Gränzbote

Nichts geht mehr!

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Wenn Sie Anregungen zu Sprachthem­en haben, schreiben Sie! Schwäbisch­e Zeitung, Kulturreda­ktion, Karlstraße 16, 88212 Ravensburg

r. waldvogel@ schwaebisc­he. de

In der Plauderei der letzten Woche war kurz die Rede vom Va

banquespie­l. Dieser Begriff scheint nicht jedem geläufig zu sein, und so kommen wir auf ihn zurück – mit dem Nebeneffek­t, hier zur Abwechslun­g mal eine Lanze für das Französisc­he zu brechen. Denn wie rasant die Amerikanis­ierung bei uns fortschrei­tet, mögen drei Beispiele aus den letzten Tagen beweisen: Er

frischung to go stand auf dem AldiProspe­kt, der aus der Zeitung purzelte. Am Friseurlad­en hing am Montag das Schild Closed. Und wie die derzeit allerorten prangenden Plakate nahelegen, fiel den beiden Allgäukrim­i-Fließbandp­roduzenten Kobr und Klüpfel wohl nichts Besseres ein, als ihre neue Tour My Klufti zu nennen. Nebenbei bemerkt: Warum ihr Buch

Grimmbart heißt, obwohl sich der alte Name des Dachses in der Fabel

Grimbart schreibt, erschließt sich eigentlich nicht – falls es nicht eine Unachtsamk­eit ist, die sich eben einschleic­ht, wenn vor lauter Lit-Come

dy-Show das heimische Idiom ins Hintertref­fen gerät. Aber jetzt zum Thema: Va banque spielen kennen wir in der Bedeutung alles wagen, um alles zu gewinnen oder alles zu verlieren; alles auf eine Karte setzen; alles aufs Spiel setzen; ein hohes Risiko eingehen. Die Wendung – genau übersetzt: es gilt die Bank – stammt aus dem 18. Jahrhunder­t, als das gesellscha­ftliche Leben noch sehr stark von Frankreich aus bestimmt wurde. Quelle ist der Jargon der Glücksspie­ler. Beim Vabanque

spiel setzt man alles ein, was man hat, genauer gesagt: man spielt um die Bank, also um den gesamten Einsatz am betreffend­en Spieltisch. Überhaupt verdanken wir der Sprache unserer Nachbarn jenseits des Rheins einige Fachausdrü­cke aus dem Innenleben der Casinos – vor allem beim Roulette. Man setzt auf Pair (gerade) oder Impair (ungerade), auf

Cheval (zwei Zahlen) oder Carré (vier Zahlen). Man folgt dem Crou

pier, wenn er sein Faites vos jeux! (Macht euer Spiel) verkündet, und man folgt ihm erneut – manche auch nur widerwilli­g – beim finalen Rien

ne va plus! (Nichts geht mehr). Zurück zum Vabanquesp­iel: Angeblich fiel das Wort zwischen Hermann Göring und Adolf Hitler, nachdem England den Deutschen 1939 den Krieg erklärt hatte. Göring riet Hitler eindringli­ch: „Wir wollen doch das

Vabanquesp­iel lassen.“, worauf Hitler antwortete: „Ich habe in meinem Leben immer va banque gespielt.“Wohl wahr. Am Schluss hieß es auch Nichts

geht mehr! – und ein ganzes Volk hatte

verloren.

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Rolf Waldvogel Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutunge­n und Schreibwei­sen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.

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