„Klarinette spiele ich nur zu besonderen Anlässen“
Interview Für seinen Auftritt im Rahmen des Friedberger Musiksommers hat Karl-Heinz Steffens die Sommerferien mit Üben verbracht. Zum 20-Jährigen gibt es Musik von Bach bis Weber und von Jazz bis Kinderkonzert
Herr Steffens, Sie leiten jetzt zum 20. Mal den Friedberger Musiksommer. Als Sie angefangen haben, waren Sie Solo-Klarinettist der Berliner Philharmoniker und Wahl-Friedberger, dann haben Sie die Seiten gewechselt, sind Dirigent geworden, haben die ganz großen Orchester dirigiert, sind jetzt Musikdirektor in Prag. Dieses Jahr findet das Festival vom 1. bis 5. September unter ganz anderen Bedingungen als bisher statt. Welches Gefühl empfinden Sie in dieser Situation? KarlHeinz Steffens: Das 20. Mal, das ist schon was ganz Besonderes. Während dieser Zeitstrecke haben wir alle ja wirklich sehr vieles erlebt. Eigentlich kommen wir ja jedes Jahr aus ständig sich verändernden persönlichen Lebenssituationen nach Friedberg, um gemeinsam gute Musik zu spielen und zu hören. Und nun, als wäre das nicht schon genug, sind wir alle auch noch von dieser Pandemie heimgesucht worden. Umso besser, dass die Friedberger nicht aufgeben und die Musiker wieder eingeladen haben, einfach weiterzumachen. Auch wenn alles immer noch recht kleinformatig sein muss, die Corona-Regeln streng eingehalten werden müssen, spielen wir auch in diesem Jahr wieder Meisterwerke der klassischen Musik, quasi als Seelennahrung für unser treues Friedberger Publikum.
Wie sind Sie selbst als Dirigent mit der Pandemie klargekommen, wie waren Sie betroffen?
Steffens: Als Dirigent gab es während des Lockdowns in Europa wenig zu tun. Wir haben ein paar digitale Sachen gemacht, ansonsten viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Die Opernhäuser und Konzertsäle waren ja gesperrt und, wie viele meiner Kollegen, habe auch ich zum ersten Mal erfahren müssen, was es heißt, über Monate nicht arbeiten zu dürfen. Das musste man emotional wie ökonomisch erst einmal durchsteaber jetzt ist ja Licht am Ende des Tunnels zu sehen.
Wie haben die vielen mit Friedberg befreundeten Musikerinnen und Musiker reagiert, dass das Festival wieder stattfindet?
Steffens: Die Musiker waren sehr begeistert, als wir sie anriefen, wobei einige ja schon wieder mitten „im Geschäft“sind. Wir haben auch ganz bewusst wieder einige der guten alten Musiksommer-Kollegen eingeladen, denn in diesem Jahr soll doch die Freude und Dankbarkeit, auch für all die Hilfe aus Friedberg im vergangenen Jahr, im Vordergrund stehen.
Ein „pandemiegerechtes“Programm zusammenzustellen war sicherlich eine Herausforderung …
Steffens: Wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen, dass wir das Wort Pandemie nicht mehr hören können. Zuviel hat diese Zeit uns an Kraft gekostet. Deswegen haben wir wieder einfach ein Programm mit toller Kammermusik zusammengestellt und mit Roman Trekel einen Weltklasse-Bariton für Lieder eingeladen. Kleinere Besetzungen, leider noch ohne das traditionelle sinfonische Konzert in der Kirche, aber mit hochkarätiger Musik von Bach bis Weber und von Jazz bis Kinderkonzert.
Nach welchen Kriterien haben Ihre Frau Michal Friedländer und Sie es zusammengestellt?
Steffens: Dieses Mal steht die musikalische Romantik im Vordergrund, und da gehört natürlich die Klarihen, nette dazu. Ich werde zusammen mit meinen Kollegen das virtuose Klarinettenquintett von Carl Maria von Weber spielen und hab die Sommerferien mit Üben verbracht, denn seit circa 13 Jahren spiele ich ja nur noch zu besonderen Anlässen.
Erstmals gibt es ein Kinderkonzert, was erwartet die Besucherinnen und Besucher da?
Steffens: Das war eigentlich im letzten Jahr schon geplant, aber jetzt schaffen wir es. Mit der Schauspielerin Nadine Schori und unseren Musiksommer-Solisten haben wir ein lustiges und lehrreiches Programm für Kinder gemacht. Wir gehen gemeinsam auf eine spannende Entdeckungsreise nach Motiven und Themen aus der klassischen Musik.
Interview: Richard Mayr