäfts. Weiß also um die Wirkung von Resultaten. Schönes Spiel erhält nur Beifall, wenn es zu Punkten führt. In der Vergangenheit hat Weinzierl bewiesen, dass er beides vereinen kann: Mitreißenden Fußball verknüpfte er mit Erfolg. Und genau das ist die Erwartungshaltung, mit der er jetzt konfrontiert wird. Noch genießt Weinzierl eine Schonfrist. Stellt sich jedoch in den nächsten Wochen keine Veränderung ein, wird immer lauter die Frage gestellt werden, was sich unter ihm eigentlich verbessert hat.