Wie genau wird die 3GRegel kontrolliert?
Wer nicht genesen, geimpft oder getestet ist, darf Innengastronomie, Kinos oder Friseure in Augsburg aktuell nicht besuchen. Aber wird das überhaupt kontrolliert? Unser Autor hat es getestet
Die Kellnerin stößt ein schnaubendes Lachen aus. Ob es anstrengend sei, die 3G-Nachweise zu kontrollieren? „Ich hatte Gott sei Dank die letzten Tage frei“, sagt sie. „Aber heute musste ich schon Leute wegschicken.“Im Grunde sei es ja ganz einfach: Formular zeigen, fertig. „Aber das versteht nicht jeder.“Viele schrieben auch einfach irgendeinen Mist auf den Kontaktzettel. Sie arbeitet in einem Kaffeehaus am Augsburger Rathausplatz. Bereits draußen am Eingang weist eine beschriftete Tafel darauf hin, was Kunden drinnen erwartet: Bleiben darf nur, wer unter 3G fällt. Für die Frau Mitte 40, lockiges Haar, ein abgekämpftes Lächeln hinter der FFP-2-Maske versteckt, bedeuten die neuen Regeln vor allem eines: jede Menge Stress.
Die Corona-Pandemie wird aktuell von Zahlen bestimmt. 35 ist eine solche. Bei ebenjener Sieben-TageInzidenz gilt in Bayern die 3G-Regel. Nur, wer entweder genesen, getestet oder geimpft ist, bekommt auch Zugang zu Innengastronomie, Schwimmbädern, anderen Freizeiteinrichtungen oder Friseursalons. Augsburg hat diesen Wert vor einigen Tagen gerissen, seit Montag gelten die verschärften Regeln. Wer aber kontrolliert deren Einhaltung? Werde ich beim Besuch im Kino überhaupt nach einem 3G-Nachweis gefragt?
Ich, 24, Volontär der Augsburger Allgemeinen, bin seit zwei Monaten vollständig geimpft. Seither trage ich mein Impf-Zertifikat, gespeichert in meinem Mobiltelefon, mit mir herum. Nur sehen wollte das bislang nie jemand, weder im Urlaub, noch sonst wo. Vielleicht ändert sich das jetzt. An diesem Donnerstagnachmittag verhängen dunkle Wolken den Himmel über der Augsburger Innenstadt. Weil es immer wieder regnet, gleicht der Stadt-Strand am Rathausplatz eher einer Schlammwüste denn einer Erholungsoase. Wer kann, den zieht es in Bars oder Cafés in der Nähe.
Auch ich nähere mich einer italienischen Bar. Noch bevor ich mich recht entsinne, spricht mich ein freundlicher Kellner an und fragt, ob ich einen Impfnachweis habe. „Falls nicht, kannst du einen Test bei uns machen, kostet 2,50 Euro.“Bevor er wieder in der Hektik des Lokals verschwindet, schiebt er mit einem Schulterzucken hinterher: „Sorry, das ist in Bayern gerade so.“
Welche Erfahrungen haben andere bei der Kontrolle der 3G-Regeln gemacht? Ich frage bei Arbeitskollegen und in meinem Bekanntenkreis nach. Eine Kollegin berichtet, dass sie beim Einlass in zwei Gastronomiebetriebe zwar kritisch nach einem 3G-Nachweis gefragt worden sei. Als sie ihr Zertifikat rausholen wollte, habe es dann aber geheißen: „Ach ne, passt schon“. Ähnliches berichtet auch eine Freundin von mir. In ihrem Fitnessstudio sei sie noch kein einziges Mal kontrolliert worden. Es habe schlichtweg niemanden interessiert.
Eine Nachfrage bei der Stadt Augsburg. Wird überhaupt kontrolliert, ob sich Betreiber und Kunden an die 3G-Regel halten? Ja, sagt Frank Pintsch vom Referat für Bürgerangelegenheiten. Die Einhaltung werde in enger Abstimmung regelmäßig und unangekündigt von Polizei und Ordnungsbehörde überwacht. Zum Beispiel auch als Reaktion auf Beschwerden oder Hinweise. „Darüber hinaus setzt die Stadt Augsburg auch auf das Verantwortungsbewusstsein der Einrichtungen“, sagt Pintsch.
Darauf sei bislang in den allermeisten Fällen Verlass gewesen. Er
diese Selbstverantwortung sehr. Die Zahl der Gewerbekontrollen liege aktuell noch im „zweistelligen Bereich“. Ahndungswürdige Regelbrüche seien dabei nicht festgestellt worden. Bei Verstößen würden Bußgelder auf Grundlage des Bußgeldkatalogs des Freistaats Bayern ausgesprochen. Und die können erfahrungsgemäß auch schon einmal im fünfstelligen Bereich liegen.
Die meisten Gastronomen, das ist mein Eindruck, scheinen das zu wissen. An beinahe jeder Eingangstüre wird der Besucher von prominent platzierten Schildern und Tafeln empfangen, die auf die neuen Regeln hinweisen. Mal ist die Botschaft mit knallroten Ausrufezeichen garniert, mal mit freundlich grinsenden Kreide-Smilies. Dass die 3G-Regel mitunter auch Verwirrung stiften kann, zeigt ein Besuch im Schaezlerpalais. Um die feinen Gemälde und den prunkvollen Rokoko-Festsaal an der Maximilianstraße sehen zu können, muss ich erst einmal an der Kasse vorbei. Auf der Internetseite der Gesellschaft „Regio Augsburg Tourismus“lese ich vorab, dass aktuell ausschließlich geimpfte, genesene oder getestete Menschen Museumsbesuche machen dürfen.
Zwar fülle ich am Eingang einen Kontaktbogen aus. Nach meinem Impfzertifikat werde ich jedoch nicht gefragt. „Momentan braucht man das nicht. Sie haben ja den Kontaktbogen“, heißt es nur. Und tatsächlich: Aus der aktuellen Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung geht hervor, dass in Museen aktuell kein solcher Testnachweis erforderlich ist. Ich bin verwirrt.
Um den Tag kulturell abzurunden, gehe ich ins Kino. Dort empfängt mich im Eingangsbereich neben süßem Popcorn-Duft auch eine wachsame Frau am Informationsschalter. Wer sich ohne Impfnachbegrüße weis an den zahlreichen Hinweisschildern vorbeigetraut hat, wird spätestens von ihr auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. „Haben Sie ein Zertifikat?“, fragt die Angestellte. Ich überlege und beschließe, meine Taktik zu ändern. Bislang bin ich mit meinem Impfnachweis überall hineingekommen. Was aber, wenn ich ihn diesmal – hypothetisch – vergessen hätte? Ich schüttele mit dem Kopf und sage: „Mist, den habe ich nicht dabei.“Die Frau hebt entschuldigend ihre Arme. „Ohne Zertifikat kein Film.“
Natürlich konnte ich an diesem Tag nicht jeden Betrieb testen. Aber obwohl es für viele Kino-, Bar- oder Café-Betreiber einiges an Mehraufwand und Diskussionen bedeutet, haben sich alle von mir besuchten Einrichtungen an die 3G-Regel gehalten. Dieses Engagement, sagt Frank Pintsch von der Stadt Augsburg abschließend, sei mit ein Weg durch diese Pandemie.