Guantanamo-Schließung rückt in greifbare Nähe
Erhält US-Präsident Barack Obama doch noch die Chance, Guantanamo zu schließen? Das Weiße Haus hat seinen Plan zur Schließung des umstrittenen Gefangenlagers auf Kuba fast fertig. Die Arbeiten an dem Entwurf befänden sich in der „Endphase“, sagte USPräsidentensprecher Josh Earnest am Mittwoch. Letzten Klärungsbedarf gebe es noch bei der Frage, wie viele Gefangene in Drittländer transferiert werden könnten – und bei der Strafverfolgung jener, die nach bisherigen Plänen vor Militärtribunale gestellt werden sollen.
Der republikanische Senator John McCain war 2008 Obamas Gegner als Präsidentschaftskandidat, aber die Beiden haben eines gemein: Sie wollen das Lager so schnell wie möglich schließen. Unmittelbar nach seiner Amtseinführung 2009 hatte Obama bereits angeordnet, das Gefängnis innerhalb eines Jahres dicht zu machen. Bürokratische Probleme und eine Blockade durch den Kongress haben das seither verhindert.
Seit die Republikaner auch im Senat die Oberhand haben, ist McCain Vorsitzender des Militärausschusses und diese Position will er nun nutzen. McCain hat dazu einen eigenen Gesetzesentwurf eingebracht. Bei einer Genehmigung durch den Kongress könnten die verbleibenden Gefangenen für Prozesse oder zur Inhaftierung aufs US-Festland gebracht werden. Das würde viel Geld sparen: Die derzeitige Verwahrung kostet mit knapp drei Millionen Dollar pro Person und Jahr bis zu 100mal so viel wie in einem Hochsicherheitsgefängnis in den USA.
„Beste Chance“für Obama
Die zuständigen Ausschüsse wollen sich noch bis zum Wochenende einigen. Ein anonymer Regierungsvertreter bezeichnete McCains Vorstoß gegenüber dem „Politico“als „unsere beste Chance“. Allerdings gibt es Widerstand im Weißen Haus gegen die republikanischen Gesetzesentwürfe: Der Präsident sieht darin eine Einschränkung seiner Exekutivgewalt.
Das Lager auf dem US-Stützpunkt Guantanamo Bay wurde 2002 geöffnet – nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und dem Be- ginn des US-Militäreinsatzes in Afghanistan. Ziel war es, Terrorverdächtige ohne KriegsgefangenenStatus dort festzuhalten.
Zeitweise befanden sich mehr als 800 Männer in dem Lager, inzwischen sind es noch 116. Ein Großteil der Insassen kommt aus dem Jemen, ihre Abschiebung ist wegen des Bürgerkriegs in dem arabischen Land nicht möglich. Derzeit warten 52 Häftlinge, die als ungefährlich gelten, in dem Lager auf ihre Freilassung.
Anklagen oder gar Prozesse gab es in Guantanamo nur selten – die meisten Gefangenen wurden und werden ohne Gerichtsverfahren festgehalten. Dies löste vor allem im Ausland heftige Proteste aus, die aber in den vergangenen Jahren zunehmend leiser geworden sind.