„Werden uns in Berlin nicht verstecken“
FCA André Hahn spricht über den verkorksten Saisonstart, über die Elfmetersituation gegen Bayer Leverkusen, seine neuen Trainingsinhalte mit 31 und das Wiedersehen mit Rani Khedira
Hallo Herr Hahn, Sie haben im Testspiel gegen Heidenheim nicht gespielt, waren am Freitag nicht im Training. Muss man sich Sorgen für das Spiel gegen Union am Samstag machen? André Hahn: Nein, man muss sich keine Sorgen machen. Ich hatte eine Verhärtung im Oberschenkel, hätte gegen Heidenheim spielen können. Aber ich habe in Absprache mit dem Trainer und der medizinischen Abteilung entschieden, kein Risiko einzugehen, bevor es knallt. Es war nichts Dramatisches, aber spürbar. Darum war es sinnvoller, es auszukurieren. Ich bin in dieser Woche aber wieder voll im Training.
Ist das ein Beispiel auch dafür, dass die Trainingssteuerung immer individueller wird?
Hahn: Das ist tatsächlich so. Es wird verstärkt darauf geachtet, dass Spieler mit einer Verletzungshistorie nicht überbelastet werden und individuell angesteuert werden. Ziel ist es, dass möglichst viele Verletzungen vermieden werden.
Trainieren Sie jetzt mit 31 Jahren anders als früher?
Hahn: Ich muss jetzt schon mehr auf meinen Körper achten. Ich verstehe ihn jetzt auch besser und höre auf ihn auch mehr als zum Beispiel vor fünf Jahren. Gerade im regenerativen Bereich mache ich mehr. Ich absolviere auch regelmäßig ein individuelles exzentrisches Muskeltraining, mit dem ich meine Patellasehnen-Probleme am linken Knie nach gut eineinhalb Jahren gut in den Griff bekommen habe.
Ihr Vertrag endet nach dieser Saison. Gibt es da eigentlich Klauseln, bei denen er sich automatisch verlängert? Hahn: Es gibt gewisse Vertragsdetails, aber damit habe ich mich bisher nicht groß beschäftigt. Mit 25 Jahren hätte ich das wohl anders gesehen, aber jetzt kenne ich das Geschäft, weiß wie es läuft. Wichtig ist für mich, dass ich verletzungsfrei bleibe, dass ich Gas gebe und eine gute Saison spielen. Alles andere kommt von alleine und liegt noch in der Zukunft.
Zurück in die Gegenwart. Der FC Augsburg ist mit nur einem Punkt und 1:8 Toren aus den ersten drei Bundesliga-Spielen in die Länderspielpause gegangen.
Hahn: So haben wir uns das natürlich nicht vorgestellt, auch wenn wir starke Gegner hatten. Gegen Hoffenheim sind wir in der 80. Minute eingebrochen. Aus Frankfurt einen Punkt mitzunehmen, war okay. Gerade was wir da mental geleistet haben, auch in der Defensivarbeit, war gut. Und Leverkusen – das war einfach ein kurioses Spiel.
Nachdem Sie deutliche Worte gefunden haben. Sie nannten das eigene Verhalten bei den Gegentoren direkt nach dem Spiel katastrophal und eine Frechheit.
Hahn: Die Enttäuschung war da groß. Wir hatten uns viel vorgenommen und bekommen in zwei Heimspielen jeweils vier Gegentore. Das ist extrem bitter. Gerade jetzt, wenn unsere Fans wieder ins Stadion dürfen und wir sie auf unsere Seite ziehen wollen, passiert so etwas. Die Art und Weise, wie es gegen Leverkusen passiert ist, ist sinnbildlich. Warum?
Hahn: Wir kommen nach zwei Eigentoren auf 1:2 heran, haben Chancen zum Ausgleich und bekommen dann das 1:3, das so nie passieren darf. Wir laufen nach einer Ecke in einen Konter. Da waren wir zu naiv.
Wie haben Sie die Szene erlebt, als Sie im Strafraum zu Fall kamen?
Hahn: In meinen Augen kann man den Elfmeter geben. Aus der einen Perspektive in der Zeitlupe sieht es aus wie eine saubere Grätsche des Verteidigers, aus der anderen sieht man, dass er den Ball gar nicht spielt, mich aber zu Fall bringt. Dafür muss es eigentlich Elfmeter geben.
Was sagen Sie dazu, dass der Schiedsrichter die Szene nicht selbst noch einmal angesehen hat?
Hahn: Das ist halt mit dem VAR so. Ich persönlich glaube, ohne Videobeweis würden die Schiedsrichter den einen oder anderen Elfmeter mehr pfeifen. So verlassen sich auf den VAR und denken, wenn es wirklich falsch ist, werden sich die aus Köln schon melden. Es wäre die Riesenchance zum 1:1 gewesen. Aber es ist so, wie es ist. Ich will es jetzt auch nicht auf die Schiedsrichter schieben, wir haben es einfach nicht gut gemacht.
Vor der Saison spürte man eine gewisse Aufbruchsstimmung. Von der ist nicht mehr viel übrig. Was fehlt dem Team?
Hahn: Dass die Aufbruchsstimmung nach acht Gegentore zu Hause weg ist, ist nicht verwunderlich. Uns fehlt ein bisschen Cleverness und Aggressivität. Und wenn man gegen Leverkusen keine einzige Gelbe Karte bekommt, sagt es viel aus. Wir müssen uns insgesamt cleverer anstellen. Auch die Kommunikation auf dem Platz muss besser werden. Es sind Kleinigkeiten, die wir aber können. Daran müssen wir arbeiten.
Jetzt geht es am Samstag zu Union Berlin. Dort spielt mit Rani Khedira der zentrale Mittelfeldspieler, den Niklas Dorsch noch nicht ersetzen kann.
Hahn: Niklas Dorsch ist ein hervorragender Fußballer, der Riesenqualität, aber kaum Bundesligaerfahrung hat. Die fehlt ihm natürlich noch ein wenig. Vielleicht macht er sich selbst auch Druck. Aus dem Jungen kann echt was werden hier in Augsburg. Man muss ihm nur etwas Zeit geben. Rani Khedira schätze ich als super Typ. Wir haben jetzt noch Kontakt. Er hat in den letzten Jahren beim FCA gezeigt, was er kann. Zu beurteilen, ob es falsch war, ihn gehen zu lassen, liegt nicht in meinem Ermessen. Ich kann beurteilen, dass wir zwei sehr gute junge Spieler haben, die die Position ausfüllen können. Sie sind noch unerfahren und das wird sich einspielen. Aber wir haben genug Erfahrung in der Mannschaft, um das aufzufangen. Dafür haben wir den Mix aus jungen und erfahrenen Spielern. Aber das ist auch für uns erfahrene Spieler ein Lernprozess.
„Ohne Videobeweis würden die Schiedsrichter den einen oder anderen Elfmeter mehr pfeifen“
Hahn über die Schiedsrichter und den VAR
Am Ende zählen Punkte. Kann es sein, dass Ihnen Union liegt? In der vergangenen Saison hat der FCA beide Spiele gewonnen. Beim 3:1 in Berlin haben Sie das 3:1 erzielt, beim 2:1-Heimsieg haben Sie beide Tore vorbereitet. Hahn: Das würde ich gerne wiederholen. Wir wissen, dass wir die Qualität haben, und werden uns in Berlin nicht verstecken. Es macht Spaß, dort zu spielen, es ist ein geiles Stadion mit einer tollen Stimmung. Aber wir wollen die drei Punkte mitnehmen.