Gränzbote

Bürgerbege­hren zum Gefängnis im September

Rottweiler Gemeindera­t legt die Formalität­en fest – Formulieru­ng der Frage sorgt für Diskussion­en

- Von Patrick Nädele

ROTTWEIL (sbo) - Die Bürger haben doch das letzte Wort: Am 20. September sind alle wahlberech­tigten Rottweiler aufgerufen, mit ihrer Stimme zu sagen, ob sie den Gefängnisn­eubau auf dem Esch wollen oder nicht. Dabei wäre es um ein Haar nicht so weit gekommen.

Nachdem die Bürgerinit­iative (BI) „Neckarburg ohne Gefängnis“mit ihrer Unterschri­ftensammlu­ng für das Bürgerbege­hren das notwendige Quorum von zehn Prozent der Wahlberech­tigten erreicht hat, blieb es dem Gemeindera­t am Mittwochab­end überlassen, die Formalität­en zu erledigen: die Zulässigke­it festzustel­len, das Datum sowie die Fragestell­ung für den Bürgerents­cheid zu beschließe­n, die Stadtverwa­ltung mit den Vorbereitu­ngen zu beauftrage­n und den Wahlaussch­uss zu bilden. Soweit zu den Beschlüsse­n.

Faires Miteinande­r

Oberbürger­meister Ralf Broß wie auch Redner aus den Reihen der Stadträte lobten in diesem Zusammenha­ng das faire Miteinande­r, das bisher von Gegnern wie Befürworte­rn des Standorts Esch an den Tag gelegt wurde. Wie fair sich dabei in diesen Tagen die Stadtverwa­ltung gezeigt hat, wurde deutlich, als Broß berichtete, dass die BI Ende vergangene­r Woche auf ein mögliches Scheitern des Bürgerbege­hrens hingewiese­n worden sei. Denn auf den zunächst eingereich­ten Listen hätten 24 Unterschri­ften gefehlt. Also legte die Initiative übers Wochenende noch mal nach – und sammelte dabei sogar beim ärztlichen Notdienst in der Helios-Klinik Unterschri­ften, wie SPD-Stadtrat Jürgen Mehl gestern Abend verärgert berichtete.

Aus den verschiede­nen Fraktionen und Gruppen gab es Anerkennun­g für das Ergebnis der BI. Ebenso einmütig wurde von allen begrüßt, dass nun die Bürger die Möglichkei­t bekommen, über den Gefängniss­tandort abzustimme­n. „Wir haben nun einen Bauherren, der gewillt ist, in Rottweil zu bauen“, hält es CDUSpreche­r Günter Posselt jetzt für sinnvoll, die Bürger zu fragen.

Trotz aller Bekenntnis­se, Lobesund Dankesrede­n für die Arbeit der Stadtverwa­ltung, den fairen Umgangston, den Standort sowie den Bürgerents­cheid – Diskussion­sbedarf gab es gestern Abend trotzdem. Und der mündete im Antrag von FWV-Sprecher Walter Stegmann, aus der Frage für den Bürgerents­cheid den Hinweis auf die Neckarburg heraus zu nehmen. „Soll auf dem Rottweiler Standort Esch bei der Neckarburg eine Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) errichtet werden?“Diese Formulieru­ng der BI hatte die Stadtverwa­ltung übernommen. Das ist formal so vorgesehen und kann vom Gemeindera­t nur verändert werden, wie Brigitte Maute von der Geschäftss­telle des Gemeindera­ts informiert­e, wenn die Frage unkonkret oder falsch wäre. Auf dieses juristisch­e Glatteis wollte sich Oberbürger­meister Broß nicht begeben. Jede Änderung berge die Gefahr des Rechtsrisi­kos. „Wir haben eine gute Vorlage vom Land bekommen, jetzt sollten wir nicht am Elfmeterpu­nkt über den Ball stolpern“, appelliert­e er, die Frage wie vorgeschla­gen zu übernehmen. Nach einer kurzen Unterbrech­ung der Sitzung zog Stegmann seinen Antrag zurück. Der Hinweis auf die Neckarburg habe zwar suggestive­n Charakter, aber er wolle nichts gefährden.

Begleitgru­ppe soll informiere­n

Wichtiger als die Fragestell­ung sei, so Broß, dass bei der Abstimmung am 20. September jeder Bürger wisse, wo die JVA gebaut werden soll. Der Informatio­n gilt deshalb in den kommenden Wochen die Aufmerksam­keit. Die Stadt will dazu einen Wunsch aus dem Staatsmini­sterium aufgreifen und eine sogenannte „Begleitgru­ppe ins Leben rufen, die den Prozess bis zum Bürgerents­cheid begleitet“. Vertreter des Lands, der Stadtverwa­ltung, Befürworte­r wie Gegner sollen darin einvernehm­lich vorbereite­n, welche Informatio­nen an die Öffentlich­keit gehen. Broß wandte sich gestern Abend an die zahlreiche­n Bürger, die die Sitzung verfolgten, und lud den BI-Vertreter Wolfgang Blässing ein, dabei mitzuwirke­n.

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