Auf den Baustellen wird der Sand knapp
Engpässe bei bestimmten Sorten zur Herstellung von Beton treiben die Immobilienpreise
Deutschland hat von Natur aus viel Sand, doch Anwohner und Umweltschützer wehren sich gegen neue Abbaugruben. Nun warnt die Bauwirtschaft vor Engpässen in Städten. Denn im Immobilienboom geht mancherorts der Sand für Beton aus. Jeder Deutsche verbraucht pro Jahr neun Tonnen Sand.
Frankfurt. Er lagert in Auen am Rhein, in Nord- und Ostdeutschland und im bayerischen Alpenvorland: Das ansonsten rohstoffarme Deutschland hat gewaltige Sandvorkommen; und unbemerkt bestimmen die winzigen Körner zwischen 0,063 und 2 Millimetern Größe den Alltag der Verbraucher. Sand steckt in Glas, Autoscheinwerfern, Smartphone-displays, Kosmetik und sogar Zahnpasta. Er wird genutzt, um Wasser zu filtern oder Züge besser zu bremsen.
„Rechnerisch verbraucht jeder Deutsche ein Kilo Gestein pro Stunde“, sagt Bert Vulpius, Geschäftsführer des Unternehmerverbands Mineralische Baustoffe. Pro Jahr seien das fast neun Tonnen. Doch Sand und der gröbere Kies sind knapp; vor allem am Bau, wo sie für Beton, Ziegel, Asphalt und Mörtel gebraucht werden. Im Immobilienboom, der nun schon seit fast zehn Jahren anhält, ist die Nachfrage nach dem Rohstoff rasant gestiegen. Schon warnt die Bau- und Ingenieurbranche vor Sand-mangel. Er verteure Beton und treibe die Baupreise hoch, und damit die Mieten in den Städten. Bei bestimmten Sorten für die Beton-produktion gebe es „akute Probleme“bei der Lieferung, erklärte der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). Die Folge seien kräftige Preisanstiege: Beton habe sich etwa in Berlin in den vergangenen neun Monaten um rund zehn Prozent verteuert. Auch in Köln und Düsseldorf gebe es immer wieder zeitlich begrenzte Engpässe.
Bei frisch gemischtem Beton beispielsweise wird es eng. Bei diesem Transportbeton gebe es Probleme in der Versorgung mit Zuschlagstoffen wie Sand oder Kies, sagt Vulpius, vor allem in Ballungsräumen, wo Lagerstätten fehlten. Gerade im dicht besiedelten Süddeutschland werde es immer schwerer, Flächen für den Rohstoffabbau zu bekommen. Zwar hat Deutschland reiche natürliche Vorkommen an Sand, erklärt die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Die rund 2000 Sand- und Kiesgruben hierzulande gewinnen 240 Millionen Tonnen Bausand und Kies pro Jahr. Ein Groß- teil der Vorkommen liege allerdings in Naturschutzgebieten, unter Wohn- und Gewerbeflächen und sei damit nicht abbaubar. Auch Bauern wollen in Zeiten steigender Grundpreise keine Äcker verkaufen. Auch Importe seien kaum eine Lösung, sagt Vulpius. Denn die tonnenschwere Last des Sandes macht Transporte perlkwteuer.
Mit dem Sand-mangel steht Deutschland nicht alleine da. Weltweit schwinden die Vorkommen, etwa in den boomenden Schwellenländern Asiens. „Sand und Kies sind die am meisten abgebauten Ressourcen der Welt“, so Aurora Torres, Wissenschaftlerin am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung in Leipzig. In Indien zeigten sich schon extreme Folgen: Dort führe Sandknappheit zum Aus für Bauprojekte.