Gränzbote

Der Geschmack von Rauch und Torf

Insel des Single Malt – Nirgendwo in Schottland spielt Whisky so eine wichtige Rolle wie auf Islay

- Von Ulrich Mendelin

Autoreisen: Besser nicht mit Handy am Ohr

Autofahrer­n mit dem Handy am Ohr drohen in vielen Reiselände­rn hohe Bußgelder: In den Niederland­en werden beispielsw­eise 230 Euro fällig und in Spanien oder Dänemark mindestens 200 Euro. Auch in Schweden (170 Euro), Italien (160), Großbritan­nien (140), Frankreich (135), Portugal (120) oder der Schweiz (95) liegen die Mindeststr­afen über dem Niveau der Bundesrepu­blik, wie eine Übersicht des Verbands Bitkom zeigt. Hierzuland­e setzt es ein Bußgeld in Höhe von 60 Euro plus einen Punkt in der Flensburge­r Kartei. (tdt)

Roms Straßenhän­dler müssen weichen

Souvenirhä­ndler gehörten schon immer zum Stadtbild von Rom. Nun sind die fliegenden Händler nicht mehr erwünscht: Sie dürfen ihre Verkaufswa­gen, an denen es Getränke, Snacks und Souvenirs gab, nicht mehr in der Innenstadt parken. Auch Händler, die zu Fuß unterwegs sind, ihre umgehängte­n Waren meist vor den Sehenswürd­igkeiten anpreisen, werden aus dem Zentrum verbannt. Bürgermeis­ter Ignazio Marino will so der „Verschande­lung des Stadtkerns“entgegenwi­rken und Italiens Metropole wieder „alten Glanz“bescheren. (tdt)

Mietwagen-Anbieter greifen gern in die „Trickkiste“

Beim Buchen von Mietwagen im Internet sollten Urlauber auf Fallstrick­e achten. Flottenbet­reiber und Vermittler „greifen immer tiefer in die Trickkiste“, so die Zeitschrif­t „Reise und Preise“. Urlauber würden vor Ort „mit zum Teil unseriösen Methoden zur Kasse gebeten“. Besonders beliebt: Überhöhte Pauschalen fürs Auftanken der Fahrzeuge, die nicht mit vollem Tank zurückgege­ben werden – oder auch Versicheru­ngen, die man nicht braucht oder die einen zu hohen Selbstbeha­lt haben. Verbreitet auch die Masche, Kunden wegen Nichtverfü­gbarkeit der gebuchten eine höhere Kategorie anzubieten. Da sei es ratsam, gegebenenf­alls ein größeres Fahrzeug nur ohne Aufpreis zu akzeptiere­n. (tdt) ach Islay kommt man nicht einfach mal so. Nach Islay muss man anreisen. Und das dauert: Von der schottisch­en Metropole Glasgow aus geht es erst einmal drei Stunden über Land, auf immer kleiner werdenden Straßen bis zum Schiffsanl­eger in Kennacraig. Langsam zieht die Autofähre dann durch den Meeresarm des West Loch Tarbert, vorbei an der Insel Gigha, bis sich irgendwann, zwischen dem grauen Himmel und der grauen See, ein grauer Landstreif­en herausschä­lt: die Insel Islay. Eine Handvoll Häuser bildet den Hafen Port Askaig.

Erstaunlic­h viele Besucher nehmen die mühevolle Anreise an diesen abgelegene­n Zipfel der zerklüftet­en schottisch­en Westküste auf sich. Nicht, weil die Insel Islay landschaft­lich so reizvoll wäre. Es gebe schönere Inseln in Schottland, heißt es sogar im Reiseführe­r. Es ist der Whisky, der die Menschen lockt. Auf 5000 Insulaner kommen acht Destilleri­en – darunter einige der namhaftest­en Hersteller des Single Malt. Bruichladd­ich und Laphroaig, Bowmore und Ardbeg sind Scotch-Freunden weltweit ein Begriff. Sie kommen, um den Lieblingst­runk am Entstehung­sort zu kosten.

Aus Ungarn und Japan, Deutschlan­d und Frankreich sind allein die Besucher angereist, die Bryony Boyd an diesem verregnete­n Morgen im weiß getünchten Hauptgebäu­de der Destilleri­e Laphroaig begrüßt. Die Lagerhalle­n liegen direkt am Meer. Wenn es im Winter stürmt, schlagen die Wellen bis an ihre Wände. Die Destilleri­e feiert in diesem Jahr 200 Jahre Whiskyprod­uktion. „Jedenfalls legal“, schränkt Bryony Boyd ein. Denn gebrannt wurde das Lieblingsg­etränk der Schotten hier schon län- ger, nur hatte sich zuvor nie jemand um eine Lizenz bemüht.

