Blume soll es richten
Trotz aller Beteuerungen zündet der CSU-Wahlkampf noch immer nicht. Die Umfragen für die Union sind so schlecht wie nie. Wie der Generalsekretär das Ruder jetzt herumreißen will
München Eigentlich wollte die Union auf den letzten Metern vor der Bundestagswahl doch vor allem Einigkeit demonstrieren. Geschlossenheit. Zusammenhalt. CDU und CSU wollten nach außen zeigen, dass man jetzt – endlich – an einem Strang ziehen und dass sich mithilfe dieses Moments die Wahlkampagne so richtig beschleunigen lassen wird. „Wir wollen gemeinsam kämpfen, kämpfen und nochmals kämpfen“, schwor man sich ein. Zuletzt erst am Freitag nach einer Videokonferenz des CSU-Vorstands, als Parteichef Markus Söder sagte: „Die Bundestagswahl ist noch nicht gelaufen. Es ist nach wie vor alles drin.“
Zumindest nach außen hin gelingt es den Unionsparteien jetzt, diese Einigkeit zu zeigen. Nachdem sich CDU und CSU über Wochen gegenseitig stichelten und angingen, werden gerade kaum noch verbale Querschüsse abgefeuert. Es ist Ruhe eingekehrt, einmütig heißt es auf beiden Seiten stattdessen: „Es kommt jetzt darauf an, dass wir alle Armin Laschet unterstützen. Er will kämpfen, kann kämpfen, und das zeigt er jetzt auch.“
Und trotzdem. Nach wie vor bleibt der Eindruck haften, dass der Unionswahlkampf immer noch nicht richtig zündet. Das zeigen etwa die schlechten Umfragewerte des aktuellen
für die Union. Eine Erklärung: Zu groß scheinen die Spuren, die eben diese wochenlangen Auseinandersetzungen zwischen CDU und CSU hinterlassen haben. Zu tief die Risse, die die Debatte um den Kanzlerkandidaten durch die Parteien getrieben haben.
Die Aufgabe, diese Risse zu kitten, fällt nun in erster Linie an CSUGeneralsekretär Markus Blume. Der 46-Jährige sitzt seit 2008 für den Stimmkreis München-Ramersdorf im Landtag. 2018 übernahm er den Posten von Andreas Scheuer, der ins Bundesverkehrsministerium wechselte. Er ist der oberste Wahlkampfmanager der Christsozialen. Der Mann, der noch vor Wochen Markus Söder als „Kandidaten der Herzen“auszeichnete. Für ihn geht es jetzt darum, die eigenen Parteimitglieder wieder auf einen Kurs zu bringen, von denen einige nach wie vor einem Kanzlerkandidaten Markus Söder hinterhertrauern. Aber auch die Schwesterparteien gilt es einander wieder näher zu bringen, wenn die Union glaubwürdig geschlossen auftreten will. Wie will der Generalsekretär das erreichen?
hat sich Deutschland zu lange mit Äußerlichkeiten, mit Lebensläufen, Lachern und anderem beschäftigt“, sagt Blume bei einem Treffen mit unserer Redaktion im Franz-Josef-Strauß-Haus, der CSU-Landesleitung im Münchner Norden. „Ab jetzt beginnt die eigentliche inhaltliche Phase des Wahlkampfs.“Den Leitspruch für die nächsten Wochen haben Blume und sein Kollege Paul Ziemiak, Generalsekretär der CDU in Berlin, festgezurrt – und wiederholen ihn seither bei jeder Gelegenheit gebetsmühlenartig: „Deutschland steht vor einer Richtungsentscheidung. Es wird eine neue Ära beginnen. Es geht um die Zukunft von Deutschland, ja von ganz Europa.“Nach dem Kandidatenstreit – Laschet oder Söder – gefragt, sind mittlerweile nur noch wenige, sorgfältig gewählte Worte aus dem 46-Jährigen herauszukriegen: „Wir tun alles als CSU, dass Armin Laschet Kanzler der Bundesrepublik Deutschland wird. Punkt.“Ein deutliches Signal des Generalsekretärs: Man will auf diese Debatte nicht mehr eingehen und nach außen klarstellen: Das Thema ist für die CSU abgehakt. Laschet ist der Mann, den es jetzt zu unterstützen gilt. Keine Sticheleien also, keine Diskussion mehr über einen Tausch. Ist das also die versprochene Unterstützung?
Einig scheint man in der Union zumindest auch zu sein, was den inhaltlichen Kurs anbelangt, mit dem CDU und CSU ab sofort in die Offensive gehen wollen. Markus Blume zählt die wichtigsten Punkte auf: Steuerliche Entlastung mit der Union, Anreize für mehr Klimaschutz, innen- und außenpolitische Stabilität – immer gepaart mit der Beteuerung, dass ein Linksbündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei eine Steuermehrbelastung, Verschul„Bisher dung und Verbote über das Land bringen würden. „Am Ende besteht die Richtungsentscheidung darin, ob Deutschland weiterhin den Weg von Stabilität, Verlässlichkeit, Erneuerung und nachhaltigem Wachstum geht“, sagt er. „Oder ob wir mit einem Linksrutsch in eine Fortführung der Krise geraten.“Wer wolle, dass das Land bürgerlich regiert werde, der dürfe auf dem Stimmzettel keine Experimente machen.
Trotz aller Bemühungen zu mehr Geschlossenheit betont Blume trotzdem auch immer wieder die Eigenständigkeit der CSU. „Die CDU macht ihren Wahlkampf, wir machen unseren“, erklärt Blume. „Wir haben einen gemeinsamen Kandidaten. Aber wir haben ein eigenes Bayern-Programm, eine eigene Werbelinie und eigene Argumente.“Auch bei den schlechten Umfragewerten schiebt die Parteispitze die Verantwortung für den Abwärtstrend der Schwester zu. „Die aktuellen Werte sind eine Folge des Bundestrends“, sagt Blume dazu. Die CSU rutschte fünf Wochen vor der Bundestagswahl auf ihren schlechtesten Wert seit zwei Jahren ab. Wenn am Sonntag Wahl wäre, käme die Union aktuell auf 20 Prozent – sieben Punkte weniger im Vergleich zum Vormonat. Das ist der niedrigste Wert, der je im
für die Union gemessen wurde.
Doch kann der Generalsekretär drei Wochen vor der Bundestagswahl das Ruder noch herumreißen? Kann er mit der Kampagne „Stabilität statt Linksrutsch“den nach unten dümpelnden Umfragewerten der CSU noch mal neuen Schwung nach oben verleihen? „Vorbereitet ist alles“, gibt er sich in München überzeugt. „Wir haben in den vergangenen Wochen alles hochgefahren, unsere Partei ist voll mobilisiert, jeder Ortsverband ist engagiert. Jetzt geht es darum, den Wahlkampf auf die Straße zu bringen.“Zwei Meilensteine kündigt Blume dafür noch an.
Zunächst findet am 10. und 11. September der CSU-Parteitag in Nürnberg mit Neuwahlen und 800 Delegierten in Präsenz statt, zum ersten Mal überhaupt seit Beginn der Corona-Pandemie, wie Blume sagt. „Am 24. September werden wir mit unserer Abschlusskundgebung in München, am Freitag vor dem Wahlsonntag, gemeinsam mit der CDU den Wahlkampf beschließen.“Abseits des CSU-Parteitags ist dies der einzige Wahlkampf-Termin, an dem Armin Laschet in Bayern auftritt.