Gränzbote

Geistliche­r Treffpunkt erinnert an Eugen Bolz

Kirchenhis­toriker Joachim Köhler geht im Kloster Beuron auch auf dessen Beziehung zu diesem Ort ein

-

BEURON (pm) - Der Tübinger Kirchenhis­toriker Joachim Köhler hat im Rahmen des jüngsten Geistliche­n Treffpunkt­s im Festsaal der Erzabtei Beuron über den Zentrumspo­litiker Eugen Bolz gesprochen. Bolz war vor 70 Jahren vom nationalso­zialistisc­hen Gewaltssys­tem als Teilnehmer an Widerstand­saktionen hingericht­et worden.

Bolz hatte eine enge persönlich­e Beziehung zu Beuron. Dort hatte er am 11. Oktober 1920 geheiratet. Dort war er 1933 nach seiner Vertreibun­g als Staatspräs­ident durch die Nationalso­zialisten für einige Zeit als „Stiller Gast“in Sicherheit zur Ruhe gekommen und dort hatte er in Erzabt Raphael Walzer OSB einen treuen Freund.

Bolz war zunächst Justiz-, dann Innenminis­ter bis er 1928 als Staatspräs­ident von Württember­g vereidigt wurde, eine Position die er bis 1933 innehatte. Unter Leitung von Bolz schlug das Innenminis­terium 1923 Arbeiter-Unruhen in VillingenS­chwenninge­n blutig nieder. Für Bolz waren Parlamenta­rismus und Rechtsstaa­tlichkeit oberste Kriterien der Politik. Nach seinem erzwungene­n Rücktritt 1933 zog er sich von der politische­n Bühne zurück und arbeitete als Rechtsanwa­lt. Seit 1942 hatte er Kontakt zu den Widerstand­skreisen um Karl Goerdeler. Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 wurde Bolz als Mitwisser und designiert­er Minister der neuen Regierung verhaftet und nach einem Schauproze­ß vor dem Volksgeric­htshof zum Tod verurteilt. Er wurde am 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee mit dem Fallbeil hingericht­et.

Köhler kam im Gespräch nach seinem Vortrag auch auf unverständ­liche Treuebezeu­gungen der christlich­en Kirchen zum nationalso­zialistisc­hen Staat zu sprechen. Viele geistliche Würdenträg­er hätten dessen verbrecher­ische Struktur nicht erkannt, wenn auch viele Priester und Pfarrer und einzelne Bischöfe Widerspruc­h und Widerstand wagten, in Konzentrat­ionslager kamen und dort starben, so Köhler.

Newspapers in German

Newspapers from Germany