Langes Verfahren kommt Dealern zugute
Zwei 33-jährige Männer aus dem Landkreis Tuttlingen müssen Geldauflagen nicht zahlen
TUTTLINGEN - Eine Veranstaltung im Gruppenhaus Sennhof bei Singen vom Januar 2010 hat für zwei 33-jährige Männer aus dem Landkreis Tuttlingen ein gerichtliches Nachspiel gehabt, das erst jetzt endete. Damit sind die bereits vor vier Jahren verhängten Haftstrafen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz jetzt rechtskräftig.
Die Männer hatten 2010 in einem Raum des Veranstaltungshauses eine Teestube eingerichtet, in der sie selbst gemischte Tees, Kräuter und Gewürze – aber auch illegale Drogen wie Speed, Haschisch, Marihuana und LSD an die rund 35 Gäste verkauften. Einem verdeckten Ermittler, der sich unter die Besucher gemischt hatte, fiel auf, dass einer der Männer fachkundig Joints drehte. Verständigte Kollegen wurden schließlich auch in den Zimmern, die die Dealer über das Wochenende im Sennhof gemietet hatten, und in ihren Wohnungen im Kreis Tuttlingen fündig. Sie stießen auf weitere Drogen, unter anderem halluzinogene Pilze und auf ein Faustmesser, das vom Gesetzgeber als Waffe eingestuft wird.
Das Amtsgericht Singen verurteilte die Männer vor vier Jahren zu Haftstrafen von je 15 und 20 Mona- ten. Sie wurden mit Geldauflagen zur Bewährung ausgesetzt. Einer der Angeklagten sollte 1500 Euro, der andere 2000 Euro Geldbuße bezahlen. Beide legten rechtzeitig Berufung beim Landgericht Konstanz ein, doch das Verfahren wurde vom inzwischen pensionierten Vorsitzenden der zuständigen Strafkammer offensichtlich vernachlässigt. Nach einem ersten Verhandlungsversuch im März 2012 passierte nichts mehr. Dies wurde jetzt von den Verteidigern der Angeklagten moniert, wobei sie auch bei den Richtern auf Zu- stimmung stießen. Selbst der Vertreter der Staatsanwaltschaft meinte: „Das ist wirklich eine abgehangene Akte“.
Diesmal wollte man zügig zu einem Ende kommen und tauschte Überlegungen zur Vorgehensweise aus, zumal nur ein Punkt von fünf angeklagten Taten bestritten wurde. Sechs Zeugen hätten gehört werden müssen. Und eine neue Verurteilung hätte schon allein wegen der langen Verfahrensdauer milder ausfallen müssen. Andererseits meinte der Vertreter der Staatsanwaltschaft: „Wenn Sie nicht Berufung eingelegt hätte, wären die Strafen schon erlassen.“
Nach kurzen Verhandlungen wurde zunächst eine Verständigung angepeilt, in der gegen Geständnisse mildere Strafen in Aussicht gestellt wurden. Die waren dann aber doch nicht so mild, wie die Verteidiger sich das vorgestellt hatten. Deshalb gingen sie auf den Vorschlag der Staatsanwaltschaft ein, die Berufungen zurückzunehmen. Im Gegenzug erließ das Gericht den beiden Männern die Geldauflagen.