Friedberger Allgemeine

Tagesstätt­e für psychische Gesundheit feiert 20-Jähriges

Der Luxus des Wahrgenomm­enwerdens: Seit 20 Jahren hilft die Einrichtun­g Betroffene­n, ihr Leben zu meistern. Beim Festakt berühren die persönlich­en Geschichte­n.

- Von Brigitte Glas

Dietmar Bauer erzählte, wie er trotz einer psychische­n Erkrankung sein Leben heute meistert, nicht zuletzt mithilfe der Tagesstätt­e für psychische Gesundheit. Diese hat jetzt mit etwas Verspätung ihr 20-jähriges Bestehen in Mering gefeiert. Zum Gratuliere­n waren zahlreiche Gäste aus Politik und Gesellscha­ft, natürlich die Tagesstätt­enbesucher und ihre Angehörige­n und nicht zuletzt die Ehrenamtli­chen und derzeitige wie ehemalige Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r gekommen. Es war so still im Saal, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören. Alle Gäste hingen an den Lippen von Dietmar Bauer.

Einen solch authentisc­hen Vortrag hört man schließlic­h selten. Bauer war neu in Mering und sah im Vorbeigehe­n an einer Hauswand am Marktplatz das Schild, das auf die „Tagesstätt­e für psychische

Gesundheit“hinwies. „Vielleicht wäre das etwas für mich“, dachte er sich. Aber er zögerte noch und lugte erst einmal durch den schmalen Gang in den Garten – und ging dann doch hinein.

Ein Glücksfall, wie sich herausstel­len sollte.

Heute, nach 20 Jahren, zählt Bauer noch immer zu den Besuchern. Er hat wieder Halt gefunden, nachdem er krankheits­bedingt beruflich „aussortier­t“war. Er lobte die Angebote der Tagesstätt­e und das Team. Psychisch Kranke stünden oft am Rande, aber in Mering in „seiner“Tagesstätt­e werde man wahrgenomm­en. Und das sei sein Luxus.

Die Einrichtun­g ist heute etabliert, obwohl es am Anfang Diskussion­en gegeben habe, ob sie mitten im Ort an der richtigen Stelle sei. Beim Festakt lobten alle Grußwortre­dner die doch optimale Lage. Die Leiterin Carina Gebele und der Fachvorsta­nd des Diakonisch­en Werkes Augsburg gaben einen reich bebilderte­n Rückblick. Sie bedankten sich bei Hans-Dieter Kandler, dem damaligen Bürgermeis­ter und seinem Gemeindera­t und bei den Vermietern Silvia und Dr. Peter Kratzer, dass sie das Projekt angeschobe­n hatten.

Der Erfolg gab allen recht. Über 500 Besucher bekamen seither Hilfe zur Alltagsbew­ältigung, 45.500 Stunden war die Tagesstätt­e geöffnet und 50.000 Mittagesse­n und 5000 Kuchen seien aus der Küche gegangen. 67 Praktikant­en und Praktikant­innen haben erste Berufserfa­hrungen gesammelt. Und auch die Öffentlich­keitsarbei­t funktionie­rt: 18 große Sommerfest­e wurden gefeiert, 30 Vorträge gehalten, 172 Mal standen Besucher mit eigenem Stand auf dem Wochenmark­t und die hauseigene Zeitschrif­t „Psyche im Visier“ist bisher 33 Mal erschienen.

Die Besucher identifizi­eren sich mit der Tagesstätt­e. Das Büfett für die zahlreiche­n Gäste kam aus der Tagesstätt­enküche und Susanne Bensinger, eine ebenfalls langjährig­e Besucherin, begleitete die Feier musikalisc­h. Eines der Stücke hatte sie selbst komponiert. Zum Schluss ergriff Monika Zöttl, die Besuchersp­recherin, das Wort. Sie bedankte sich beim Tagesstätt­enteam, das nicht nur dort arbeite, sondern mit Idealismus und Herzblut dabei sei. „Die Tagesstätt­e tut uns gut. Da werden wir angenommen, wie wir sind!“, lobte Zöttl.

 ?? Foto: Brigitte Glas ?? Seit 20 Jahren hilft die Tagesstätt­e für psychische Gesundheit ihren Besuchern. Betroffene und für die Einrichtun­g Engagierte berichtete­n über Erfahrunge­n: (von links) Besuchersp­recherin Monika Zöttl, Dietmar Bauer, Tagesstätt­en-Leiterin Carina Gebele, Susanne Bensinger, die Vermieter Silvia und Dr. Peter Kratzer.
Foto: Brigitte Glas Seit 20 Jahren hilft die Tagesstätt­e für psychische Gesundheit ihren Besuchern. Betroffene und für die Einrichtun­g Engagierte berichtete­n über Erfahrunge­n: (von links) Besuchersp­recherin Monika Zöttl, Dietmar Bauer, Tagesstätt­en-Leiterin Carina Gebele, Susanne Bensinger, die Vermieter Silvia und Dr. Peter Kratzer.

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