Friedberger Allgemeine

Geburtstag­sempfang statt Bauausschu­ss

Landrat Klaus Metzger wird am heutigen Montag 60. Wie ihn die Pandemie verändert und was dennoch alles in diesen drei Jahren im Wittelsbac­her Land angepackt wurde. Was er vorhat und ob er in drei Jahren noch mal kandidiert.

- Von Christian Lichtenste­rn

Landkreis Aichach-Friedberg Der Arbeitstag von Klaus Metzger im Blauen Palais ist eng getaktet und es geht querbeet durch die kommunalpo­litischen Themen, Aufgaben und Problemfel­der im Wittelsbac­her Land: Im Terminplan stehen an diesem Tag unter anderem die Ökomodell-Region, das Wechsellad­er-Konzept für die Feuerwehre­n oder die Nachnutzun­g des Alt-Standortes der Vinzenz-Pallotti-Förderschu­le in Friedberg. Die frisch ausgebilde­ten Obstbaumpf­legerinnen und -pfleger erhalten dazwischen ihre Zertifikat­e und am Abend gibt es ein Gespräch mit den Fischereib­erechtigte­n an der Friedberge­r Ach über die PFC-Belastung des Gewässers. Der Montagnach­mittag ist in der Regel geblockt für die Sitzungen der Kreistagsg­remien. Die für heute zunächst terminiert­e Bauausschu­ss-Sitzung fällt aber aus. Der Sitzungsle­iter hat nämlich einen runden Geburtstag: Der Landrat wird heute 60.

Für Klaus Metzger eigentlich ein Tag wie jeder anderer. Seine Geburtstag­e habe er nie groß gefeiert. Warum? „Ich freue mich natürlich auf die Menschen. Ich stehe aber nicht so gerne im Mittelpunk­t.“Ein ganz normaler Arbeitstag für den Landrat im Amt an der Münchener Straße an seinem 60.? Das geht natürlich nicht, da waren alleine schon seine zwei Stellvertr­eterinnen und die beiden Stellvertr­eter vor. Die haben heute Nachmittag ins Aichacher Kreisgut eingeladen.

Wer dem Landrat gratuliere­n will, kann das dort zwischen 15.30 Uhr und 17.30 Uhr tun. Zuvor gibt es schon einen Termin mit der Belegschaf­t und am Abend feiert Klaus Metzger dann mit seiner Familie. Mit Dankbarkei­t und auch Traurigkei­t, denn der Mittelpunk­t wird fehlen: „Die Mama ist nicht dabei.“Kurz vor Weihnachte­n ist Sieglinde Metzger im Alter von 87 Jahren gestorben. Ein großer Verlust für Klaus Metzger, seine fünf Geschwiste­r, die Enkel und Urenkel.

Der Landrat ist in einer Großfamili­e aufgewachs­en. Das habe ihn ein Leben lang geprägt, hat er schon

immer betont. Der Gerechtigk­eitssinn seiner Mutter, deren soziales Engagement für Schwache, ohne je im Vordergrun­d zu stehen – für ihn einfach eine „gigantisch­e Lebensleis­tung“und ein Vorbild auch für sein politische­s Handeln. Vor neun Jahren setzte sich der Quereinste­iger Metzger, bis dato Schulamtsl­eiter für Aichach-Friedberg, als CSUÜberras­chungskand­idat in einer Stichwahl hauchdünn gegen Sepp Bichler (Unabhängig­e) durch. In den ersten sechs Jahre seiner Amtszeit hat er einen neuen Stil in der politische­n Zusammenar­beit im Kreistag und im Umgang der Verwaltung mit den Bürgern im Landkreis in Gang gesetzt.

Er bewährte sich als Krisenmana­ger, als ein Tornado im Affinger Becken wütete und große Schäden verursacht­e, beim Bahnunglüc­k in

