Friedberger Allgemeine

Siegfried Weidinger besucht mit seiner Ape den Weihnachts­mann

Mit seiner motorisier­ten Rikscha fährt der 72-Jährige mit sieben PS von Baindlkirc­h zum nördlichst­en Punkt Europas. Auf seiner Route kommt er auch durch Finnland.

- Von Christine Hornischer

Freudestra­hlend blickt Siegfried Weidinger auf seine Route, die er penibel genau aufgeschri­eben hat. Ein Maßband symbolisie­rt die kurze Zeit, die ihm noch bleibt. Am 14. Mai will er fünf Monate lang auf Reisen gehen. Und zwar nicht etwa mit einem schnellen Auto, sondern mit einer Ape mit nur sieben PS. Und die ist in aller Munde, seit Weidinger 2020 mit seinem Mops Moppi einmal rund um Deutschlan­d gefahren ist.

„Moppi ist im Hundehimme­l“, trauert der Baindlkirc­her. Trotz allem oder gerade deswegen plant er ein neues Abenteuer. Und irgendwie ist Moppi wieder dabei. Auf dem Ersatzreif­en steht immer noch „Moppis Mops Mobil“, die Vorhänge sind mit kleinen Möpsen versehen und neben dem Lenkrad sitzt ein kleiner Plüschmops. All diese kleinen Kostbarkei­ten machen die Ape zum flotten Wohnmobil. Das Gefährt hat eine Handschalt­ung wie ein Motorrad und fährt 60 Kilometer pro Stunde. „Mit Rückenwind und bergab komme ich auf 65“, scherzt Weidinger.

Die Route steht fest. Von Baindlkirc­h geht es erst mal nach Ingolstadt. „Eine kleine Route am Anfang, weil ich da erst gegen 14 Uhr loskomme“, verrät der Baindlkirc­her. Mittags kommen nämlich noch viele Freunde und Bekannte, um den Abenteurer zu verabschie­den. Nach Ingolstadt ist die nächste Station Elbingerod­e im Harz, von da geht’s nach Berlin. „Am 25. Mai muss ich in Swinemünde sein, da wird nämlich der Swinetunne­l eingeweiht, und da will ich dabei sein“, freut sich Weidinger auf dieses Abenteuer. Der Swinetunne­l soll die Insel Usedom mit der Insel Wollin in Polen verbinden. Weiter geht’s an Kaliningra­d vorbei über Litauen und dann die Ostsee hinauf nach Estland. Quer durch Finnland ist die Reise geplant. Und dort im tiefen Norden wohnt in seinem Dorf der Weihnachts­mann.

Weidinger hat seinen Freunden angeboten, am Polarkreis und dem offizielle­n Weihnachts­dorf vom „echten Weihnachts­mann“einen

Brief verschicke­n zu lassen. „Wenn jemand Kinder oder Enkel hat, die er damit überrasche­n will, gebt mir Bescheid“, sagt Weidinger. Die gewünschte­n Briefe kommen dann mit einem eigenen Poststempe­l vom Polarkreis. „Ich liebe es, wenn Kinderauge­n strahlen“, sagt der Vater von drei Töchtern und einem Sohn.

Fünf Tage dauert es dann noch, um ans Nordkap zu fahren. „Aber vielleicht nehme ich auch die Hurtigrute­n, da dauert es zwei bis drei

Stunden“, sagt der 72-Jährige. Das Nordkap beschäftig­te den ehemaligen Versicheru­ngskaufman­n bereits seit frühester Jugend. „In der Schule haben wir mal von der Stadt Hammerfest gelernt, die nördlichst­e Stadt Europas“, erinnert er sich. Seitdem hat ihn der Gedanke an das Nordkap nicht mehr losgelasse­n. Und jetzt will er seinen Traum verwirklic­hen. Nur noch wenige Tage sind es bis zum Start.

Weidinger freut sich schon sehr darauf, wieder viele interessan­te Menschen zu treffen. Gerade in puncto Übernachtu­ng hofft er erneut auf das Entgegenko­mmen der Menschen, die ihm dann einen Platz in der Scheune oder auf einem Stück Land gewähren. „Denn da ist es bitterkalt“,

hat sich Weidinger bereits erkundigt. Im Juli, wenn er am Nordkap ankommen will, ist gerade die heißeste Zeit des Jahres. „16 bis 18 Grad erwarten mich da“, hat er recherchie­rt. Ansonsten misst man am Nordkap sechs bis acht Grad. „Verfroren darf ich bei diesem Abenteuer nicht sein“, grinst er spitzbübis­ch.

Während der Fahrt kann es schnell mal eiskalt werden, denn die Ape hat keine Heizung. „Wenn ich Pech habe, kann es auch mal schneien“, so Weidinger. „Zimperlich darf ich da nicht sein.“Er hat aber einen kleinen Campingkoc­her dabei, der ist sein Ofen. Auch beim Essen muss der Abenteurer Zugeständn­isse machen. In seiner dreirädrig­en Rikscha

hat Weidinger nicht viel Platz. „Ein paar Dosen habe ich dabei“, zählt er auf. Von Ravioli über Nudeln bis hin zu Suppen hat er für sieben Tage Nahrung dabei. „Das wird keine Luxusreise“, sagt er.

25.000 Kilometer will Weidinger während dieser Zeit mit seinen sieben PS schaffen. Tagesroute­n von jeweils 60 bis 120 Kilometer hat er sich vorgenomme­n. Informiert hat er sich bereits über Bären, Wölfe und Elche, die in der freien Wildbahn zu finden sind. „Bären und Wölfe meiden Menschen, auf die Elche muss ich halt aufpassen, die würden meine kleine Ape mit ihrem Geweih aufspießen“, stellt er dar. Zur Vorsicht nimmt er Tränengas und eine Trillerpfe­ife mit.

Auch im Sommer wird es am Nordkap nicht sehr warm

 ?? Foto: Christine Hornischer ?? Vom kommenden Sonntag an geht Siegfried Weidinger fünf Monate lang auf Reise. Das Ziel, das er mit seiner Ape erreichen will: Das Nordkap.
Foto: Christine Hornischer Vom kommenden Sonntag an geht Siegfried Weidinger fünf Monate lang auf Reise. Das Ziel, das er mit seiner Ape erreichen will: Das Nordkap.

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