Die Zukunft gehört der Glasfaser
Das Glasfasernetz wird in Schwaben immer weiter ausgebaut. Wie es mit dem Ausbau des schnellen Internets in der Region vorangeht und wie die Kabel bis in die Häuser verlegt werden
Hiltenfingen Das Internet ist mittlerweile ein selbstverständlicher Teil des täglichen Lebens. Zu Hause nimmt die Mutter am Computer an einer Konferenz für die Arbeit teil, der Vater telefoniert mit dem Smartphone per Video mit einem Arbeitskollegen, die Tochter hört sich online ihre Vorlesung von der Universität am Laptop an und der Sohn streamt einen Film über das Tablet. Um das zu stemmen, braucht es einen starken Breitbandanschluss und schnelles Internet. Ein Umstand, über den sich die Bürger und Bürgerinnen in Hiltenfingen, einer Gemeinde mit etwa 1600 Einwohnern im Landkreis Augsburg, bald freuen dürfen. Seit März wird dort der Glasfaserausbau vorangetrieben. Bis Ende September sollen etwa 700 Haushalte direkt an Glasfaser angebunden und damit auch mit schnellem Internet von bis zu einem Gigabit versorgt werden.
Um das zu ermöglichen, verlegt in Hiltenfingen die LEW Telnet, das Telekommunikationsunternehmen der Lechwerke AG (LEW) mit Sitz in Neusäß, innerhalb von einigen Monaten etwa 180 Kilometer Glasfaser. Bisher liefen die letzten Meter der Datenübertragung vom Kabelverzweiger zum Nutzer über eine Kupferleitung. Haushalte können so mit maximal 50 bis 100 Mbit pro Sekunde versorgt werden.
Die Kupferleitungen sind jedoch langsamer, auch empfindlicher gegenüber äußeren Einflüssen. Sind die lokalen Verteilerkästen mit Glasfaser angebunden, ist die Lage bereits besser. Trotzdem müssen selbst dann die Daten noch über die kupferne Leitung ins Haus. Der große Nachteil: Je weiter das Haus vom Verteilerkasten entfernt ist, desto langsamer kommen die Daten an. Das bereitet gerade in ländlichen Gegenden Probleme. Führt die Glasfaser direkt in das Zuhause, auch Fibre to the Home (FTTH) genannt, ist dieser Leistungsabfall bei größeren Distanzen nicht vorhanden und es können Datenübertragungsraten von 1000 Mbit pro Sekunde erreicht werden.
Um in Hiltenfingen Glasfaser zu legen, startete die LEW Telnet im September und Oktober im vergangenen Jahr die sogenannte Vorvermarktung, um abzufragen, welche Bürger und Bürgerinnen überhaupt interessiert sind. Denn erst ab einer Quote von mehr als 35 Prozent rentiert sich für das Unternehmen die Investition im unteren siebenstelligen Bereich. In die Auswahl der
Gemeinden spielen neben dem Interesse auch die bestehende Infrastruktur und die aktuelle Versorgung eine Rolle. An manchen Orten lohnt sich der Glasfaserausbau für Firmen überhaupt nicht. In Hiltenfingen war der Zuspruch groß. Haushalte, die während der Phase der Vorvermarktung gebucht haben, erhalten einen kostenfreien Glasfaseranschluss. Während der Bauarbeiten können sich andere noch dazu entscheiden und müssen noch 399 Euro zahlen. An die restlichen Grundstücke werden, wenn es keinen Widerspruch gibt, auch Rohre verlegt. Falls sich Haushalte später für einen Glasfaseranschluss entscheiden, muss so nicht noch mal der Bürgersteig aufgerissen werden.
LEW Telnet-Geschäftsführer Johannes Stepperger hält den Glasfaserausbau für die Zukunft für essenziell: „Das Leben wird immer digitaler. Kommunen ohne leistungsfähiges Breitbandnetz werden langfristig abgehängt. Das bestimmt über die wirtschaftliche Zukunft einer Gemeinde, aber auch einer Region.“Eine Umfrage des Bundesverbandes Breitbandkommunikation hat ergeben, dass 75 Prozent der Haushalte bis zum Jahr 2025 Leistungen von mehr als 500 Mbit pro Sekunde nachfragen werden.
Doch Deutschland ist im Vergleich zu anderen Ländern bei GlasfaserDirektanschlüssen weit abgeschlagen. Bundesweit bestehen nur 5,4 Prozent der Breitbandanschlüsse bis zum Haus aus Glasfaser, wie eine Analyse der Industrieländer-Organisation OECD zeigt.
In Bayern ist seit den Breitbandförderprogrammen eine Grundversorgung von 30 Mbit pro Sekunde flächendeckend vorhanden. Doch die große Mehrheit der bayerischen Haushalte war bis Ende 2019 trotzdem noch nicht direkt per Glasfaser an das Netz angebunden. Den Ausbau im bayerischen Schwaben treibt LEW Telnet seit Jahren voran. Etwa 100 Gemeinden in der Region wurden in 270 Breitbandprojekten an das Glasfasernetz angeschlossen. So wie nun auch in Hiltenfingen.
Doch wie kommt die Glasfaserleitung überhaupt unter die Erde? In Hiltenfingen reißen seit einigen Monaten Bagger Teile der Gehwege auf, um die Rohre für den Glasfaserausbau zu verlegen. Der Hauptverteiler in der Gemeinde ist mit dem Internetanbieter verbunden. Von dort verzweigt sich ein Netz von leeren Kunststoffrohren durch Anschlussschächte unterirdisch durch die Straßen. Durch diese werden Rohrverbände, die aus 24 bunten
Röhrchen bestehen, zu den Grundstücken verlegt. Ein buntes Röhrchen ist dabei jeweils ein Anschluss an ein Grundstück.
Um schließlich vom Straßenrand zum Gebäude zu gelangen, wird jeweils ein Loch am Gehweg und ein Loch an der Hauswand gegraben. Mit einer sogenannten Erdrakete wird mit Druckluft unterirdisch das Leerrohr schließlich an das Haus geschossen. Die Glasfasern, die einen Kerndurchmesser von neun Mikrometern haben, werden anschließend vom Anschlussschacht durch die Leerrohre mit Druckluft geblasen. Am Verteiler werden die neuen Glasfasern mit der Hauptleitung verbunden und im Haus untergebracht. Zum Schluss wird die Glasfaser an das Netzabschlussgerät angeschlossen, das wiederum die Lichtsignale in elektrische Signale umwandelt, die der Router empfängt und an die Geräte weitergibt.
So fein die Glasfasern auch erscheinen, für die Zukunft sind sie von großer Bedeutung. LEW Telnet-Geschäftsführer Stepperger sagt dazu: „Wenn Sie eine Familie mit vier Personen haben, die von zu Hause aus am Computer arbeiten, lernen und leben, brauchen Sie einen starken Breitbandanschluss – auch für die Zukunft.“