Plötzlich euphorisch: So geht der Flick-Fußball
Fußball Beim FC Bayern flog er einst aus der E-Jugend, wurde dann aber in Unterhaching von Manfred Schwabl stark unterstützt. Nun ist der 19-Jährige Nationalspieler geworden
Stuttgart Karim Adeyemi sprintete auf die Tribüne. Die Ordner schauten verdutzt, ließen den 19-Jährigen aber vorbei. Wenige Meter rannte er nach oben, dann fiel er seinem Vater Abbey, der in Nigeria geboren wurde, und seiner Mutter Alexandra, gebürtige Rumänin, in die Arme. Er zog sich sein Trikot über den Kopf, seine Eltern nahmen es als Erinnerung an diesen besonderen Abend mit nach Hause. Adeyemi umarmte schnell noch Manfred Schwabl, dann verschwand er in Richtung Kabine.
Karim Adeyemi feierte am Sonntagabend sein Debüt in der Nationalmannschaft. In der Nachspielzeit gelang ihm gleich noch sein erstes Tor. Ein perfekter Abend, den es gebührend zu feiern galt. Mit den Eltern, und eben Schwabl, der ein wichtiger Wegbegleiter ist. Adeyemi musste den FC Bayern München in der E-Jugend im Alter von zehn Jahren aus disziplinarischen Gründen verlassen. Dabei hing doch ein Poster von Arjen Robben in seinem Kinderzimmer. Er wechselte zur SpVgg Unterhaching, wo er mit Schwabl einen wichtigen Unterstützer fand. Der ehemalige BayernSpieler und heutige Unterhachinger Vereinspräsident nahm sich des Talents an. Es gab eine klare Abmachung: Trainieren darf Adeyemi nur, wenn er Hausaufgaben macht und in der Schule konzentriert lernt. Die Erziehung schlug ein. Schwabl reiste mit Adeyemis Vater nach England, zusammen schauten sie sich Klubs an, die Karim Adeyemi gerne verpflichtet hätten. Aus England aber wurde nichts, der 19-Jährige entschied sich für Red Bull Salzburg. Dort wurde er bereits zweimal österreichischer Meister, mit der deutschen U21 holte er in diesem Sommer den EM-Titel. Mit der Nominierung für die A-Nationalmannschaft und der Einwechslung beim 6:0 gegen Armenien folgten die nächsten Schritte.
Was zeichnet den 19-Jährigen aus? „Meine Geschwindigkeit, Eins-gegen-eins-Situationen und die Torgefährlichkeit“, sagte er am Sonntagabend. „Karim hat gezeigt, was er auch schon in Salzburg zu Beginn der Runde gezeigt hat: Er ist ein guter Vollstrecker im Strafraum“, lobte Hansi Flick. In allen sechs Ligaspielen hat er für Salzburg in dieser Saison getroffen. Der Bundestrainer sagte aber auch: „Es liegt noch viel Arbeit vor ihm, hier immer dabei zu sein.“Soll bloß keiner abheben nach dieser Tor-Gala. Schon gar keiner der vielen jungen Spieler, die Flick berufen hatte. So wie ein Jamal Musiala etwa oder ein Florian Wirtz, die alle zweifelsfrei große Qualitäten haben. „Wir brauchen Alternativen auf allen Positionen. Es ist ein guter Prozess für die Mannschaft, der eingeleitet wird“, meinte Flick. Er und sein Trainerteam seien mit der Qualität des Kaders sehr zufrieden, das betonen sie immer wieder.
Am Sonntag konnten sie das vor allen Dingen in der Offensive sein. Überragend waren die Außenspieler des FC Bayern. Leroy Sané und Serge Gnabry hatten großen Spaß an den sehenswerten Kombinationen. „Serge ist schon sehr gut bei den Bayern in die Saison gestartet, das hat er mit in die Nationalmannschaft genommen“, sagte Flick. Und bei Sané hatte er bereits in Liechtenstein gute Ansätze gesehen, die er am Sonntag noch verfeinert hatte. „Ich freue mich, wenn er so agil und aktiv ist. Er hat im Moment sehr viel Selbstvertrauen, das braucht er auch“, meinte Flick. Gleiches gilt für Adeyemi. „Es ist ein Wahnsinn, dass ich hier bin“, sagte er. Serge Gnabry war schon immer sein Vorbild. „Ihm zuzuschauen, ist immer etwas Besonderes. Da schaue ich im Training ganz genau hin“, sagte der 19-Jährige. Und jetzt darf er sogar mit ihm spielen. Marco Scheinhof