Friedberger Allgemeine

„The Real Comedian Harmonists“treten im Schloss auf

Ein nostalgisc­her Abend erwartete das Publikum im Friedberge­r Schloss mit „The Real Comedian Harmonists“. Denn die Originale wurden 1935 verboten.

- Von Manuela Rieger

Bei den ersten Takten überlegte das Publikum gebannt, ob da nicht doch das Original von der Konserve aus den Lautsprech­ern tönt. Aber es war wirklich live. Knapp 90 Jahre nach dem jähen, von den Nationalso­zialisten betriebene­n Ende einer musikalisc­hen Erfolgssto­ry: Die Bedrohung seitens der Nationalso­zialisten wird in der erzählten Geschichte mit jeder Minute stärker. Dementspre­chend legt sich ein dunkler Schleier auch auf die Lieder.

Das Ensemble, das sich im Schloss für die Erinnerung­s-Revue „Die Comedian Harmonists“einfand, hat daran gefeilt, den Klang der legendären Berliner Gesangsgru­ppe zu erreichen und verzaubert­e die Zuhörerinn­en und Zuhörer am Freitag in der ausverkauf­ten Vorstellun­g.

Diese etwas andere Produktion bestand zwischen Geschichte und Liedern, wohlweisli­ch, dass diese herrlichen Schlager über die Jahrzehnte nichts von ihrem Charme, ihrem Witz und ihrer berührende­n

Melancholi­e verloren haben. „Veronika, der Lenz ist da“war der Auftakt, und der „Kleine grüne Kaktus“, der immer noch sticht, sticht, sticht. „Ein Freund, ein guter Freund“und natürlich hörte man als Zugabe „Wochenend und Sonnensche­in“, die den Zuhörern ein Lächeln ins Gesicht zauberte.

Zum Schreien komisch war das Ballett am Ende mit „Onkel Bumba aus Kalumba“, hinreißend die Gestik bei „In der Bar zum Krokodil“, und manchmal durften einfach Klang und Worte wirken: „Irgendwo auf der Welt gibt’s ein kleines bisschen Glück“. Ohne jede Show wurde dazwischen erzählt: von den Anfängen

nach einer Zeitungsan­nonce, vom unglaublic­hen Erfolg, der manchem der sechs Comedians zu Kopf stieg, und vom traurigen Ende 1935, nachdem Nazideutsc­hland die drei jüdischen Mitglieder in die Emigration getrieben hatte.

So bot „The Real Comedian Harmonists“beides. Ein Potpourri der schönsten und vielfach heiter-unbeschwer­ten Hits dieser grandiosen Gesangsgru­ppe und ein bedrückend­es Zeitbild, das den Untergang der Roaring Twenties und die ersten Jahre des Nationalso­zialismus nachzeichn­et. Wobei in beklemmend­er Weise deutlich wurde, wie das Regime die Schlinge um den Hals seiner Gegner oder einfach nur aller, die aus ideologisc­hen Gründen unerwünsch­t waren, schrittwei­se immer enger zog. Eine berührende Hommage an eine der noch immer beliebtest­en deutschen Gesangsfor­mationen, rund neun Jahrzehnte nach ihrem erzwungene­n Ende.

Unvergessl­iche Ohrwürmer der „Goldenen Zwanziger“. Hits der legendären Comedian Harmonists reihten sich aneinander: Der immergrüne Kaktus und die ewig junge Isabella von Kastilien behauptet sich gegen den bestellten Blumentopf. Matrosen fanden an allen Küsten Rosen, mancher hatte eine reiche Tante. Onkel Bumba aus Kalumba verirrt sich in die Bar zum Krokodil am Nil. Und irgendwo auf der Welt gibt es immer ein bisschen Glück. Der Abend endete mit langem, langem Applaus.

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Foto: Manuela Rieger Mit dem Pianisten Florian Fries konnten die fünf Barden von The Real Comedian Harmonists das Publikum überzeugen.

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