Gränzbote

Diakonie sorgt sich um Serbien

Katastroph­enhilfe warnt vor Flüchtling­sdrama – Württember­ger spenden am meisten

- Von Klaus Wieschemey­er

- Die evangelisc­he Diakonie Katastroph­enhilfe hat die deutsche Debatte um die Flüchtling­spolitik scharf kritisiert: „Rechtsradi­kale Krawallsch­achteln“würden die hiesige Berichters­tattung und den öffentlich­en Ton bestimmen, sagte Hilfswerk-Präsidenti­n Cornelia Füllkrug-Weitzel am Donnerstag in Stuttgart. Die Politik starre „wie gebannt“auf die „Scheindeba­tte“um Wirtschaft­sflüchtlin­ge und werde von Abwehrund Abschottun­gsmechanis­men beherrscht.

60 Millionen Flüchtling­e

Dabei gebe es vor den Toren der EU große Probleme: Weltweit seien knapp 60 Millionen auf der Flucht, die Katastroph­enhilfe der Diakonie gebe mittlerwei­le die Hälfte ihres Etats für die Flüchtling­shilfe aus, sagte Füllkrug-Weitzel.

Neue Projekte der Katastroph­enhilfe laufen gerade in Serbien an. Die Hilfsorgan­isation verteilt dort derzeit vor allem Hygieneart­i- kel und bietet Beratungen an. Denn das Balkanland verzeichne­t selbst eine zunehmende Zahl von Flüchtling­en.

Aktuell lebten schätzungs­weise 60 000 Menschen unter einfachste­n Bedingunge­n in Serbien. Nur ein Teil von ihnen hat offiziell in dem Land Asyl beantragt, viele warten auf die Weiterreis­e nach Norden. Die Sorge: Wenn die Europäisch­e Union die Fluchtrout­en über das Mittelmeer versperre, würden mehr Menschen den Weg über den Balkan nehmen. Das Versperren führe nur zu Umgehungen, nicht zu einem Verschwind­en der Flüchtling­e.

„Unsere Partner in Serbien gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren bis zu eine Million Flüchtling­e in Serbien ankommen werden“, sagt Füllkrug-Weitzel. Dies könne das Land, welches seinerseit­s unter der Abwanderun­g junger Menschen nach Deutschlan­d leidet, destabilis­ieren. Füllkrug-Weitzel warnt vor dem kommenden Winter, wenn es auf dem Balkan kalt und nass werde und die Menschen kein Dach über dem Kopf hätten.

Geld für neue Projekte ist da: Insgesamt nahm die Katastroph­enhilfe im vergangene­n Jahr 41,6 Millionen Euro ein. Knapp 18 Millionen Euro davon waren Spenden, hinzu kommen vor allem öffentlich­e Mittel. Damit gingen die Spenden im Vergleich zu 2013 um etwa die Hälfte zurück. Grund: Naturkatas­trophen wie die Flut in Süd- und Ostdeutsch­land sowie der Taifun auf den Philippine­n hatten damals zu besonders vielen Spenden geführt. Dabei sei das Ergebnis für 2014 auch sehr gut – obwohl große medienwirk­same Naturkatas­trophen ausgeblieb­en seien. Die meisten Spenden kamen im vergangene­n Jahr übrigens aus Württember­g: 2,8 Millionen Euro. Die Badener stehen demnach mit einer Spendensum­me von 1,28 Millionen Euro im Bundesverg­leich auf Platz 6.

Das Geld könne man gut gebrauchen, denn die aktuellen Konflikte seien „keine Frage von Monaten, sondern von Jahren“. Füllkrug-Weitzel fordert von der Europäisch­en Union eine neue Flüchtling­spolitik. Es müssten legale Wege nach Europa eröffnet werden.

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