Garden Style

GARTENMITT­EILUNG

Welche – natürlich rein pflanzlich­en – Zutaten es für ein gelungenes Sommerfeue­rwerk im Garten bedarf, erzählt uns die Gartenkolu­mnistin Paula Almqvist.

- TEXT: Paula Almqvist

Paula Almqvist erzählt von ihren Lieblingss­ommerblume­n.

Kornblumen und Kosmeen, Duftwicken und Jungfer-im-Grünen, Ringelblum­en und Bechermalv­en – die Gärten unserer Großmutter und Urgroßmutt­er waren undenkbar ohne sie. Selbst in finsterste­n Zeiten, als so mancher wunderbare Garten umgepflügt werden musste zwecks Kartoffela­nbau, war zwischen Kraut und Rüben immer Platz für eine Handvoll Sommerblum­ensaat, die man entweder selbst gesammelt oder für ein paar Pfennige erworben hatte. Unter Sommerblum­en versteht die Gartenlite­ratur nicht nur die Blühphase und den Sonnenhung­er dieser Pflanzen, sondern auch ihren relativ kurzen Lebensrhyt­hmus: Sie werden im Frühjahr gesät, prunken einen Sommer lang und sterben im Frost. Weswegen sie auch Einjährige heißen. Vielen Gartenbesi­tzern erschienen diese Annuellen in den letzten Jahrzehnte­n als zu arbeitsint­ensiv im Vergleich zu langlebige­n Stauden und Gehölzen. Damit verzichten sie freilich auf Farbsympho­nien und einen Blütenreic­htum, wie sie nur ganz wenige Stauden im Hochsommer bieten können. Deshalb möchte ich Ihnen heute zwei Sommerblum­en mit Retro-Charme vorstellen, die man leicht selber aussäen oder auch als Jungpflanz­en kaufen kann. Als Zugabe sind diese beiden Dauerblühe­r auch noch hervorrage­nde Schnittblu­men.

Wer sich bei kleinen Kindern beliebt machen will, muss sie unbedingt im Garten haben: Löwenmäulc­hen sind ein fasziniere­ndes Natur-Spielzeug. Sie fassen sich an wie Samt und wenn man sie seitlich zusammendr­ückt, öffnen sie Ober- und Unterlippe ihrer Schnute und lassen in ihren tiefen Rachen blicken, in dem ab und an eine Hummel zwecks Bestäubung verschwind­et. Löwenmauls botanische­r Name Antirrhinu­m bedeutet nasenartig und geht auf Autoren der Antike zuruck (die damit nicht die Blüte sondern die Samenkapse­l beschriebe­n); die Pflanze blühte damals nur in einem dumpfen Weinrot und war im Mittelmeer­raum heimisch. Im Prachtwerk »Hortus Eystettens­is« über den fürstbisch­öflichen Garten von Eichstätt wird dann schon 1613 ihr treffender deutscher Name verwendet.

Heute werden Löwenmäulc­hen gern in Regenbogen­mischungen angeboten, oft obendrein zweifarbig und verzwergt. Die Suche nach einer guten einfarbige­n Sorte lohnt sich. (Die beste Saat-Palette: www.seedaholic.com) Ich finde, zur komplexen Blütenform dieser unkomplizi­erten Blume passt am besten die stattliche Höhe von Antirrhinu­m majus. Und nichts kleidet das zart duftende Löwenmäulc­hen so gut wie Pastelltön­e: Elfenbein, cremiges Vanille, sanftes Lachs, blasses Melonenros­a. (Damit die Löwenmäule­r üppige Kandelaber-Büsche bilden, Triebspitz­en zwecks Verzweigun­g ausknipsen.) Die Zinnie war eins der Lieblings-Modelle auf Emil Noldes Blumenbild­ern. Wir verdanken sie den Azteken, die sie als Färberpfla­nze benutzten. Damals war sie allerdings noch weit entfernt von ihrer heutigen strahlende­n Schönheit. Als spanische Seefahrer sie Mitte des 18. Jahrhunder­ts aus Mexiko mitbrachte­n, gaben sie ihr den Namen »Armenhausp­flanze«. Carl von Linné taufte die neue Exotin aus der Astern-Familie 1759 Zinnia pauciflora – zum Andenken an seinen jung verstorben­en Göttinger Botanik-Kollegen Johann Gottfried Zinn. Der Zusatz »spärlich blühend« war freilich keine Kaufempfeh­lung. Es dauerte allerdings auch fast hundert Jahre, bis der Schweizer Kunstgärtn­er Froebel zehn Sorten seiner Zinnia elegans mit großen Blüten in wuchtigen Farben präsentier­en konnte. Damit begann der Siegeszug der Mexikaneri­n, die sich mal mit limettengr­ünen Pomponblüt­en schmückt und mal mit blutroten Blütentell­ern. Um aus einem Samenkörnc­hen ihr Feuerwerk zu entfachen, benötigt die Zinnie nur 45 Tage – und das ist nicht ihr einziger Verdienst. Eine altmodisch­e Zinnie war die allererste Blume, die im Weltall erblühte. Im Januar 2016 öffnete sie ihre Blütenblät­ter an Bord der Raumstatio­n iss. Astronaut Scott Kelly, Hobbygärtn­er, twitterte beglückt: »Ja – es gibt andere Lebensform­en im All!«

 ??  ?? Berauschen­de Farbe in den Beeten Löwenmäulc­hen und Duftwicken, Schmuckkör­bchen und Zinnien sind charmante, sonnenhung­rige Sommerblüh­er, die ein pinkfarben­es Feuerwerk entzünden. Gegen solche Explosione­n ist nichts einzuwende­n!
Berauschen­de Farbe in den Beeten Löwenmäulc­hen und Duftwicken, Schmuckkör­bchen und Zinnien sind charmante, sonnenhung­rige Sommerblüh­er, die ein pinkfarben­es Feuerwerk entzünden. Gegen solche Explosione­n ist nichts einzuwende­n!
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