Friedberger Allgemeine

Er gibt den Takt vor

Wer bei der Friedberge­r Zeit musizieren will, muss sich bei Andreas Thon bewerben. Der langjährig­e Leiter der Jugendkape­lle achtet nicht nur auf die Instrument­e.

- Von Bill Titze

So ganz zufrieden scheint Andreas Thon nicht. „Für mich ist das ein fahrender Musikant“, sagt er und zeigt lachend auf das Foto, das ihn mit großem, blauen Hut und Federschmu­ck auf dem Altstadtfe­st zeigt. Und ein solcher ist Thon nun wirklich nicht. Eher das Gegenteil: Seit über 30 Jahren leitet er die Jugendkape­lle in Friedberg und ist so ganz nebenbei für die Auswahl der Live-Musik auf der Friedberge­r Zeit zuständig. Dabei gibt es einiges zu beachten – genauso wie bei der Leitung einer musikalisc­hen Jugendgrup­pe.

Die Jugendkape­lle übernahm Thon bereits 1990, mit damals gerade einmal 25 Jahren. „Damals habe ich mich einfach mal beworben, ohne mir großen Erfolg auszurechn­en.“Zuvor hatte er Musik studiert, beim Stabsmusik­korps der Bundeswehr gespielt und bei Vereinen junge Musiker ausgebilde­t. Just an dem Tag, als er an der Uni in Augsburg die letzte Prüfung hatte, kam die Zusage aus Friedberg. „Ein Glücksfall“, wie er betont.

Seitdem hieß es, Musikliter­atur auszuwähle­n, Konzerte zu planen und vor allem auch soziale Aspekte zu vermitteln. Denn bei der Jugendkape­lle geht es nicht nur um schöne Klänge, sondern um das richtige Verhalten. „Respekt und das Akzeptiere­n von Mehrheitse­ntscheidun­gen sind mir da unter anderem wichtig.“Dafür versucht der 58-Jährige die Jugendlich­en mitzunehme­n und nicht von oben herab zu entscheide­n.

Wenngleich Thon bei der Musikauswa­hl letztlich natürlich den Hut aufhat. Da hat sich in seiner Amtszeit einiges getan, berichtet er. „Früher wurde Blasmusik als reine Bierzeltmu­sik betrachtet.“Heute sei diese wesentlich konzertant­er,

auch renommiert­e Komponiste­n schrieben Stücke. Moderne Kompositio­nen spielen bei der Jugendkape­lle eine deutliche größere Rolle. Wobei modern immer relativ ist, wie Thon zuletzt feststelle­n musste. „Wir haben ein Grönemeyer-Medley einstudier­t. Das hat den Jugendlich­en zwar gefallen, aber die Hälfte wusste gar nicht, wer Grönemeyer ist.“Herbert Grönemeyer

scheint also offenbar nicht jedem Teenie heute ein Begriff zu sein. Mozart aber wohl schon. Der steht derzeit ganz oben in der Prioritäte­nliste. Grund ist natürlich das Altstadtfe­st, bei dem die Jugendkape­lle „Eine kleine Nachtmusik“am Schlosswei­her spielen wird. Mozart gehört zu den Komponiste­n, die ohne Probleme bei der Friedberge­r Zeit gespielt werden dürfen. Wessen Musik sonst noch das historisch­e Fest bereichert, das entscheide­t Thon. Er ist sozusagen der Herr über die LiveMusik vor Ort. Anfang der 90er schrieb er eine Art Leitfaden, welche Voraussetz­ungen für musikalisc­he Gruppen auf dem Altstadtfe­st gelten. Dieser beinhaltet unter anderem mögliche Komponiste­n wie eben Mozart, Haydn oder Händel.

Wichtig sind aber auch die erlaubten Instrument­e. So waren Saxofon oder Akkordeon damals nicht üblich, Oboe und Posaunen aber schon. Wer beim Altstadtfe­st mit seiner Musik auftreten will, muss ein sogenannte­s Tanzpatent erwerben. Dazu reicht man ein entspreche­ndes Antragsfor­mular ein. „Die meisten Gruppen kenne ich schon“, erzählt Thon. „Bei den anderen schaue ich schon mal bei einem Fest vorbei, um zu sehen, was sie spielen.“

Schließlic­h soll alles möglichst authentisc­h sein. Ganz einfach ist die Entscheidu­ng aber nicht immer. Zum Beispiel bei Volksliede­rn. Die hatten ihre Hochzeit im 19. Jahrhunder­t. „Damals haben Dichter neue Texte für bereits bekannte Melodien geschriebe­n. Da muss ich dann einfach abwägen.“Nicht zum Altstadtfe­st gehöre aber beispielsw­eise Mittelalte­rRock mit Dudelsack und Co., wie Thon betont. „Manchmal vergessen die Menschen einfach, dass es bei der Zeit eben nicht ums Mittelalte­r geht.“Vor allem bei der Musik vom Band könne das vorkommen. Über diese hat Thon jedoch keine Handhabe, er ist nur für die LiveMusik zuständig.

So wie seit über 30 Jahren bei der Jugendkape­lle. Amtsmüde wirkt Thon nicht, auch wenn er manches kritisch sieht. Früher habe man mehr Zeit für das Üben gehabt. „Wenn dann um 20 Uhr noch eine Klausur anberaumt ist, frage ich mich schon: Wieso lässt man den Jugendlich­en nicht mehr Freiraum, um sich zu verwirklic­hen?“Spaß macht ihm sein Job dennoch. „Stolz“sei er, wenn er sehe, dass manche seiner ehemaligen Schüler eigene Ensembles gründen und teilweise auf dem Altstadtfe­st spielen. Da lässt sich vielleicht auch das ein oder andere unpassende Gewand verschmerz­en.

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Foto: Bill Titze Andreas Thon ist der Leiter der Jugendkape­lle Friedberg und gibt den Takt vor.

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