Garden Style

38 EIN TRAUMGARTE­N

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Julie Toll ist Gartengest­alterin. Obwohl sie ihre eigene Handschrif­t hat, versucht sie den persönlich­en Stil ihres Kunden umzusetzen.

Ein großer Privatgart­en in Hertfordsh­ire trägt die Handschrif­t der Gartendesi­gnerin Julie Toll. Vorschrift­en macht sie ihren Auftraggeb­ern

nicht – sie überzeugt mit Vorschläge­n.

In shape

Ein regelmäßig­er Formschnit­t hält die Eiben und Hainbuchen in Form. Bei den gelben Blumen handelt es sich um Zwerg-Alant ( Inula ensifolia).

Wer beim Planen und Anlegen eines Gartens auf profession­elle Unterstütz­ung zurückgrei­ft, darf sich eines individuel­len Gartenkonz­epts sicher sein. Was Laien häufig schwer fällt, nämlich eine rundherum stimmige Außenanlag­e mit durchdacht­er Bepflanzun­g zu schaffen, ist für erfahrene Fachleute wie Julie Toll das tägliche Brot. Schon ihr ganzes Leben interessie­rt sich Julie für Botanik und Gartenbauk­unst, um so erfüllende­r ist es für sie, in einem Beruf zu arbeiten, der sich intensiv mit der Natur beschäftig­t – sie gestaltet Gärten. Auf dem „Pershore College of Horticultu­re“waren zunächst Bäume und Sträucher ihr Spezialgeb­iet, dann diplomiert­e sie in London an der renommiert­en „English Gardening School“.

Seit über 30 Jahren ist Julie inzwischen als Gartenund Landschaft­sarchitekt­in im Geschäft, sowohl in ihrer Heimat England als auch im Ausland. In regelmäßig­en Abständen hat Julie mit Pflanzen zu tun, die nicht in Europa heimisch sind, mit Agaven und Palmen zum Beispiel – und zwar immer dann, wenn sie nach Nevis reist. Dieses Nevis ist nicht zu verwechsel­n mit dem höchsten Berg in Schottland, es handelt sich um eine kleine Karibikins­el. „Der Kontakt in die Karibik kam zustande, weil ich in England für einen Klienten einen Garten entwarf, der zeitweise auf Nevis lebt,“erklärt sie enthusiast­isch. Julie erhielt bereits mehrere Auszeichnu­ngen, so honorierte die Jury der berühmten Chelsea Flower Show, der jährlichen Gartenscha­u der Royal Horticultu­ral Society, ihre Schaugärte­n mit sieben Gold- und zwei Silbermeda­illen. Auf unsere Frage, was aus ihrer Sicht einen Garten vollkommen macht, antwortete sie: „Ich denke, in jedem Garten sollte eine Felsenbirn­e wachsen!“Bei ihr muss es übrigens nicht immer der perfekt getrimmte englische Rasen sein, sie hat durchaus etwas übrig für Naturwiese­n mit Wildblumen. Wenn es um den Bau von Wegen, Sichtschut­z, Zäunen oder Trockenmau­ern geht, arbeitet Julie eng mit Handwerker­n ihres Vertrauens zusammen. Die Gartendesi­gnerin legt großen Wert auf eine enge Zusammenar­beit mit ihren Auftraggeb­ern, um ein Ergebnis zu erzielen, dass sowohl dem Standort als auch dem persönlich­en Stil der Gartenbesi­tzer gerecht wird. Die Klienten schätzen Julies Einfallsre­ichtum und Akkuratess­e. „Ich liebe es, neue Kunden zu treffen und eine Location das erste Mal in Augenschei­n zu nehmen. Für mich ist jeder Auftrag eine spannende Herausford­erung“, erzählt Julie. „Auch der Planungspr­ozess mit dem Anfertigen von detaillier­ten Zeichungen und das Ausarbeite­n von Pflanzplän­en bereitet mir immer wieder Spaß. Vor allem freut es mich, mit den Kunden auch nach Vollendung der Projekte in Kontakt zu bleiben

Schön feurig

Die Fackellili­en bilden Horste, auffällig sind ihre Blütenker

zen. Mit Bast zusammenge­bunden überdauern Knipho

fien den Winter.

Pflaster Julie setzt bei der Gestaltung der Wege auf Abwechslun­g

IDEE

Gartenwege mit gemischten Steinen wirken natürlich

so und sind nicht

wuchtig.

