Kritik an der LucaApp
Viel versprochen hat das Programm im Kampf gegen Corona. Doch mittlerweile ist Ernüchterung eingekehrt. Die Kontaktnachverfolgung gerät zum Flickenteppich
Berlin Die Erfinder der Corona-App Luca versprechen einiges. „Gemeinsam das Leben erleben“ist der Slogan, mit dem die Software für das Smartphone beworben wird. Doch die Praxis hat gezeigt, dass das mit dem Gemeinschaftsgefühl und dem Erleben so eine Sache ist. Mittlerweile hat Luca eigenen Angaben zufolge zwar rund 29 Millionen registrierte Nutzerinnen und Nutzer. Zuletzt gab es binnen vier Wochen angeblich auch mehr als 53 Millionen sogenannte Check-ins. Doch Luca, zum Start hochgelobt, birgt auch einige Tücken. Sie tragen dazu bei, dass Deutschland von einer einheitlichen Kontaktnachverfolgung noch sehr weit entfernt ist.
Ein fiktives Beispiel zeigt, wo es bei Luca hakt: Eine Person betritt ein Kaufhaus in Weimar. Später stellt sich heraus, dass sie zu diesem Zeitpunkt mit Corona infiziert war. Wenn der oder die Infizierte Luca benutzt und sich per QR-Code beim Betreten und Verlassen des Kaufhauses an- und abgemeldet hat, kann das Gesundheitsamt die genaue Zeit des Einkaufs ermitteln. Jetzt geht es darum, möglichst alle Personen, die mit der infizierten Person zu dieser Zeit Kontakt hatten, über Luca zu ermitteln. Eigentlich sollen Apps wie Luca das einfacher machen. Das Problem: Im betreffenden Fall hat das Gesundheitsamt mehr Arbeit.
Denn in dem großen Gebäude lässt sich die Suche nach Kontaktpersonen nicht eingrenzen. Alle Besucher sind registriert und müssen überprüft werden. Das Gesundheitsamt Weimar hat also zu viele und unnütze Daten. Deshalb hat die thüringische Stadt den Testbetrieb der Luca-App jetzt eingestellt. Auch in anderen Bundesländern hat Luca nicht den erwünschten Erfolg gebracht.
Laut einer Spiegel-Umfrage hat die Hälfte der bundesweit an Luca angeschlossenen Gesundheitsämter bis heute noch kein einziges Mal dort Daten angefragt. Demnach half Luca in 60 Fällen, Kontaktdaten nachzuvollziehen, während es in dieser Zeit rund 130000 Neuinfektionen gab. Dazu kommt, dass es Bedenken bei Datenschutz und Datensicherheit gibt. Deshalb ist eine bestimmte Luca-Schnittstelle zu Sormas blockiert, der Nachverfolgungssoftware der Gesundheitsämter. Die blockierte Schnittstelle ist laut Luca-Geschäftsführer Patrick Hennig zwar kein großes Problem, Luca könne den Gesundheitsämtern über Excel oder andere Austauschformate Daten liefern. Aber die von der Regierung angestrebte Vereinheitlichung und Vereinfachung bei der Kontaktnachverfolgung ist so nur ein frommer Wunsch.
Offiziell sind fast alle Gesundheitsämter an Sormas angeschlossen. In Wahrheit gibt es aber auch
Bundesländer wie Sachsen, wo nur drei von 13 Gesundheitsämtern die Software wirklich nutzen. Das Durcheinander wird dadurch komplettiert, dass auch die Programme Demis (Deutsches Elektronisches Melde- und Informationssystem) und Survnet vom Robert-Koch-Institut weiterhin im Einsatz sind. Hinzu kommen Apps wie Darfichrein oder e-guest, die sich ebenfalls nicht direkt an Sormas übertragen lassen. Städte wie Jena und Gera setzen deshalb jetzt auf Iris (Integration of Remote systems into Infection control Software), das eine Brücke zwischen den Gesundheitsämtern und Kontaktnachverfolgungs-Apps schlagen soll.
Die Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, Dorothee Bär, spricht sich wegen des Datenschutzes und der Datensicherheit gegen Luca und für die CoronaWarn-App (CWA) des Bundes aus. „Der Vorteil liegt klar auf der Hand: Die CWA erhebt keine personenbezogenen Daten“, sagte die CSU-Politikerin unserer Redaktion. Mit Funktionen zur Eventregistrierung und einem Kontakttagebuch unterstütze die CWA auch eine Kontaktnachverfolgung. Zusätzlich könnten Impfzertifikate registriert werden, warb Bär.