Die besondere Robustheit von Spinnennetzen
Bereits im frühen Baustadium können Spinnennetze hohe Belastungen aushalten und dem Beutefang dienen. Das schreiben US-Forscher in den Proceedings der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften. Sie beobachteten Haubennetzspinnen (Tidarren sisyphoides) mit moderner Technik, wie sie nach und nach ihr Netz webten. Mithilfe von 3-D-Modellen der verschiedenen Bauphasen bestimmten sie dann die Eigenschaften der unfertigen Netze.
Tidarren sisyphoides kommt in Nord- und Südamerika sowie in der Karibik vor. Die Spinnen bauen – im Unterschied etwa zu Radnetzen – dreidimensionale Netze. Zunächst suchen die Tiere einen geeigneten Ort, dann bauen sie innerhalb kurzer Zeit eine Art Grundstruktur, die nach und nach verstärkt wird.
Spinnennetze gelten als Wunder der Natur. Sie sind extrem reißfest und elastisch zugleich. Bislang seien zwar schon komplette Netze untersucht worden, schreibt das Team um Markus Buehler vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge. Über in Bau befindliche dreidimensionale Netze wisse man hingegen noch wenig. Die Forscher beobachteten mit einer hochauflösenden Kamera, wie eine Spinne innerhalb eines würfelförmigen Rahmens
in sieben Tagen ihr Netz baute. Um aus den zweidimensionalen Bildern später ein dreidimensionales Modell zu erstellen, wurde das Netz mit einem Laser scheibchenweise durchleuchtet – daraus entstand dann am Computer ein 3-D-Modell.
Mithilfe des Modells simulierten die Forscher dann, wie belastbar das Netz in den verschiedenen Bauphasen war. Beteiligt an der Arbeit war auch der in Berlin ansässige Künstler Tomás Saraceno, der sich schon länger mit der 3-D-Struktur von Spinnennetzen beschäftigt.
Ergebnis: Die Spinne baut das Grundgerüst – und damit den größten Teil – des Netzes innerhalb von zwei Tagen, später wird die Struktur verstärkt. Das Netz ist schon im frühen Stadium überaus reißfest. Sollte ein einzelner Faden reißen, kollabiert nicht das komplette Gebilde, sondern die Spinne kann den Schaden reparieren. Zudem ergaben Simulationen, dass die Spinne bereits ab dem ersten Tag beispielsweise Fliegen fangen kann, wenn die Beute an der richtigen Stelle ins Netz geht. Die Autoren hoffen, dass weitere Forschung auf diesem Gebiet nicht nur für die Arachnologie von Bedeutung ist, sondern auch Ingenieure, Künstler und Architekten inspiriert.