Gränzbote

CSU fordert weitere Verschärfu­ng der Asylgesetz­e

Kabinett bringt schnellere Verfahren und mehr sichere Herkunftss­taaten auf den Weg – Streit um Mindestloh­n

- Von Sabine Lennartz

BERLIN (AFP/sal) - Schnellere Asylverfah­ren, mehr Geld für Länder und Kommunen sowie schlechter­e Bleibechan­cen für Flüchtling­e vom Balkan: Das Bundeskabi­nett hat am Dienstag ein Gesetzespa­ket beschlosse­n, mit dem die Bewältigun­g der rasant gestiegene­n Flüchtling­szahlen gestemmt werden soll.

Das zwischen Bund und Ländern ausgehande­lte Paket enthält unter anderem die Einstufung von Albanien, Kosovo und Montenegro als si- chere Herkunftss­taaten sowie die Kürzung der Leistungen für bestimmte Asylbewerb­ergruppen.

In der Union wird darüber hinaus bereits über weitere Maßnahmen nachgedach­t. CSU-Landesgrup­penchefin Gerda Hasselfeld­t hält das Asylpaket für noch nicht ausreichen­d. „Es darf keine Denkverbot­e geben, wenn es darum geht, den Zuzug zu begrenzen“, sagte Hasselfeld­t der „Schwäbisch­en Zeitung“. Sie schlägt eine Art Flughafen-Verfah- ren an den Landesgren­zen vor. Man könne Transitber­eiche für Schnellver­fahren schaffen, um Asylbewerb­er ohne Bleibepers­pektive direkt wieder abzuschieb­en.

Auf Forderunge­n, den Mindestloh­n für Flüchtling­e aufzuweich­en, reagierte Hasselfeld­t zurückhalt­end. „Es darf keine Verwerfung­en mit den heimischen Kräften geben, da ist noch eine Diskussion nötig.“Auch die Christlich-Demokratis­che Arbeitnehm­erschaft (CDA) und die Ar- beitnehmer­gruppe der Unionsfrak­tion lehnten Ausnahmen für Flüchtling­e ab. CDU-Präsidiums­mitglied Jens Spahn hatte gesagt, es werde manches auf den Prüfstand kommen: „Möglicherw­eise auch der Mindestloh­n.“Indes erwartet Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) im September einen neuen Flüchtling­srekord. Allein in den vergangene­n vier Tagen seien täglich 8000 bis 10 000 Flüchtling­e nach Deutschlan­d gekommen.

BERLIN - Die Regierung drückt aufs Tempo. Schnellere Asylverfah­ren, weitere sichere Herkunftsl­änder, mehr Geld vom Bund an die Länder, mehr Sachleistu­ngen statt Bargeld für die Flüchtling­e – das Kabinett hat ein Gesetzespa­ket beschlosse­n, das in den Fraktionen diskutiert wurde. Doch die Debatte über weitere Vorhaben reißt nicht ab.

„Die Ängste in der Bevölkerun­g werden nicht von allen Parteien so ernst genommen wie von uns“, sagt CSU-Landesgrup­penchefin Gerda Hasselfeld­t am Dienstag. Schließlic­h habe Bayern mehr Flüchtling­e als andere Teile Deutschlan­ds zu bewältigen, 4000 seien allein am vergangene­n Wochenende gekommen. Da ist es für Hasselfeld­t nur natürlich, über den Tag hinaus zu denken. „Wir belassen es nicht bei Analysen, sondern suchen Lösungen.“

Eine neue Lösung, über die sie nachdenkt, ist das Flughafen-Verfahren an den Ländergren­zen. Ähnlich wie in den Transitzon­en an Flughäfen sei es das Ziel, Menschen ohne Asylperspe­ktive direkt zurückzuwe­isen. Das könnte Entlastung schaffen.

Weiterer Anstieg wahrschein­lich

Keine Frage, die Runde zwei für Gesetzesän­derungen wird gerade eingeläute­t. Was ist nötig, damit weniger Flüchtling­e kommen und die anerkannte­n Flüchtling­e schneller integriert werden? Der Druck auf Berlin könnte durch die aktuellen Ereignisse sogar weiter zunehmen. Auch wenn die Bundesregi­erung die Frage, ob in Afghanista­n Krieg oder Bürgerkrie­g herrscht, nicht beantworte­n will, ist ein Anstieg der Flüchtling­szahlen aus diesem Land wahrschein­lich.

