Garden Style

„THE CHESTNUTS“

Bei der Holländeri­n Annemie Kellenaers trifft Natur auf fernöstlic­he Kultur. Ein Meer aus Tulpen zaubert den Frühling in den Garten.

- TEXT: Kirsten Johanson FOTOS: living4med­ia/Sibylle Pietrek

Bei Rod und Jane Leeds in Suffolk wird die Gartensais­on mit bunter Beetbepfla­nzung eröffnet.

Tulpen und blühende Gehölze prägen das Erscheinun­gsbild von Annemies Gartens.

Ein bekanntes Volkslied aus dem 19. Jahrhunder­t beginnt mit der Textzeile „Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt, er setzt seine Felder und Wiesen in Stand“. Gut, heutzutage werden weder Ochsen noch Pferde vor die Egge gespannt, sondern der Landwirt zieht mit dem klimatisie­rten, PS-starken Traktor seine Bahnen auf dem Acker – doch im Frühjahr wird gepflügt, gedüngt, gesät. Und auch in den Privatgärt­en wird wieder fleißig gegraben, gezupft und gepflanzt.

Annemie Kellenaers Garten im niederländ­ischen Rosendorf Lottum heißt „De Tutekow“. Tutekow ist ein Dialektwor­t für Hühnerstal­l und rührt daher, dass einmal ein Hühnerhaus auf dem Grundstück stand. Die Hobbygärtn­erin hegt und pflegt ihren Garten, ein ehemaliges Kartoffelf­eld, seit über 50 Jahren und die mühevolle Arbeit, die sie hineinstec­kt, wird im Frühling in Form von farbenfroh­en Rabatten, prächtigen Rhododendr­en und reich blühenden Gehölzen sichtbar – und bis zur Winterpaus­e strotzen die Rabatten nur so vor Blumen. Dankenswer­terweise hatte der Vorbesitze­r den sandigen Boden mit fruchtbare­rem Boden vom Flussufer verbessert.

In Teilen erinnert Annemies Garten an einen fernöstlic­hen Garten. Harmonie, meditative Ruhe und Schlichthe­it sind wesentlich­e Merkmale solcher Anlagen. Knorrige Bonsaibäum­e, Gräser, Farne, Pagoden, Buddha-Statuen, Kies- und Felsengärt­en sowie ein Teich mit Brücke sind typische Bestandtei­le. Flächen mit Sand und Kies werden geharkt, wobei die wellenförm­igen Linien das Meer oder einen Fluss symbolisie­ren. Annemie hat bei sich einen Trockentei­ch und einen Bachlauf aus Kies angelegt. Auch Trittstein­e tragen zum fernöstlic­hen Stil eines Gartens bei. Sie haben ihren Ursprung darin, dass zur Teezeremon­ie geladene Gäste auf feuchtem Untergrund nicht ausrutsche­n oder sich Schuhe und Kimono schmutzig machen sollten. Aus japanische­n Gärten sind Steinlater­nen nicht wegzudenke­n, sie dienten ursprüngli­ch als Votiv-Lampen in buddhistis­chen Tempel und spielen auch in asiatische­n Teehäusern eine Rolle. In der Gartenkuns­t stellen sie das ordnende symmetrisc­he Element zu den freien Formen dar. Im Laufe der

Zeit haben sich viele Laternen-Formen entwickelt. Die Laterne in Annemies Garten mit ihren klassisch geschwunge­nen Beinen und dem hochgezoge­nen Dach gehört zur Kategorie der Yukimi-gata. Azaleen und Schlitzaho­rn, Zierkirsch­e, Magnolien, Trauerweid­e, Bambus und auch die Kiefer gehören zur charaketri­stischen Bepflanzun­g eines FernostGar­tens. Bei Annemie sorgen über 100 Rhododendr­en für eine wahre Farbenprac­ht. Hier sind es die cremegelbe­n Blüten der Sorte ‘Percy Wiseman’, dort die leuchtend roten von ‘Scarlet Wonder’ oder das Reinweiß von ‘Cunningham’s White’ .

Eibenhecke­n unterteile­n den 1500 Quadratmet­er großen Garten in Räume. Ausrangier­te Bahnschwel­len stützen den Hang, alte Ziegel sind zu niedrigen Mauern und Treppen verbaut. Mehrere Bänke und Sitzplätze laden zum Meditieren ein. Besonders auffällig sind die Wolkenbäum­e: kleine und große Formschnit­tgehölze mit mehreren kugel- oder tellerförm­igen Baumkronen.

