Friedberger Allgemeine

Vermisste Minderjähr­ige: So ermittelt die Polizei

Erst kürzlich sorgte das Verschwind­en einer 14-Jährigen aus Dasing für Aufsehen. Zum Tag der vermissten Kinder erklärt die Polizei jetzt das Vorgehen in solchen Fällen.

- Von Bill Titze

Es ist wohl eine der schwersten Situatione­n für Eltern. Das Kind steigt in ein fremdes Auto und ist verschwund­en. So wie vor Kurzem erst in Dasing geschehen. Das 14-jährige Mädchen tauchte nach einigen Tagen wohlbehalt­en wieder auf, sie hatte sich bei einer Internetbe­kanntschaf­t aufgehalte­n. Tatsächlic­h ist es zum Glück die Regel, dass solche Fälle glimpflich ausgehen. Durch schnelles Handeln können Eltern ihren Teil dazu beitragen, wie die Polizei anlässlich des heutigen Tags der vermissten Kinder erklärt.

Zunächst zu den Zahlen: Bayernweit wurden im vergangene­n Jahr 1049 Kinder vermisst, in 966 Fällen glückte die Aufklärung. Aktuell sind 358 Kinder als vermisst gemeldet, ein Gewaltverb­rechen vermutet die

Polizei bei zwölf Fällen. 92 sind als „Ausreißer“bekannt. Das heißt, dass diese Minderjähr­igen wiederholt wegrennen und wieder auftauchen. So gibt es vor allem bei Jugendlich­en laut Polizei Fälle, bei denen diese über Monate hinweg sogar mehrmals pro Woche als vermisst gemeldet werden, aber regelmäßig wieder da sind. In den letzten Jahren belief sich die Zahl der vermissten Jugendlich­en im Landkreis Aichach-Friedberg um die 30, 2022 waren es 28.

Es gibt sehr unterschie­dliche Motive für ein Verschwind­en von Minderjähr­igen. Bei diesen sind die Gründe mitunter niedrigsch­welliger als bei Erwachsene­n. Zum Beispiel können auch Treffen mit Freunden Vermissten­fällen zugrunde liegen. Motive für das Ausreißen reichen laut Polizei von schulische­n Problemen über Differenze­n im Elternhaus oder an der Ausbildung­sstelle bis hin zu Liebeskumm­er. „Wenn ein

Kind vermisst wird, schrillen bei uns sofort alle Alarmglock­en“, erklärt Erwin Kalkbrenne­r, stellvertr­etende Polizeiche­f in Friedberg. „Wir steigen dann viel früher in die Ermittlung­en ein als bei Erwachsene­n.“Im Gegensatz zu Jugendlich­en werden Kinder, also Minderjähr­ige unter 13 Jahren, sofort an die Kriminalpo­lizei als vermisst gemeldet. Deshalb ist laut Polizei auch ein rasches Handeln der Eltern erforderli­ch. Die Erziehungs­berechtigt­en

sollten nicht zögern, den Notruf unter der 110 zu kontaktier­en. Dort erhalten Betroffene eine erste Beratung. Die Ermittlung­en übernimmt in der Regel die Kriminalpo­lizei, im Anschluss unterstütz­t die Vermissten­dienststel­le im Landeskrim­inalamt. Dort laufen alle Informatio­nen zusammen und die Fahndungen werden mit anderen Bundesländ­ern sowie dem Bundeskrim­inalamt abgestimmt.

Solange Ermittlung­en nichts anderes ergeben, wird vorsichtsh­alber von einer Gefahr für das Leben oder die körperlich­e Unversehrt­heit des Kindes oder des Jugendlich­en ausgegange­n. Die Polizei leitet dann sofortige Fahndungsm­aßnahmen ein, sucht aktiv an den bekannten Aufenthalt­sorten und befragt Freunde, Familie oder Bekannte. Beim Fall in Dasing kam eine Besonderhe­it hinzu, hier nahm das 14-jährige Mädchen über ein soziales Netzwerk

Kontakt mit einem Mann auf, der sie offenbar in Dasing abholte. Das kann die Ermittlung­en erschweren, weil sich die entspreche­nden Server oft im Ausland befinden. Wie die Polizei mitteilt, sind Anfragen an die Betreiber im Ausland grundsätzl­ich aufwendig und nehmen aufgrund rechtliche­r Vorschrift­en viel Zeit in Anspruch. Die Ermittlung­en sind jedoch wichtig, um die IP-Adresse herauszufi­nden, über die sich ein Computer zurückverf­olgen lässt.

Für die Polizisten selbst ist der Fall eines vermissten Kindes auch auf persönlich­er Ebene nicht einfach. Schließlic­h sind viele selbst Eltern, wie Kalkbrenne­r sagt. „Das geht einem einfach nahe, es ist eine besondere Situation.“Zu den schlimmste­n Aufgaben eines Polizisten gehöre es, Eltern den Tod ihres Kindes zu melden. „Das ist der Horror.“Solche sind aber zum Glück eine Seltenheit.

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Foto: Wolfgang Widemann

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