Von der Muse geküsst
Lyambiko ist sicherlich eine der bemerkenswertesten Jazzsängerinnen in Deutschland. Ach was, Jazz – die 1978 in Thüringen als Sandy Müller geborene mit Vater aus Tansania (Nachname Lyambiko) singt, was ihr gefällt. Bei einem Album waren es Lieder von Nina Simone, bei einem anderen Songs von Gershwin. Auf der jetzt frisch in den Handel gekommenen CD „Muse“lässt sie sich von Frauen inspirieren.
Da hört man ein wunderschönes „Besame mucho“– dass das weltberühmte Lied 1941 von der Mexikanerin Consuelo Velazquez geschrieben wurde, ist angesichts all der Coverversionen ziemlich untergegangen. „Horacio“stammt von Jutta Hipp, einer Leipziger Pianistin, die einst als Europas „First Lady in Jazz“galt. Songs von Steve Nicks sind dabei (Fleetwood Mac 1977), von Aki Takase oder Julia Hülsmann – die beiden letzteren deutlich in der Berliner Szene zu vernehmen und darüber hinaus. An Abbey Lincoln, Sängerin, US-Bürgerrechtsaktivistin und Ehefrau von Max Roach, erinnert Lyambiko mit „And I Hoped for Your Love“. Einen Song hat Lyambiko selbst beigesteuert.
Dies alles interpretiert sie ebenso behutsam wie feinfühlig, begleitet von ihrem Trio, bei dem der US-Pianist Marque Lowenthal begnadeter Begleiter ist. Nun, ein Stück stammt nicht von weiblicher Hand, sondern von Charles Mingus, „Goodbye Pork Pie Hat“, spontan zum Tode Lester Youngs geschrieben. Doch auch hier ist eine Frau im Spiel: Joni Mitchell verfasste 20 Jahre später einen Text zu diesem Instrumentalklassiker, machte ihn zu ihrem eigenen Song. Wer also nicht auf Spektakel gebürstet ist, einfühlsame Ausflüge in Vergangenheit und Gegenwart schätzt: Here we go! (bgw) Lyambiko: Muse, Sony Classical. Die Sängerin tritt mit Band am 3. März in Zürich auf sowie am 8. März im Parktheater Göggingen in Augsburg.