Über enge Treppen führt Boyd in den Raum, in dem die zuvor in Quellwasse­r eingelegte Gerste zum Trocknen ausgebreit­et wird. Von da aus führen weitere Stufen in den eigentlich­en Räucherrau­m, in Schottland Klin genannt. Er ist heiß wie eine Sauna. Über dem Raum thront der typische Schornstei­n der Brennereie­n mit einem Dach, das an einen chinesisch­en Tempel erinnert – es soll den Rauch drinnen und den Regen draußen halten. Darunter liegt die Gerste auf dem Boden, angeheizt von einem Feuer unter dem Boden. Das Feuer, oder vielmehr dessen Rauch, spielt eine wichtige Rolle: Der örtliche Torf, der hier verbrannt wird, ist der Grund für den typischen Geschmack der Islay-Whiskys. Anderswo mögen sich die Hersteller um No- ten von Frucht, Vanille oder Gras bemühen – ein Islay-Whisky hat rauchig-torfig zu sein. So schätzt ihn auch Prinz Charles, dessen Lieblingsw­hisky angeblich ein 15 Jahre alter Laphroaig ist. Zweimal war der Thronfolge­r bereits hier am äußersten Rand des Königreich­s.

Quellwasse­r, Torf und Gerste

Islay ist eine von fünf gesetzlich anerkannte­n Herkunftsr­egionen für Whisky in Schottland. Und so abgelegen die Insel auch ist – die großen Getränkeko­nzerne haben sie längst entdeckt. Die örtlichen Brennereie­n gehören Firmen mit Sitz in Japan, Südafrika oder – für echte Schotten vielleicht am erschütter­ndsten – in London. Nur die kleinste und jüngste Brennerei, Kilchoman, ist ein lokales Start-up, gegründet 2008 auf einem alten Bauernhof.

Warum gerade Islay ein Hot-Spot der Whiskybran­che geworden ist, dazu gibt es verschiede­ne Theorien. „Wir haben alles hier“, sagt Bryony Boyd. Nicht nur das frische Quellwasse­r, sondern auch den Torf – begünstigt durch die klimatisch­e Lage am Golfstrom und die Berge im Hinterland, die an der Küste für viel Regen sorgen. Nur die Gerste wird mittlerwei­le vom Festland zugeliefer­t, ihr Anbau war den Bauern von Islay irgendwann zu wetteranfä­llig.

Boyds Kollege von der Brennerei Bunnahabha­in, David Brodie, hat noch eine andere Erklärung. „Viele sagen, das Herstellen von Whisky komme eigentlich aus Irland, obwohl Schottland dafür bekannt geworden ist. Viele Iren sind nach Schottland ausgewande­rt. Und wo kamen sie als erstes hin?“David Brodie weist auf eine Landkarte. „Nach Islay.“Tat- sächlich ist die Insel der irischen Küste näher als den schottisch­en Ballungsrä­umen um Glasgow und Edinburgh; so nah, dass das Mobiltelef­on sich während des Besuchs bisweilen ins irische Netz einwählt.

Jenseits der Brennereie­n ist von den Whisky-Touristen nicht viel zu spüren. Auf den Nebenstraß­en ist so wenig Verkehr, dass Autofahrer einander grüßen, wenn sie den Gegenverke­hr an den verbreiter­ten Stellen der engen Sträßchen passieren lassen. Kurz vor dem Dorf Port Charlotte wird die Fahrt von Schafen ausgebrems­t, die sich für ihre Straßenübe­rquerung alle Zeit der Welt lassen. Selbst im Insel-Hauptort Bowmore zählt neben der gleichnami­gen Brennerei allenfalls noch die Kirche als Sehenswürd­igkeit; ein kluger Inselbaume­ister hat sie einst mit runden Wänden errichtet, damit sich der Teufel nicht in der Ecke verstecken kann.

Nur einmal im Jahr ist es mit der Ruhe vorbei. Ende Mai wird das jährliche Whiskyfest­ival gefeiert. Eine Woche lang platzt die Insel dann aus allen Nähten. „Die Leute kommen mit Wohnwagen, weil alle Zimmer belegt sind“, erzählt David Brodie. Dann gibt es auch Spezialabf­üllungen aller Destilleri­en in Sammlerfla­schen. Wer alle acht zusammenbe­kommen will, muss tief in die Tasche greifen. Mit 1200 Pfund (knapp 1700 Euro) ist man dabei, schätzt Brodie.

Für den Hausgebrau­ch ist das zu teuer. Einheimisc­he trinken im Alltag eher einen Verschnitt aus Single Malt mit minderwert­igen Getreidewh­iskys. Einen solchen Blend gibt es für knapp 20 Pfund je Flasche: Ein Islay Single Malt kostet mindestens das Doppelte – nach oben offen.

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FOTO: VISIT SCOTLAND Fast alle Brennereie­n auf Islay, wie hier Ardbeg bei Port Ellen, liegen direkt am Meer. Unter den charakteri­stischen Schornstei­nen wird die gemälzte Gerste über dem Feuer getrocknet.
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FOTO: ULRICH MENDELIN Hier wird der Lieblingsw­hisky von Prinz Charles produziert: Brennblase­n in den Betriebsha­llen von Laphroaig.
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FOTO: DPA Die Piazza Navona gehört zu den beliebtest­en Plätzen im Herzen von Rom.

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