Shows mit gefangenen Walen
Die Tiere leiden sehr darunter, wenn sie eingesperrt werden
Orcas sind echte Familientiere. Sie jagen gemeinsam, passen aufeinander auf, sprechen eine Familiensprache und lernen voneinander. Da klingt der Name Killerwal doch etwas grausam. Elena Schall findet ihn aber nicht unpassend. Sie ist Meeresbiologin und arbeitet in der Stadt Bremerhaven in Norddeutschland.
Orcas sind die größten Delfine und kommen in allen Ozeanen vor. Wegen ihrer großen Rückenflosse werden sie auch Schwertwale genannt. „Die Schwertwale sind die besten Jäger der Meere. Sie können unheimlich gut schwimmen, haben ein kräftiges Gebiss und sind sehr intelligent“, sagt Elena Schall. Egal ob Robben, kleine Fische, Schildkröten, Haie oder andere Wale: Kaum ein Meeresbewohner ist vor den Zähnen der Orcas sicher. Trotzdem sind sie keine grausamen Killer, die einfach wahllos Tiere töten. Im Gegenteil, sie jagen gemeinsam als Familie und teilen ihre Beute mit allen Verwandten.
Andere Gegend, anderes Futter
Dabei haben sie unterschiedliche Vorlieben, je nachdem, wo Orcas unterwegs sind. Vor Neuseeland fressen sie am liebsten Rochen oder Haie. In der Antarktis bevorzugen sie Robben und Pinguine.
Auch ihre Jagdmethoden unterscheiden sich. Im Eismeer schubsen sie die Robben von Eisschollen. Dafür schwimmen mehrere Orcas darauf zu und erzeugen eine Welle, die die Robbe ins Meer spült. In Argentinien fangen Orcas Seelöwen direkt vom Strand. Dafür lassen sie sich von starken Wellen an den Strand und wieder zurück ins Meer tragen. Selbst vor Haien machen Orcas nicht Halt. Diese werden mit einem gezielten Schlag mit der Schwanzflosse betäubt.
„Die Familien haben nicht nur ganz eigene Jagdgewohnheiten. Sie geben diese Technik auch an ihren Nachwuchs weiter“, sagt Elena Schall. Jungtiere trainieren an bewusstlosen Haien den Schwanzschlag oder üben das Landen am Strand. Immer leiten ältere Orcas sie an.
Eine Orca-Familie kann bis zu 50 Tiere umfassen, angeführt wird sie von einem Weibchen. Die Familie jagt nicht nur gemeinsam, sondern kümmert sich auch umeinander. „Forschende konnten beobachten, dass selbst Orcas mit krummen Wirbelsäulen oder Verletzungen von der Gruppe versorgt wurden. Das ist ein sehr besonderes Verhalten“, berichtet die Expertin.
Außergewöhnlich ist auch die Sprache der Orcas. Sie haben unterschiedliche Dialekte. Ein Orca in Neuseeland macht also andere Töne als ein Orca in der Antarktis. „Jede Gruppe kommuniziert mit knapp 50 verschiedenen Tönen, die sich immer wieder verändern“, sagt Elena Schall. Für die Robbenjagd etwa sind die Orcas ganz leise. Denn Robben können verdammt gut hören. Heringe dagegen sind ziemlich taub. Da können sich die Orcas beim Jagen laut unterhalten.
Orcas sind intelligente Tiere. Mit ihren Familien legen sie große Strecken im Meer zurück, bis zu 65 Kilometer pro Tag. Orcas tauchen zudem mehrmals am Tag in bis zu 150 Meter Tiefe. Sie brauchen also sehr, sehr viel Platz. Aber immer noch kommen Menschen auf die Idee, diese Meeressäuger einzusperren und mit ihnen Shows zu veranstalten. Tierschützerinnen und Tierschützer berichten, dass momentan 59 Orcas in Gefangenschaft leben. Darunter leiden die Tiere sehr. In Gefangenschaft
sterben sie oft viel früher als im Meer. Außerdem verhalten sie sich aggressiv gegenüber den Tierpflegerinnen und Tierpflegern. Tierschützerinnen und Tierschützer haben beobachtet, dass einige gefangene Orcas schlechte Zähne haben. Sie schrammen mit ihren Zähnen am Becken entlang, oft aus Stress und Langeweile. Die meisten Becken sind viel zu klein. Meist leben die Tiere auch noch allein oder in kleinen, künstlichen Gruppen, ganz anders als in der Natur.