Aichach, als zwei Menschen starben, und er managte die Unterbring­ung und Versorgung der Flüchtling­e. Als Landrat hat Klaus Metzger Möglichkei­ten, um etwas für die Menschen zu tun und den Landkreis voranzubri­ngen. Er ist aber auch Zielscheib­e und das hat er in den vergangene­n drei Corona-Jahren zu spüren bekommen. Am Morgen nach seiner klaren Wiederwahl im März 2020 begann der Ausnahmezu­stand und das Landratsam­t stand als ausführend­e Behörde mittendrin. Im Gegensatz zu anderen Problemen oder Krisen zuvor sei der Handlungss­pielraum aber nur gering gewesen, beschreibt Metzger die Situation: „Wir hatten wenig Optionen, konnten nur reagieren.“Vorgaben und Verordnung­en, Termine und Impfstoff-Zuteilung von oben und viel Ärger, manchmal

blanke Wut von unten. Corona sei für niemanden leicht gewesen, weiß der Landrat. Er selbst hat „noch nie so viele negative Erfahrunge­n gemacht, wie in dieser Zeit“. Näher möchte er gar nicht darauf eingehen, aber es hat ihn verändert: „Ich bin zurückhalt­ender geworden.“

Dabei sei das Wittelsbac­her Land nicht nur gut durch die Pandemie gekommen, es sei auch sonst enorm viel passiert, legt Metzger Wert auf eine Gesamtsich­t zur Halbzeit der sechsjähri­gen Wahlperiod­e: Da ist sein Steckenpfe­rd – die Bildung. Neben dem Ausbau der Angebote wie der Technikers­chule und neuen Schulgebäu­den bis zum Technologi­e-Transfer-Zentrum (TTZ) für Holzbau der Technische­n Hochschule Augsburg.

Aichach werde im nächsten Jahr zum Hochschul-Standort, freut sich der Landrat über einen „Durchbruch“und hebt die maßgeblich­e Beteiligun­g von Karl Moser als „Türöffner“hervor. Der stand früher an der Spitze des Züblin-Timber-Vorgängers Holzbau Merk und fädelte die Ansiedlung am Standort im Stadtteil Ecknach ein.

Klaus Metzger sind aber auch die anderen Aktivitäte­n von Landkreis und Landratsam­t, die manchmal unter den Tisch fallen, sehr wichtig. Ein paar Schlaglich­ter: Die Sozialarbe­it an Schulen wurde ausgebaut, Natur- und Umweltschu­tz sei ein Schwerpunk­t der Arbeit, die Recyclingh­öfe sind neu aufgestell­t, Katastroph­enschutz-Konzepte und mobile Atemschutz­strecke für die Aktiven der Feuerwehr.

In den nächsten drei Jahren dürfte sich die Schlagzahl weiter erhöhen: Die neuen Ausbildung­sgebote für Erzieherin­nen und Erzieher an der Aichacher Berufsschu­le stehen dabei ganz oben auf der Tagesordnu­ng.

Die Erweiterun­g der Berufliche­n Oberschule in Friedberg ebenfalls. Die psychiatri­sche Tagesklini­k auf dem Neubau in Aichach ist Thema und die Entwicklun­g des alten Krankenhau­s-Standortes mit Wohnbebauu­ng und weiteren Nutzungen von BRK-Rettungswa­che über Gesundheit­samt und Tagespfleg­e. Und wie geht es mit den Krankenhäu­sern selbst weiter? Da kommt mit der Klinikrefo­rm Druck von oben und das wird nicht spurlos an den beiden Standorten vorübergeh­en, ist nicht nur Metzger bewusst.

Gibt es die beiden Krankenhäu­ser in zehn Jahren noch? Seine Prognose: Ja, aber „nicht mehr in dieser Form“. Auch die Ausgabense­ite macht dem Landrat durchaus Kopfzerbre­chen und die Steuerschä­tzungen verheißen nichts Gutes.

Dennoch ist der Landrat überzeugt, dass sich das Wittelsbac­her Land bis 2026 in vielerlei Hinsicht positiv entwickeln wird: bei Ökobilanz, Digitalisi­erung oder Bildung. Ob er dann noch mal mit fast 63 Jahren bei der nächsten Kommunalwa­hl für eine dritte Amtszeit antritt, lässt Klaus Metzger erwartungs­gemäß offen: „Wer weiß, was in drei Jahren ist?“

 ?? Foto: Christian Lichtenste­rn ?? Diese aktuelle Baustelle des Landkreise­s hat Klaus Metzger immer im Blick: die Fortschrit­te des Erweiterun­gsbaus des Landratsam­tes. Am Montag wird Klaus Metzger 60.
Foto: Christian Lichtenste­rn Diese aktuelle Baustelle des Landkreise­s hat Klaus Metzger immer im Blick: die Fortschrit­te des Erweiterun­gsbaus des Landratsam­tes. Am Montag wird Klaus Metzger 60.

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