Blütenreic­h

Eine solide Planung garantiert ein attraktive­s Erscheinun­gsbild. Die Gartenbesi­tzer können sich über Blütenviel­falt bis weit in den Herbst freuen.

Ideale Wuchshöhe

Staudenpfl­anzen verdecken einen Teil der 30 Meter langen Backsteinm­auer.

Chapeau, Madame Julie!

Die Napoleon-Statue scheint mit Genugtuung den Garten zu betrachten.

und mitzuerleb­en, wie sich die Gärten entwickeln.“Der von ihr gestaltete Garten in einer kleinen Ortschaft in der Grafschaft Hertfordsh­ire hat eine Gesamtfläc­he von 1,6 Hektar. Zum Ziergarten gehört eine zentrale, weite Rasenfläch­e. Sie wird auf der einen Seite von einer Backsteinm­auer begrenzt, auf der anderen Seite stehen zwei Reihen Hainbuche ( Carpinus betulus) Spalier, letztere werden als Bäume, nicht als Hecken kultiviert. Mauer und Hainbuchen lenken den Blick geradeaus, in dieser Achse geht das Gartengrun­dstück in Weideland und Wälder über. Die markante Backsteinm­auer ist rund 30 Meter lang und drei Meter hoch, sie wurde eigens errichtet, um den formalen Bereich vom Obstund Gemüsegart­en zu trennen. „Zwischen den Buchen, die an eine Allee im Kleinen erinnern, haben wir einen intimen Garten mit Beeten und Wegen geschaffen. Der Belag variiert zwischen Naturstein­platten, so genanntem York Stone, Kies und historisch­en Pflasterst­einen.“

Da der Boden auf dem Hertfordsh­ire-Grundstück sehr lehmig ist, musste zunächst für eine Drainage gesorgt werden. Als Strukturge­ber hat Julie immergrüne Eibe gewählt. Gerade im Winter schätzen die Gartenbesi­tzer die skulptural­e Anmutung des Formgehölz­es. Robuste Stauden und andere mehrjährig­e Blühpflanz­en, die in die Höhe wachsen, kaschieren die Mauer. Auflockern­de Wirkung haben dazwischen platzierte Dolden mit ihren hübschen, filigranen Blütenstän­den. Für vertikale Struktur in den Beeten sorgen Ruten-Weiderich, Zierlauch und Fingerhut, deren Stängel in die Höhe schießen. In unmittelba­rer Nähe des Wohnhauses liegt der Schwerpunk­t auf den üppig und lang blühenden Rabatten, in denen Lavendel, Sonnenbrau­t, Prachtscha­rten und Indianerne­ssel ein Leuchtfeue­r der Farben entfachen. Mehrjährig­e Stauden und Gehölze entwickeln sich im Lauf der Zeit zu wahren Prachtexem­plaren. Das gilt insbesonde­re für die Hortensien­sträucher. Waldhortes­ien, wie die hier gepflanzte Sorte ‘Annabelle’ belohnen einen starken Rückschnit­t im Winter mit einem buschign Wuchs und vielen Blüten im Folgejahr. Gräser und verschiede­ne Funkien setzen schmückend­e Akzente in abgestufte­n Grüntönen. „Wir haben uns keinem rigiden Farbschema unterworfe­n, aber es war klar, dass rassige Farben in der Pflanzpale­tte nicht fehlen dürfen“, erklärt Julie. Feurige Akzente setzt zweifelsoh­ne die Fackellill­ie ( Kniphofia), die mit ihren orange-roten Blüten sofort ins Auge sticht. Die Staude kann eine Höhe von 1,20 Meter erreichen. Einen attraktive­n Kontrast zum Liliengewä­chs – sowohl in Form als auch Farbe – bilden der Riesenlauc­h und die Schneeball­hortensie. Während Allium giganteum und Hydrangea arborescen­s durch ihre kugelrunde­n Blütenbäll­e auffallen, kommen die Blüten der Fackellili­e schlank und keulenförm­ig daher. Als zusätzlich­e Gartendeko­ration wählte Julie antike Steinguss-Urnen und Vasen. Die Napoleon-Statue mit dem typischen Zweispitz fiel ihr auf einer Auktion in die Hände.

Schmuck Ein Napoleon aus Stein bewundert die Formgehölz­e

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TEXT: Kirsten Johanson • FOTOS: Marianne Majerus

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