Betrug bei Kampf um Kinderkrippenplatz?
Eine Friedberger Familie geht bei der Bewerbung für ihre Wunschkita leer aus. Sie sagt: Eine andere Familie hat bei den Angaben geschummelt – und keiner prüft es.
Im Kampf um die raren Plätze in Krippen und Kindergärten nehmen es offenbar manche Eltern mit der Wahrheit nicht so ganz genau. Ging eine Friedberger Familie leer aus, weil eine andere einfach fälschlicherweise behauptete, die Mutter arbeite wieder? Und das, obwohl sie wegen insgesamt vier Kindern das doppelte Einkommen dringend brauchen? „In unserer Familie hat die Absage für großen Stress gesorgt“, berichtet Anja Gierlinger – und fragt sich: Warum überprüft niemand die Angaben? Wir haben bei der Stadt und dem Kinderheimverein als Träger nachgehakt.
Familie Gierlinger hatte ihren jüngsten, eineinhalb Jahre alten Sohn über das Online-Elternportal Little Bird angemeldet. Hier können Eltern drei Wunschkitas angeben, auf Priorität eins lag in diesem Fall St. Benno, gefolgt von St. Johanna und St. Franziskus. Als die Absage von St. Benno kam, suchte die Familie sich eine Tagesmutter. Denn von mehreren Seiten wurde ihr prophezeit, dass die Aussichten, in Johanna oder Franziskus einen Platz zu bekommen, gleich null seien.
Eines aber bringt Anja Gierlinger auf: Dass eine Bekannte für ihren Sohn den Wunschplatz in St. Benno bekommen hat. Die Buben seien gleich alt, hätten beide keine älteren Geschwister in der Kindertagesstätte. Es gebe nur zwei Unterschiede: dass die andere Familie schon einmal ein Kind dort in der Krippe hatte – und dass die andere Mutter bei der Bewerbung via „Little Bird“fälschlicherweise angeben habe zu arbeiten, um ihre Chancen zu erhöhen. „Nun frage ich mich ernsthaft: Wie kann so etwas sein?“, so Gierlinger. Wer für sein Kind einen Platz in der Mittagsbetreuung der Grundschule Süd haben möchte, müsse einen Arbeitsnachweis vorlegen.
Beim Kinderheimverein Friedberg gibt die Pädagogische Vorständin
Doris Stadler Auskunft zu der Vorgehensweise. Nachdem die Eltern sich via Little Bird angemeldet haben, reicht die Stadt die Wünsche an die Einrichtungen weiter. Diese wählen die Eltern aus, die sie zu einem Kennenlerngespräch einladen, und zwar in einer ersten Runde die Prio 1, dann die übrig geblieben Kinder für Prio 2, am Ende Prio 3. Ein wichtiges Kriterium seien Geschwisterkinder, damit Eltern nicht jeden Tag mehrere Einrichtungen anfahren müssen, ebenso die Berufstätigkeit. „Wir müssen hier das annehmen, was die Eltern angeben“, so Stadler.
Sie erläutert den Unterschied zur Ganztagsbetreuung von Schulkindern: Hier besteht (noch) kein Rechtsanspruch, in Krippe und Kindergarten dagegen schon. Theoretisch dürfte man also gar nicht zwischen berufstätigen und nicht berufstätigen Eltern entscheiden, so die Pädagogische Leiterin.
In den acht Kindertagesstätten des Kinderheimvereins geht es überall eng zu, teilweise werden laut Stadler zum September nur sechs oder sieben Plätze pro Einrichtung frei. Bei St. Benno komme hinzu, dass das Haus erst 2021 eröffnet wurde, man habe hier daher vergleichsweise viele kleine Kinder. Man versuche jedoch trotz aller Schwierigkeiten, die Kinder unterzubringen, versichert Stadler.
Die Stadt Friedberg stellt auf Anfrage dar, dass zwar die Anmeldung über sie laufe, die Entscheidung über die Platzvergabe jedoch allein der Träger treffe. In die Vergabe fließen laut Pressesprecher Frank Büschel mehrere Aspekte ein: auf der einen Seite frei werdende Plätze, Personalsituation und Gruppenstruktur der Einrichtung, auf der anderen Seite Alter und Geschlecht
des Kindes, Wohnort, Berufstätigkeit und Familienstand der Eltern (Stichwort Alleinerziehende). Eines stellt Büschel klar: Da es im Stadtgebiet keine gemeindlichen Einrichtungen gibt, könne die Stadt niemanden zur Aufnahme bestimmter Kinder verpflichten.
Laut Büschel lässt sich, da das Anmeldeverfahren noch nicht abgeschlossen ist, aktuell noch nicht sagen, wie viele Kinder ab September einen Platz bekommen und wie viele leer ausgehen. In den vergangenen Jahren wurden stets zwischen 500 und 600 Kindern neu für einen der rund 1360 Plätze angemeldet.
Diese Rechnung ging nie auf: 2022 standen im Juni noch über 60 Kinder unversorgt auf der Warteliste. Die Stadt versucht, neue Angebote zu schaffen, um die Situation zu entzerren. Doch der geplante Anbau an die Kita Maria Alber in Friedberg West und vor allem der Neubau an der Bozener Straße kommen nur zäh voran.
Für die Vergabe sind mehrere Kriterien wichtig