Unappetitliche Mängelliste
Zwei Augsburger Gastronomen müssen sich wegen unhygienischer Zustände in einem Restaurant vor Gericht verantworten. Bei einem wurde das Verfahren eingestellt
Dass die Gastronomie ein „Risiko behaftetes Gelände“ist, wie es Richter Roland Fink ausdrückte, das mussten zwei Brüder im Alter von 37 und 40 Jahren nun schon zum zweiten Mal bei einem Prozess vor dem Augsburger Amtsgericht am eigenen Leib erfahren. Die beiden Unternehmer, im Sommer 2020 noch Geschäftsführer einer GmbH mit einer Reihe von Lokalen und einem Hotel, setzten sich gegen Bußgelder zur Wehr, die ihnen die Stadt aufgebrummt hatte. Bei einer Kontrolle in einem Restaurant in der Innenstadt waren zahlreiche lebensmittelrechtliche Verstöße festgestellt worden.
Prozessual zuständig für das Verfahren war erneut Richter Fink, mit dem die beiden Unternehmer bereits im Mai 2019 Bekanntschaft gemacht hatten. Damals hatte er sie rechtskräftig wegen veruntreuender Unterschlagung zu hohen Geldstrafen verurteilt. Die beiden Gastronomen hatten Trinkgelder des Servicepersonals für sich behalten. In dem neuerlichen Prozess ging es „nur“um eine Ordnungswidrigkeit, bei dem die beiden Brüder nicht als Angeklagte, sondern als „Betroffene“angesprochen werden.
Die beiden Unternehmer – so gaben sie ihren Beruf vor Gericht an – waren unter anderem als Geschäftsführer verantwortlich auch für ein Restaurant in der Innenstadt, dessen historische Räumlichkeiten von der Stadt verpachtet waren. Am 21. Juli 2020 stattete ein Lebensmittelkontrolleur der Stadt dem Lokal einen unangekündigten Besuch ab. Er überprüfte penibel genau, ob auch alle Hygienevorschriften des „Lebensmittel- und FuttermittelGesetzbuchs“eingehalten wurden. Und stellte eine längere Ergebnisliste zusammen, die Grundlage war für Bußgelder in Höhe von 1250 beziehungsweise 750 Euro. Dagegen hatten die Brüder über ihre Anwälte Hans Heinlein und Günter Gollmann Widerspruch eingelegt.
Die vom Kontrolleur festgestellten Mängel betrafen nicht irgendwelche Lebensmittel oder Speisen, sondern vor allem bauliche Gegebenheiten. So waren Kellerräume verunreinigt und verstaubt, Kondenswasser lief in einen Eimer, an der Decke waren Wasserflecken. Den Fußboden in der Küche befand der Kontrolleur als „unsauber“, im Backraum war eine Maschine verunreinigt, Schneidebretter in der Küche waren beschädigt und verfärbt, in den Personaltoiletten gab es kein warmes Wasser und keine Handtücher, im Tiefkühlraum lagerten Lebensmittel ohne Kennzeichnung. Alle Mängel stellten aber nach Auffassung der Stadt ein Risiko für Lebensmittel dar.
Der von Anwalt Gollmann vertretene Gastronom sagte, als Geschäftsführer für die zahlreichen Lokale und das Hotel habe er nicht ständig in den einzelnen Betrieben nach dem Rechten sehen können. Er habe die Aufsichtspflicht an einen Mitarbeiter delegiert. Inzwischen setze er alles daran, dass Qualität und Sauberkeit in den Lokalen herrsche. Der von Anwalt
Heinlein vertretene Bruder erklärte, die Kontrolle der einzelnen Betriebe sei nicht seine Aufgabe gewesen. Inzwischen habe er sich ganz als Geschäftsführer aus der Gastronomie zurückgezogen und betreibe nun einen Supermarkt. Anwalt Heinlein zweifelte im Übrigen an, ob einige Mängel nach den gesetzlichen Vorschriften überhaupt mit einem Bußgeld geahndet werden können.
Mitten während der Zeugenaussage des Kontrolleurs regte der Anwalt ein Verfahrensgespräch hinter verschlossenen Türen an. Das Ergebnis: Das Verfahren gegen den von Anwalt Heinlein vertretenen Unternehmer wurde eingestellt, weil er für die Aufsicht des betreffenden Lokales nicht verantwortlich war. Er hat nur seine Anwaltskosten selbst zu zahlen. Bei seinem Bruder reduzierte das Gericht das Bußgeld auf 500 Euro. Richter Fink sagte zur Begründung, er gehe davon aus, dass künftig dafür Sorge getragen werde, dass es zu keinen Beanstandungen mehr komme.