Mering würdigt Ehrenbürgerin Ellen Kratzer
Erinnerung Im Januar starb die engagierte und beliebte 97-Jährige. Nun konnten sich Freunde, Familie und Weggefährten bei einer Gedenkfeier von ihr verabschieden. Ihr Leben wurde dabei berührend nachgezeichnet.
Mering Trotz Hunderter Anwesender war es am Freitag in der St. Michael-Kirche in Mering ganz ruhig. Sie alle waren gekommen, um eine Person zu würdigen: Ellen Kratzer. Die Ehrenbürgerin hat sich ihr Leben lang für die Gestaltung und die Gemeinschaft Merings eingesetzt und bringt noch heute, auch nach ihrem Tod, Menschen zusammen. Auf der Trauerfeier teilten verschiedene Personen ihre Erinnerungen an Ellen Kratzer.
Pfarrer Florian Markter eröffnete den Gottesdienst. Der Tag der Trauerfeier war der Gedenktag der heiligen Katharina von Siena. „Es gibt vielleicht keinen besseren Tag, um Ellen Kratzers zu gedenken“, meinte er. Die heilige Katharina habe immer klare Worte gefunden und weder Kritik noch Widerstand gescheut. Sie hatte eine laute Stimme, so wie Ellen Kratzer.
Die Lesung übernahm Altlandrat Christian Knauer. Um ihrer zu gedenken, trugen außerdem sieben Menschen in der Kirche St. Michael Nachrufe vor. Ellens Sohn Uwe machte den Anfang und erzählte die Lebensgeschichte seiner Mutter.
Sie wurde am 11. Mai 1924 in Glücksburg (Schleswig-Holstein) geboren. Ihr Leben lang hatte sie eine enge Verbindung zum Norden, speziell zu Sylt, wo sie gerne Urlaub machte. Als junge Frau wollte sie in Danzig Lehramt studieren, doch der Krieg verhinderte dies. Statt zu lernen, musste sie eine wochenlange Odyssee auf sich nehmen und auf dem Seeweg nach Rügen und dann zu ihren Eltern nach Glücksburg fliehen.
Kurz vor Kriegsende nahm sie ihre Arbeit als Schwesternhelferin in einem Marinelazarett auf. Dort traf sie auf ihre große Liebe, den Medizinstudenten Bruno Kratzer. Er war der Grund, dass sie ihrer Heimat Lebewohl sagte und nach Mering zog – ein Ort, der heute ohne ihr Wirken bestimmt anders aussehen würde.
In Mering arbeitete sie in der Praxis ihres Mannes als Arzthelferin. Doch ihre Familie stand für Ellen an
erster Stelle. „Meine Mutter beschrieb die Familienzeit als die glücklichste Zeit ihres Lebens“, erzählte Uwe Kratzer. Nach Brunos frühem Tod kümmerte Ellen sich alleine um ihre beiden Söhne.
Mutter zu sein war nur eine der vielen Rollen, die Ellen Kratzer in ihrem Leben übernehmen sollte. Ihr lag an der Partnerschaft mit der französischen Stadt Ambérieu. „Dank ihr denkt man dort noch heute, dass der Holzmichl ein alte deutsches Volkslied ist“, sagte Uwe Kratzer, woraufhin ein Lachen durch den Raum ging. Ihr politisches und soziales Engagement reichte weit. Sie war 30 Jahre lang Marktgemeinderätin und 24 Jahre lang Kreisrätin. 1973 rief sie als Erste in ganz Schwaben das Ferienprogramm der CSU ins Leben.
Ellen Kratzer war bis zu ihrem Tod eine engagierte Bürgerin. Wenn sie auch im Alter körperlich
war, im Geist war sie immer klar. Noch wenige Tage vor ihrem Tod mussten ihre Söhne ihr aus der Zeitung vorlesen. An einem Samstagmorgen starb sie schließlich im Kreis ihrer Familie. „Im Wissen ihres Todes nahm sie ganz bewusst Abschied von uns allen“, erinnerte sich Uwe Kratzer.
Als Zweites wandte sich Bürgermeister Florian Mayer an die Anwesenden. „Einen Abschied wie diesen hätte Ellen sich gewünscht“, sagte er. Er beschrieb die Ehrenbürgerin als verantwortungsbewusst, liebevoll und immer nah bei den Menschen. „Sie verkörperte das Christlich-Soziale wie keine andere. Sie hinterlässt riesige Spuren“, fasste Mayer zusammen. Im Anschluss an seine Ansprache überbrachte er noch einige würdigende Worte von Landrat Klaus Metzger.
Als Nächstes meldete sich Georg Schneider, Ehrenvorsitzender des
Tennisclubs Mering und ein langjähriger Freund der Verstorbenen, zu Wort. Er berichtete von Ellens dortigem Engagement. „Du warst immer der Motor und eine Integrationsfigur“, sagte er über sie. „Wenn eine Feier mal etwas schläfrig war, forderte Ellen uns immer auf: Tut doch was, die Leute gehen ja schon!“
Auch der ehemalige Bürgermeister Hans-Dieter Kandler erzählte von seinen Erinnerungen an Ellen Kratzer. „Das Erste, was mich an ihr beeindruckte, war, dass ihre Tür immer offen stand. Der persönliche Kontakt war ihr wichtig“, berichtete er. Aufgrund ihres Engagements wurde ihr die Ehrenbürgerwürde verliehen. „Damals schien das allen nur logisch. Wer, wenn nicht Ellen, sollte Ehrenbürger sein“, sagte Kandler.
Als einzige Frau, die das Wort an die Anwesenden richtete, dankte Eleingeschränkt lens Schwiegertochter Hildegard Sachsenhauser-Kratzer ihr. „Für die kommende Generation und Frauengenerationen bist du ein Vorbild dafür, mutig zu sein und für seine eigenen Überzeugungen einzustehen“, so die Schwiegertochter.
Den Abschluss machte Peter Kratzer, der zweite Sohn der Meringerin, mit einer Dankesrede an seine Mutter. „Danke, dass du uns immer eine Heimat gegeben hast.“Zuletzt gab er den Zuhörerinnen und Zuhörern noch einen Rat: „Wenn ihr mal nicht weiterwisst, fragt euch: Was würde Ellen jetzt sagen? Der Ratschlag wird nicht der schlechteste sein.“
In der Kirche St. Michael in Mering wird eine Woche lang ein Kondolenzbuch liegen, in dem jeder und jede schriftlich Ellen Kratzers gedenken und sich verabschieden kann. Das Buch wird am Ende der Familie Kratzer übergeben.