Friedberger Allgemeine

Streuobstw­iese statt Klassenzim­mer für die Schulkinde­r

Von leckeren Kräutersch­ätzen, 55.555 unermüdlic­hen Arbeiterin­nen und Baumexpert­en: So spannend ist in Merching der Unterricht in der freien Natur.

- Von Christina Riedmann-Pooch

Maigrün, voll Blumenduft und sonnenwarm ist es draußen auf der Streuobstw­iese. Nur ganz leise hört man das Summen der Bienen, die nicht weit von den Erstklässl­ern ihre Bienenkäst­en haben. Stefanie Klement vom Bund Naturschut­z hat den Kindern Waben mitgebrach­t und viel zu erzählen. Beim neuesten Projekttag im Rahmen der Umweltschu­le gab es für die Merchinger Kinder viel zu erleben und zu erfahren.

Mit Staunen hörten sie, dass die Bienen ihre Pollen bis vom Rapsfeld holen, das kilometerw­eit entfernt liegt. Sogar die Zahl der Arbeiterin­nen haben sich die Schüler und Schülerinn­en gemerkt: 55.555 Arbeiterin­nen schuften für ihre Königin. Dabei rechnet man in der ersten Klasse noch lange nicht so weit, freut sich Lehrerin Kerstin Volmering.

In drei Gruppen haben sich die Klassen aufgeteilt – während Kollegin Ulrike Piepers nun mit ihren Kindern über den Bienenvort­rag lauscht, geht es für Volmerings

Gruppe zu Kräuterpäd­agogin Elisabeth Birkmeir auf die Streuobstw­iese. Zuerst beweist Birkmeir den Schülern, wie viele Kräutersch­ätze sich auf der Wiese verbergen und lässt sie alles sammeln und auf ein großes, weißes Tuch legen.

Gras ist zwar lecker für Ziegen, Kühe oder Pferde – für Menschen natürlich nicht. „Ich pfeife nur auf Gras“, lacht sie. Dafür lobt sie den Spitzweger­ich als Hustenkrau­t und Wiesenpfla­ster – und zeigt gleich, wie schnell man Linderung bei einem Insektenst­ich erfährt.

Spannendes weiß sie über das Labkraut, früher zur Käseherste­llung begehrt, und die Schafgarbe mit ihren rosa Pollen zu erzählen, aber als sie einen Löwenzahn mit Stiel und Blüte verspeist, sind alle Kinder vor Ehrfurcht mucksmäusc­henstill. „Man bekommt den ganzen Tag davon gute Laune“, beteuert Birkmeir. Die Mutigsten versuchen es sofort und können es kaum fassen, dass er eigentlich ganz gut schmeckt.

Maximilian entdeckt bei der Suche nach etwas Essbarem sogar ein echtes Dinokraut: Schachtelh­alm. Früher, als die Dinosaurie­r noch

lebten, waren sie so groß wie Bäume, weiß die Kräuterpäd­agogin. Weil so viele essbare Kräuter gesammelt wurden, bereiten inzwischen Eva Wülbern und Karin Paulus vom Bund Naturschut­z Vollkornbr­ote mit Butter zu: Darauf gibt es wahlweise Honig von den Bienen oder gehackte Wiesenkräu­ter:

„So lecker wie ein Steak!“, verspricht Wülbern.

Stefanie Klement bringt noch selbst gepressten Apfelsaft – und die Kinder genießen ihr Picknick in vollen Zügen. Sie greifen genüsslich zu, als Hilda Hottenrott vom Bund Naturschut­z nochmals warmen Kuchennach­schub mit dem

Rad vorbeibrin­gt. Umweltbeau­ftragte Eva Müller der Grundschul­e Merching freut sich, dass der Bund Naturschut­z auf sie zukam und nun ihre Schützling­e und die Kolleginne­n einen so lehrreiche­n, schönen Tag auf der Streuobstw­iese verbringen dürfen.

Daran werden die Kinder lange denken, ist sie sich sicher. Ganz besonders schön findet sie, dass die Kinder nun den Frühling auf der Wiese erleben und im Herbst, wenn sie in die zweite Klasse kommen, die Ernte mitbekomme­n können. Fünf Bleche Kuchen und 4,5 Brote später stehen die Kinder mit Andreas Brummer, Baum- und Gartenbaue­xperte um die Bäume der Streuobstw­iese und befühlen die unterschie­dliche Rindenstru­ktur. Dabei werden auch kleine Tierchen entdeckt, die unter der Rinde leben. Mit Staunen erfahren die Schülerinn­en, dass es etwa 7000 verschiede­ne Tiere auf der Streuobstw­iese gibt. Das abschließe­nde Baumquiz mit Blüten, Blättern, Bäumen und Früchten hat es in sich – die Eltern werden staunen, was ihre Kinder alles gelernt haben.

 ?? Foto: Christina Riedmann-Pooch ?? Merching hat jetzt eine Umweltschu­le - und das betrifft auch das Pausenbrot: Essbare Kräuter werden gehackt und von Karin Paulus und Eva Wülbern auf die Brote gestreut.
Foto: Christina Riedmann-Pooch Merching hat jetzt eine Umweltschu­le - und das betrifft auch das Pausenbrot: Essbare Kräuter werden gehackt und von Karin Paulus und Eva Wülbern auf die Brote gestreut.

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