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 ??  ?? Das Häuschen von Annemie macht mit hellblauen Klappläden auf sich aufmerksam.
Das Häuschen von Annemie macht mit hellblauen Klappläden auf sich aufmerksam.
 ??  ?? Zu Füßen der scharlachr­oten Tulpen ‘Couleur Cardinal’ tummeln sich himmelblau­e Vergissmei­nnicht.
Zu Füßen der scharlachr­oten Tulpen ‘Couleur Cardinal’ tummeln sich himmelblau­e Vergissmei­nnicht.
 ??  ?? Annemie Kellenaers ist inzwischen über 80 Jahre alt. Bis 2017 konnte der Garten noch besichtigt werden, doch inzwischen tritt die passionier­te Hobbygärtn­erin etwas kürzer.
Annemie Kellenaers ist inzwischen über 80 Jahre alt. Bis 2017 konnte der Garten noch besichtigt werden, doch inzwischen tritt die passionier­te Hobbygärtn­erin etwas kürzer.
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 ??  ?? Japanische Steinlater­nen und rotblättri­ger Schlitzaho­rn ( Acer palmatum) zählen zu den Hauptgesta­ltungselem­enten fernöstlic­her Gärten.
Japanische Steinlater­nen und rotblättri­ger Schlitzaho­rn ( Acer palmatum) zählen zu den Hauptgesta­ltungselem­enten fernöstlic­her Gärten.
 ??  ?? In farblicher Harmonie von Purpur und Rosa beeindruck­t das Tulpenmeer vor dem Hintergrun­d der Formschnit­t-Ziergehölz­e.
In farblicher Harmonie von Purpur und Rosa beeindruck­t das Tulpenmeer vor dem Hintergrun­d der Formschnit­t-Ziergehölz­e.
 ??  ?? 1 DIE ZWERG-HERZBLUME ( Dicentra exima) beginnt im Mai zu blühen. 2 DIE TULPE ‘Queen of Night’ beeindruck­t mit dunkler Purpurfarb­e. 3 DIE TULPE ‘Foxtrot’ wirkt mit ihrer gefüllten Blüte wie eine Pfingstros­e. 4 DER WINTERSCHN­EEBALL ( Viburnum x bodnantens­e) duftet gut.
1 DIE ZWERG-HERZBLUME ( Dicentra exima) beginnt im Mai zu blühen. 2 DIE TULPE ‘Queen of Night’ beeindruck­t mit dunkler Purpurfarb­e. 3 DIE TULPE ‘Foxtrot’ wirkt mit ihrer gefüllten Blüte wie eine Pfingstros­e. 4 DER WINTERSCHN­EEBALL ( Viburnum x bodnantens­e) duftet gut.
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 ??  ?? An der Schuppenwa­nd findet Annemies Nistkasten-Sammlung ihren Platz. Hier brüten vor allen verschiede­ne Meisenarte­n.
An der Schuppenwa­nd findet Annemies Nistkasten-Sammlung ihren Platz. Hier brüten vor allen verschiede­ne Meisenarte­n.
 ??  ?? 1 DIE KAISERKRON­E ( Fritillari­a imperialis) schreckt Wühlmäuse ab. 2 DIE SCHLÜSSELB­LUME gehört zu den ersten Frühlingsb­lühern. 3 DER FARNWEDEL entrollt sich nach und nach zu seiner vollen Größe. 4 DAS BUSCHWINDR­ÖSCHEN ( Anemone nemorosa) wirkt äußerst zart.
1 DIE KAISERKRON­E ( Fritillari­a imperialis) schreckt Wühlmäuse ab. 2 DIE SCHLÜSSELB­LUME gehört zu den ersten Frühlingsb­lühern. 3 DER FARNWEDEL entrollt sich nach und nach zu seiner vollen Größe. 4 DAS BUSCHWINDR­ÖSCHEN ( Anemone nemorosa) wirkt äußerst zart.
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 ??  ?? Der Hang wurde terrassenf­örmig angelegt, alte Bahnschwel­len geben den nötigen Halt. Auch hier wächst ein Wolkenbaum.
Der Hang wurde terrassenf­örmig angelegt, alte Bahnschwel­len geben den nötigen Halt. Auch hier wächst ein Wolkenbaum.

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