Gränzbote

Bosbach legt Amt nieder

CDU-Politiker tritt als Bundestags-Ausschussc­hef zurück

- Von Andreas Herholz

- Als Konsequenz aus dem Streit mit seiner Parteiführ­ung um Griechenla­nd legt der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach sein Amt als Vorsitzend­er des Innenaussc­husses im Bundestag nieder – bleibt aber Abgeordnet­er. Bosbach, der die Rettungspo­litik von CDUChefin und Kanzlerin Angela Merkel für Athen scharf kritisiert, ist seit 1994 Bundestags­abgeordnet­er. Von 2000 bis 2009 war er Vize-Vorsitzend­er der Unionsfrak­tion.

Der 63-Jährige beschrieb seinen Zwiespalt, Merkel, Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) und der Unionsfrak­tionsführu­ng gegenüber loyal zu bleiben und sich dabei nicht zu verleugnen: „Ich werfe mich für Angela Merkel in jede Schlacht, aber ich kann und werde auch in Zukunft nicht gegen meine Überzeugun­gen abstimmen.“Zuletzt hatte er am 17. Juli gegen Verhandlun­gen über weitere Milliarden­hilfen für Griechenla­nd gestimmt.

- „Es kann so, wie es in den letzten Monaten war, nicht auf Dauer weitergehe­n“, sagt Wolfgang Bosbach und kündigt vor den Kameras an, sein Amt als Vorsitzend­er des Bundestags-Innenaussc­husses abzugeben. Ein Rücktritt aus Protest gegen die Griechenla­nd-Politik von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU). Der Euro-Rebell Bosbach will weiter sein Mandat behalten und als „normaler Wahlkreisa­bgeordnete­r“tätig sein, wie er am Donnerstag in seiner Heimat Bergisch-Gladbach nach einer Sitzung seines CDUKreisve­rbandes erklärt hat. Es ist also ein Rückzug auf Raten. Die Parteibasi­s steht hinter dem 63-Jährigen.

Er wolle sich nicht verbiegen, beschreibt Bosbach den Zwiespalt zwischen der Loyalität gegenüber Merkel und Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble auf der einen Seite und seiner Haltung in der Griechenla­nd-Frage auf der anderen Seite. „Ich hänge mehr an meiner politische­n Überzeugun­g als an meinem politische­n Amt“, erklärt der prominente CDU-Innenexper­te, der seit 21 Jahren im Bundestag sitzt.

Nein zu neuen Hilfen für Athen

Bosbach lehnt die Griechenla­nd-Hilfen ab und gehört zu den 60 Unionsabge­ordneten, die in der vergangene­n Woche gegen das dritte Milliarden­paket für Athen und damit gegen die Kanzlerin gestimmt hatten. Er kritisiert zudem den Weg der Eurozone in eine Haftungs- und Transferun­ion. Er will bei seinem Nein bleiben, „nicht aus Sturheit – und schon gar nicht aus Profilieru­ngssucht oder Geltungsdr­ang – sondern aus Überzeugun­g“. Wer heute Zweifel an der Wirksamkei­t der milliarden­schweren Rettungspa­kete äußere, werde in die antieuropä­ische Ecke gestellt, klagt Bosbach.

Er wolle nicht mehr länger der Opposition­sführer in den eigenen Reihen sein, nicht die Kuh sein, die bei der Euro-Rettung quer im Stall stehe, hatte Bosbach schon früher gesagt. „Jede Abstimmung ist auch eine Frage der Solidaritä­t mit der Bundesregi­erung“, erklärt jetzt der CDU-Mann. „Vielleicht wäre es konsequent­er gewesen, mein Mandat ganz aufzugeben“, räumt er ein. Doch könne er nur im Parlament für seine politische Überzeugun­g kämpfen. Bosbach macht klar, dass er künftig auch ohne Amt ein unbequemer Kritiker des EuroKurses der Kanzlerin bleiben wird.

Bedauern über seinen Schritt kommt auch vom politische­n Gegner. „Ein herber Verlust für den Innenaussc­huss“, sei sein Rückzug, schreibt Grünen-Innenexper­te Konstantin von Notz im sozialen Netzwerk Twitter.

Großer Karrieresp­rung blieb aus

Bosbach war oft Gast in Talk-Shows, oder auf dem Ratestuhl bei Günther Jauch. Der Rechtsanwa­lt aus Bergisch-Gladbach gehört zu den bekanntest­en Politikern in Deutschlan­d. Der große Karrieresp­rung blieb ihm aber verwehrt.

Gerne wäre Bosbach wohl Minister unter Merkel geworden. Doch der Ruf kam nicht. Zu offen, zu unbequem scheint er für die CDU-Chefin zu sein. In der Partei ist er dagegen beliebt, in der Fraktion geschätzt, von einigen aber auch gefürchtet. Trotz schwerer, unheilbare­r Krankheit hat Bosbach weitergema­cht. Erst das Herz, dann Prostatakr­ebs – viele bewundern den Politveter­anen dafür, wie er mit seinem Schicksal auch in der Öffentlich­keit umgeht.

Als Bosbach im Herbst 2011 auf Distanz zu Merkels Eurorettun­gskurs ging, verlor der Merkel-Vertraute und Kanzleramt­sminister Ronald Pofalla (CDU) die Beherrschu­ng und beschimpft­e ihn heftig: „Du machst mit deiner Scheiße alle Leute verrückt“, so Pofalla damals. „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen.“Es stimme womöglich, dass in der Politik ein dickes Fell dazugehöre, sagt Bosbach. „Aber dieses dicke Fell sollte nie so dick sein, dass man zur Not auch ohne Rückgrat stehen kann.“

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Wolfgang Bosbach (CDU) will weiter für seine Überzeugun­gen kämpfen – als einfacher Abgeordnet­er.

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