20 Jahre Facebook: Ein Rückblick aus Friedberger Sicht
Von überwältigenden Hilfsaktionen und hitzige Debatten – in dem sozialen Netzwerk spielt sich in Friedberg so einiges ab. Welche Beiträge stechen besonders hervor?
Friedberg Ein Supermarkt, der öffentlich an den Menschenverstand appelliert, ein Bürgermeister, der Einblicke in seinen Berufsalltag bietet wie in einem Tagebuch und eine Facebook-Gruppe, in der sich Nutzerinnen und Nutzer politische Grundsatzdiskussionen liefern und über entlaufene Haustiere austauschen. Auf den FacebookSeiten der Friedberger Region ist einiges los. Die soziale Plattform feiert diesen Monat ihren 20. Geburtstag. Wir blicken auf die Höhepunkte zurück.
Wer sich Facebook aus Friedberger Sicht anschaut, kommt an einer Seite nicht vorbei: Die Gruppe „Du kommst aus Friedberg (Bayern), wenn…“hat mittlerweile 11.000 Mitglieder. Seit 2015 ist die Seite online. Eigentlich sollte es ursprünglich um Heimaterinnerungen gehen, dann nutzten jedoch immer mehr Friedberger die Plattform, um über Neuigkeiten und aktuelle Themen zu schreiben. Manche Diskussionen verlieren sich allerdings in Grundsatzdiskussionen zwischen links und rechts. Doch wenn jemand Unterstützung brauche, sei die Hilfe groß, findet Administrator Philipp Flesch. „Auch wenn die politischen Meinungen weit auseinandergehen, ist die Unterstützung bei Problemen sofort da.“Er sei beeindruckt von der Diversität und dem Zusammenhalt. Gerade in schwierigen Situationen seien die Friedberger füreinander da, sei es die Flüchtlingskrise, die Corona-Pandemie oder das starke Unwetter im vergangenen Jahr.
Und nicht nur die Bürger bringen sich ein, auch öffentliche Einrichtungen wie das Landratsamt oder die Stadt nutzen die Gruppe, um Ankündigungen zu verbreiten. Als wegen Schnee und Glätte die Schule ausfiel, konnten Eltern die Information auch auf der Facebook-Seite nachlesen. Neben politisch wichtigen Themen sind hier aber auch regelmäßig Fotos von Friedbergs Hobby-Fotografen zu finden. Besonders beeindruckend fand Flesch zuletzt ein Bild eines weißen Hermelins bei der Jagd. „Da denkt man manchmal, man hat alles gesehen, und dann kommt so ein Post“, sagt er.
Der Edeka Wollny ist bekannt für seine öffentlichen Statements und transparente Darstellung. Mit Anekdoten aus dem Supermarkt erzählt Inhaber Michael Wollny auf humorvolle Weise von kuriosen Kundengesprächen und alltäglichen Beobachtungen. 2015 erlangte er mit einem Post große Aufmerksamkeit, in dem er die Flüchtlingskrise ansprach und Gerüchte über seinen Markt aus der Welt schaffte. Die Annahme, dass Geflüchtete im Markt klauen würden und die Medien nicht berichten dürften sei „Bullshit“. „Die Asylbewerber, die bei uns einkaufen, erlebe ich als kultivierte und größtenteils gebildete Menschen, die dankbar sind, wenn sie ein paar Tipps oder Hilfe bei der Aktivierung ihrer Simkarten bekommen“, erklärte Wollny in dem Post. Der Beitrag erhielt mehr als 24.000 Likes und wurde über 12.000 Mal geteilt.
2016 erstellte Wollny dann den EdekaWollny-Account, um so Berufliches von Privatem zu trennen. Die Seite scheint ein moralisches Grundgerüst der Friedberger zu sein. Egal ob der Aufruf zum Spenden für Obdachlose, die Absage vom Feuerwerkverkauf oder Solidaritätserklärungen mit den eigenen Mitarbeitern – der Supermarkt ist sich nicht zu schade, regelmäßig Stellung bei politischen Diskursen zu beziehen. Dabei wolle er sich eigentlich gar nicht politisch äußern, erklärt Wollny. In manchen Situationen, die seinen Supermarkt betreffen, sei es ihm aber wichtig, seine persönliche Meinung loszuwerden. „Immer wenn ich eine Ungerechtigkeit feststelle, habe ich das Gefühl, etwas klarstellen zu müssen“, erklärt der Inhaber. Mit fein säuberlicher Argumentationskette und authentischem Charme veröffentlicht er unregelmäßig Statements und Gedankengänge. Ende 2020 weichte er mit einem satirischen Post zu Impfchips die verhärteten Fronten in der Debatte auf. Auch dieser Beitrag ging durch die Decke und bekam 22.000 Likes und über 4000 Kommentare.
Mit seiner Facebook-Präsenz sticht auch Bürgermeister Eichmann hervor. Er postet regelmäßig aus seinem Berufsalltag: Mal ist es ein Spatenstich, mal der Stapel an Dokumenten, die er noch unterschreiben muss. Ein Blick zurück verrät, dass er sich der Plattform 2013 in der Wahlkampfphase anschloss, bevor er im März 2014 zum ersten Mal zum Bürgermeister gewählt wurde. Ob ihm die Plattform am Ende zu seinem Wahlerfolg verhalf? Geschadet hat es sicher nicht, immerhin erreichte er in kürzester Zeit mehrere Hundert Menschen. Ein erinnerungswürdiger Post aus Eichmanns Facebook-Vergangenheit: der frisch gewählte Bürgermeister als Plakatkleber. Am Wahlabend 2014 war Eichmann nämlich noch bis in die Morgenstunden damit beschäftigt, seine Wahlplakate mit einem dicken Danke-Aufkleber zu versehen.
Wir selber, die Redaktion der Friedberger Allgemeinen, sind seit 2012 auf Facebook. Wenn wir auf unsere eigene PostingHistorie zurückblicken, finden wir in der Anfangsphase vor allem viele Fotos von Kaffeetassen und Sonnenuntergängen. Hier und da waren aber auch Urlaubsgrüße und hin und wieder auch Artikel dabei. Fotos von Essen gab es deutlich häufiger als heute. So wie der Post von der Frühstücksbrezel im April 2013. Heute konzentrieren wir uns auf Facebook mehr auf Inhalte und Berichterstattung. Außerdem nutzen wir die Plattform, um Aufrufe für Recherchen zu tätigen, so wie zum Boandl Anfang des Jahres.