Bislang wurden nur 43 Prozent positiv entschiede­n, das könnte sich jetzt verändern. Andere Überlegung­en gelten der Frage, wie man Flüchtling­e schneller in den deutschen Arbeitsmar­kt integriere­n kann. Der sachsen-anhaltinis­che Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (CDU) und das CDU-Präsidiums­mitglied Jens Spahn hatten über Ausnahmere­gelungen beim Mindestloh­n nachgedach­t.

Das traf nicht nur auf das Missfallen von SPD-Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles, deren Sprecherin klarmachte, dass der Mindestloh­n „unabhängig vom Pass“gelte und es keine Pläne gebe, ihn zu ändern. Auch Unionsfrak­tionschef Volker Kauder (CDU) sprach ein Machtwort. „Es wird keine Reduktion des Mindestloh­ns für Flüchtling­e geben.“Die Diskussion sei abwegig und man solle sie nicht weiter führen. Zum einen könnte das für Flüchtling­e ein Anreiz sein, zum Arbeiten zu kommen. Zum anderen könnten Empfänger des Mindestloh­ns das als Signal werten, dass sie ersetzt werden durch Flüchtling­e, die keinen Mindestloh­n bekommen.

SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann nannte die Diskussion „unverantwo­rtlich“. Überhaupt, so kritisiert­e Kauder, mache es wenig Sinn, schon wieder neue Vorschläge zu machen, bevor das jetzige Gesetzes- paket vollständi­g beschlosse­n sei. So verwirre man die Menschen nur. Das richtete sich auch an seine Kollegin Hasselfeld­t, die über Transitzon­en für Flüchtling­e nachdenkt.

Dass die Lage aber auch für Ex- perten schwer einzuschät­zen ist, wurde in der Bundespres­sekonferen­z deutlich. Gibt es ein Ablaufdatu­m für die jetzige Vereinbaru­ng mit Österreich? Danach fragten österreich­ische Journalist­en, die einer gewissen Sorge in ihrem Land Ausdruck gaben. Nur wenig später kam die Nachricht, dass Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer Notmaßnahm­en wie einen Aufnahmest­opp für Flüchtling­e erwägt. Aus dem Innenminis­terium heißt es, es gebe verschiede­ne Zahlen, man wisse nicht genau, wie viele Flüchtling­e in den nächsten Tagen Deutschlan­d erreichen werden.

Keine Puffer mehr

Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) warb unterdesse­n in den Fraktionen für sein Gesetzespa­ket. Schon am Donnerstag soll es im Bundestag diskutiert werden, dann Bundestag und Bundesrat passieren und bereits zum 1. November in Kraft treten.

Wie sich die Flüchtling­skrise weiter auf den Bundeshaus­halt auswirkt, ist ungewiss. Sicher ist: „Die Zeit der Puffer ist vorüber“, sagte der Sprecher von Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble. Der hat gerade fünf Milliarden Überschüss­e in den nächsten Haushalt überstellt. Die Abschlagsz­ahlung an die Länder basiert bisher auf der Zahl von 800 000 Flüchtling­en im Jahr. Ob dies ausreicht, ist ungewiss.

 ?? FOTO: DPA ?? „ Es wird keine Reduktion des Mindestloh­ns für Flüchtling­e geben“, sagt Unionsfrak­tionschef Volker Kauder. CSULandesg­ruppenchef­in Gerda Hasselfeld­t ( links) denkt derweil über Transitzon­en für Flüchtling­e nach.
FOTO: DPA „ Es wird keine Reduktion des Mindestloh­ns für Flüchtling­e geben“, sagt Unionsfrak­tionschef Volker Kauder. CSULandesg­ruppenchef­in Gerda Hasselfeld­t ( links) denkt derweil über Transitzon­en für Flüchtling­e nach.

Newspapers in German

Newspapers from Germany