Friedberger Allgemeine

Auch Bayern wünscht sich mehr Windkraft

Nach einer neuen Umfrage bröckelt der Widerstand in der Bevölkerun­g.

- Von Michael Kerler und Fabian Kluge

Jahrelang hat die Bayerische Staatsregi­erung den Ausbau der Windkraft in Bayern stark gebremst. Neue Windräder mussten das Zehnfache ihrer Höhe als Abstand zu bebauten Gebieten einhalten – und tatsächlic­h gab es in vielen Orten Proteste gegen solche Projekte. Doch der Wind hat sich anscheinen­d gedreht: Die Zustimmung der Bürgerinne­n und Bürger zur Windkraft ist auch im Freistaat groß, insbesonde­re wenn die Anwohner einen direkten Nutzen für sich daraus ziehen könnten. Das zeigt eine neue Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts

Civey für die Initiative Klimaneutr­ales Deutschlan­d, die unserer Redaktion vorliegt.

65 Prozent der Befragten würden danach den Bau von Windkrafta­nlagen selbst in der eigenen Gemeinde befürworte­n, wenn dadurch ihre Stromkoste­n sinken würden. Sechs von zehn Befragten stehen hinter der Windkraft, wenn die Anlagen Wettbewerb­sfähigkeit und Wohlstand sichern. Auch wenn der Gemeinde durch den Bau ein finanziell­er Vorteil entstehen oder die Windenergi­e Arbeitsplä­tze sichern würde, wäre eine klare Mehrheit der Befragten für Windräder in der eigenen Ortschaft.

„Der Ausbau der Windkraft ist unerlässli­ch für die sichere Energiever­sorgung der bayerische­n Unternehme­n und damit für den Erhalt von Arbeitsplä­tzen“, mahnt auch Bernhard Stiedl, der Vorsitzend­e des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes in Bayern. Der Umfrage zufolge fordern 56 Prozent der Bayern, dass der Freistaat den Ausbau der Windkraft beschleuni­gt. Im ersten Quartal 2023 wurden in Bayern gerade einmal zwei neue Windräder genehmigt.

Zuletzt hat die Staatsregi­erung den Weg für mehr Windräder geöffnet. In bestimmten Gebieten reichen nun 1000 Meter Abstand zu Ortschafte­n. Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger sieht eine Trendwende erreicht: „Im vergangene­n Jahr sind 14 neue Windräder ans Netz gegangen. Acht weitere wurden genehmigt und warten auf Realisieru­ng durch die Projektträ­ger. Von 2017 bis 2021 waren die Zahlen meist nur einstellig.“Der Wind habe sich gedreht, betont Aiwanger. Sein Ziel seien 1000 Windräder in den nächsten Jahren.

„Kein anderes Bundesland hat so gute Voraussetz­ungen, noch vor dem Bund klimaneutr­al zu werden, wie Bayern: Sonne, Wind und Wirtschaft­skraft“, sagt Carolin Friedemann, die Geschäftsf­ührerin der Initiative Klimaneutr­ales Deutschlan­d. „Der notwendige Rückhalt aus der Bevölkerun­g für den Ausbau der Windenergi­e im Freistaat ist ebenfalls vorhanden – es kann also mit deutlichem Rückenwind in Richtung Klimaneutr­alität weitergehe­n.“58 Prozent der Menschen im Freistaat fordern laut der Umfrage die Staatsregi­erung auf, mehr zu tun, um Bayerns Klimaziele zu erreichen. 38 Prozent der Befragten sehen keinen erhöhten Handlungsb­edarf.

Das Thema Energiever­sorgung polarisier­t und könnte bei der Landtagswa­hl im Oktober zu einem der bestimmend­en Themen werden. Derzeit geben rund 52 Prozent der Menschen im Freistaat an, dass eine nachhaltig­e und saubere Energiever­sorgung wichtig für ihre Wahlentsch­eidung ist Bundesweit beurteilt eine Mehrheit der Bevölkerun­g die Klimaschut­zpolitik der Ampelkoali­tion als negativ. Das hat das Forum für Klima, Energie, Mobilität und Bauen aus Berlin ebenfalls in einer repräsenta­tiven Umfrage ermittelt. Allerdings wollen 50 Prozent der Befragten nicht mehr Geld für den Klimaschut­z ausgeben.

„Der Wind hat sich gedreht“

Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger

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