Heidenheims Herausforderung
Der Zweitligist startet mit zehn Neuzugängen, einem Transferüberschuss und viel Optimismus in seine zweite Saison im Unterhaus
HEIDENHEIM - Es dürfte spannend werden für den 1. FC Heidenheim, dieses zweite Jahr in der 2. FußballBundesliga. Wurde nach dem Aufstieg in der Vorsaison auf Kontinuität gesetzt, muss Frank Schmidt diesmal zehn Zugänge in sein Team einbauen. „Das ist eine Herausforderung für mich als Trainer“, sagt der 41-Jährige vor dem Saisonauftakt am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) zu Hause gegen den TSV 1860 München, „aber darauf freue ich mich auch.“
Teil dieses Prozesses waren zwei Wochen in der Vorbereitung, die es in sich hatten. Während dieser Phase hat sich wohl so mancher Neu-Heidenheimer überlegt, auf was er sich an der Brenz eingelassen hat. Drei Einheiten standen auf dem Programm: morgens, mittags, abends. Zur Belohnung durften die Profis dann gegen örtliche Kreisligateams spielen. „Gegen andere Gegner hätte es zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn gemacht, außerdem machen wir das nicht nur für uns“, sagt Schmidt.
Der Coach möchte die Menschen aus der Region stets einbinden, möchte an der Basis sein. „Wir haben immer gesagt, dass wir ein nahbarer Verein sind, also müssen wir das auch zeigen“, erklärt Schmidt. Er selbst geht mit gutem Beispiel voran. Als Ordner in einem dieser Spiele die Coaching-Zone absperrten, ließ er die Absperrung kurzerhand entfernen, den Fans zuliebe. „Da ist doch immer am meisten los, so nah kommen die Zuschauer nur in solchen Spielen dran“, so Schmidt.
Einen gewissen Stolz versprüht Geschäftsführer Holger Sanwald, wenn er auf diese Transferperiode angesprochen wird. Grund hierfür sind die Verkäufe von Florian Niederlechner zum FSV Mainz für rund drei Millionen Euro und von Philipp Heise zum VfB Stuttgart für circa 750 000 Euro in die Bundesliga. Sportlich mussten die Abgänge kompensiert werden, finanziell waren sie für den kleinen Klub jedoch ein Segen. „Die beiden wollten den nächsten Schritt in ihrer Karriere gehen, da wollten wir ihnen keine Steine in den Weg legen. Durch die Verkäufe haben wir trotz der ganzen Neuzugänge einen Transferüberschuss erwirtschaftet, auch wenn wir jetzt nicht im Geld schwimmen“, so Sanwald.
Der Wankelmut, der sich in der vergangenen Rückrunde in den Leistungen manches Mal widerspiegelte, soll in dieser Saison abgestellt werden. Hierfür haben Schmidt und Sanwald („Wir treffen solche Entscheidungen immer zusammen“) auf viel Routine gesetzt. Daniel Frahn (27) etwa soll die Lücke schließen, die Niederlechners Wechsel hinterlassen hat. Ein 15-Tore-Erbe tritt der ehemalige Kapitän von RB Leipzig an, die Erwartungen an ihn sind hoch. Beim 2:1-Erfolg gegen Eintracht Frankfurt am vergangenen Wochenende blieb Frahn blass, was jedoch auch am anfangs druckvollen Auftreten des Bundesligisten gelegen hat. Schmidt nahm ihn in Schutz: „Er ist nicht der Stürmertyp, der sich die Bälle im Mittelfeld holt.“
Anders auf der linken Abwehrseite, dem bisherigen Revier von Heise. Hier sind die Heidenheimer nur 25 Kilometer nördlich fündig geworden: Arne Feick (27) kam vom Erzrivalen VfR Aalen. Dachte man, dass er Heise defensiv zwar eins zu eins ersetzen könne, vielleicht aber nicht in der Offensive, zeichnete er gegen Frankfurt für beide Tore verantwortlich. Auf der anderen Seite möchte der ebenfalls aus Leipzig verpflichtete Sebastian Heidinger die angestammte Rolle von Robert Strauß einnehmen. Gegen Frankfurt stand allerdings der Platzhirsch auf dem Feld, was vermuten lässt, dass sich der 29-jährige Herausforderer gedulden muss. Im Mittelfeld hat sich der FCH mit Norman Theuerkauf von Eintracht Braunschweig verstärkt. Der 28-Jährige soll vor allem Kapitän Marc Schnatterer im Spielaufbau entlasten. Letzter Neuzugang in dieser Transferperiode war Ben Halloran von Fortuna Düsseldorf. Er könnte sich ein Duell mit Robert Leipertz auf der rechten Außenbahn liefern. Vorzeitig bis 2017 verlängert wurde zuletzt der Vertrag mit Mittelfeldspieler Sebastian Griesbeck (24).
„Wir haben an Qualität gewonnen“
Doch Sanwald und Schmidt haben auch langfristig gedacht und den erfahrenen Akteuren einige junge Wilde zur Seite gestellt. Aus der eigenen U19 haben Kevin Njie (19), Dave Gnaase (18) und Tim Skarke (18) einen Profivertrag unterschrieben. Als Clou könnte man den Transfer von Dominik Widemann (18) von der SpVgg Unterhaching bezeichnen. In seiner ersten Saison in der 3. Liga erzielte das Mittelfeldtalent bereits acht Tore. „Wir sind froh, ihn verpflichtet zu haben. An ihm waren über 20 weitere Vereine interessiert“, sagt Sanwald mit breitem Grinsen. Kapitän Schnatterer ist jedenfalls zuversichtlich, was die kommende Runde angeht: „Ich glaube schon, dass wir insgesamt an Qualität dazugewonnen haben.“