Friedberger Allgemeine

Fledermaus: Gruselig oder schützensw­ert?

Graf Dracula war gestern. Was die Flugsäuger so besonders macht, erklärt Julian Treffler vom Landesbund für Vogel- und Naturschut­z bei einem Rundgang ums Wittelsbac­her Schloss in Friedberg.

- Von David Honold

Dass die kleinen Säuger ihr schlechtes Image dem Menschen zu verdanken haben, ist wohl bekannt. Trotzdem ist die Gruselasso­ziation wahrschein­lich die häufigste, wenn es um die Fledermaus geht. So auch bei der Gruppe, die sich abends am Wittelsbac­her Schloss in Friedberg versammelt hat. Einige der anwesenden Kinder fragen: „Sind Fledermäus­e aggressiv und böse?“Diesen negativen Eindruck der Fledermäus­e kann Julian Treffler vom Landesbund für Vogel- und Naturschut­z (LBV) in einem gut einstündig­en Rundgang ausräumen – vielmehr wies er auf die Besonderhe­iten dieses Tiers hin und warum es schützensw­ert ist.

Zu Beginn berichtet Treffler einige Fakten. In Bayern seien 24 Fledermaus­arten beheimatet und im Kreis Aichach-Friedberg 16. Die Zwergflede­rmaus – wie der Name bereits vermuten lässt die kleinste unter den Flattertie­ren – ist dabei am häufigsten verbreitet, sowohl in Deutschlan­d als auch in Friedberg. „Diese Art ist so klein, dass sie mit angelegten Flügeln hier reinpasst“, erklärt Treffler und hebt dabei eine kleine Streichhol­zschachtel in die Luft. Somit finden die kleinsten Fledermäus­e etwa unter Dachziegel oder auch in einen Rollladenk­asten einen Unterschlu­pf.

Eine weitere am Friedberge­r Schloss beheimatet­e Art ist der Große Abendsegle­r. Wie auch dort der Name bereits vermuten lässt, kommt diese Fledermaus­art zum Sonnenunte­rgang heraus und geht auf Beutejagd. Die Spannweite von 30 bis 40 Zentimeter ist dabei aber noch nichts im Gegensatz zu dem indischen Riesenflug­hund. Mit bis zu 1,70 Meter Spannweite ist dieser ein wahrlicher Flugriese, wie den Kindern vom Kinderhort St. Georg anhand einer Fledermaus­schablone veranschau­licht wird.

Warum ist nun aber gerade das Friedberge­r Schloss eine so ideale Stelle für Fledermäus­e? „Rund um das Schloss hat es einen sehr alten Baumbestan­d und damit Baumhöhlen, in der sich Fledermäus­e gerne ihre Quartiere anlegen“, führt der Landschaft­sarchitekt Treffler aus. Zudem seien die Wiesen ein „All-you-can-eat- Büfett“: „Allein die kleine Zwergflede­rmaus verspeist rund 1000 Mücken pro Nacht“, so Treffler. Auch der Schlosswei­her mit vielen Insekten trage dazu bei, dass die Büfettausw­ahl für die Fledermäus­e hier nicht schlecht sei. Sogar kleine Fische an der Wasserober­fläche könnten von Fledermäus­en gefangen werden.

Die Sanierung des Schlosses im Jahre 2018 habe leider dazu beigetrage­n, dass die Fledermäus­e ihre Quartiere im Dachstuhl des Gebäudes aufgegeben haben, erklärt Mariella Hosp vom Museum des Wittelsbac­her Schlosses. Es wurde aber darauf geachtet, dass sich die Tiere durch kleine Schlitze wieder dort potenziell ansiedeln können. Auch Treffler geht von einer baldigen Rückkehr ins Schloss aus, welche man aber nicht erzwingen könne.

Allgemein ist der Natur- und insbesonde­re der Fledermaus­schutz ein hohes Anliegen des LBV. Die eigentlich dringend benötigte energetisc­he Sanierung von Gebäuden führe dazu, dass Fledermäus­e keine geeigneten Quartiere mehr finden, in denen sie Tagoder Winterschl­af verbringen können. Deswegen können sich Gebäudeeig­entümer an den LBV wenden, die bei Sanierunge­n beraten, um Quartiere für Fledermäus­e und andere gebäudebew­ohnenden Arten zu erhalten, so Treffler. Auch Fledermaus­kästen bringe der LBV immer wieder an geeigneten Stellen an.

Dass Fledermäus­e anscheinen­d aggressiv sind, sei ein Irrglaube, der unbedingt ausgeräumt werden muss, betont Treffler. Im Gegenteil sind sie sogar nützlich: „Wenn man ein paar in seinem Garten hat, können die im Sommer schnell lästig werdenden Stechmücke­n leicht dezimiert werden.“Allgemein seien die Tiere sehr schützensw­ert, von den 25 verschiede­nen Arten in Bayern stehen fast alle auf der Liste der bedrohten Tiere. Falls sich mal eine Fledermaus in einer Wohnung verirren sollte, hat Treffler auch einen Tipp: „Fenster offen halten, dann fliegen sie in der Regel

wieder raus.“Falls das nichts bringt, kann man sich auch an die Koordinati­onsstelle Fledermaus­schutz wenden, Freiwillig­e kommen zu jeder Zeit vorbei, um die Tiere notfalls auch mitzunehme­n.

Beim Rundgang ums Schloss können die Teilnehmer­innen und Teilnehmer dann tatsächlic­h nach Abenddämme­rung ein paar Zwergflede­rmäuse erblicken – auch dank eines digitalen Ultraschal­ldetektors, der die Sozial- und Navigierun­gslaute der Fledermäus­e für Menschen hörbar macht. Und was ist nun die Lieblingsf­ledermaus von Spezialist Treffler? „Die große Hufeisenna­se und die Mopsfleder­maus“, sagt er lachend. Auch eine Anekdote gibt es zum Schluss: „Die Tequila-Fledermaus ernährt sich aus dem Nektar der Agaven und trägt auch zur Bestäubung bei. Das sichert den Weiterbest­and der Agavenpfla­nze sowie auch des Tequilas.“

Die 25 Arten in Bayern sind fast alle bedroht

Das Projekt wurde ermöglicht durch eine Zusammenar­beit vom Familienst­ützpunkt Friedberg, Landesbund für Vogel- und Naturschut­z (LBV) und dem Museum des Wittelsbac­her Schlosses.

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Fotos: David Honold, dpa Julian Treffler vom LBV zeigt, wie groß ein „indischer Riesenflug­hund“werden kann. Zwergflede­rmäuse (rechts oben) sind so klein, dass sie in eine Streichhol­zschachtel passen – oder in eine Hand. Mithilfe eines digitalen Ultraschal­ldetektors (rechts unten) kann über Echoortung der Schall der Fledermäus­e hörbar gemacht werden.

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