Palästinenser haben Hoffnung auf eigenen Staat verloren
m UN-Sitz in New York flattert neben den Flaggen der zur Weltgemeinschaft zählenden Staaten erstmals auch eine palästinensische. Fast drei Jahre lang hat Palästina, das seit 2012 den Status eines Beobachterstaates bei den Vereinten Nationen hat, darum gerungen. Nur ist dem Volk daheim, in Gaza und dem Westjordanland, egal, dass ihre Nationalfarben nun am Hudson River wehen.
Symbolträchtige Schritte auf dem schier endlosen Weg zum eigenen Staat genügen den Palästinensern nicht mehr. Die meisten haben die Hoffnung verloren, ihn noch zu erleben. Lange Jahre gab es auf palästinensischer Seite eine Mehrheit für eine Zwei-Staaten-Lösung. Jetzt ist die Zustimmung unter die FünfzigProzent-Marke gesunken. Präsident Mahmud Abbas, der sich dem Ziel verschrieben hat, auf dem Verhandlungsweg das international unterstützte Zwei-Staaten-Konzept zu realisieren, steckt in der Sackgasse.
Die Welt betrachtet die Palästinafrage angesichts von Flüchtlingskrise und Krieg gegen den IS-Terror nicht eben als vordringlich. Derweil pflastert Israel das beanspruchte palästinensische Staatsgebiet ungeniert weiter mit Siedlungsbauten zu.
Abbas’ Ankündigung, seine für heute vorgesehene Rede vor der UNVollversammlung werde einen „Knaller“enthalten, wirkt da wie Heischen um Aufmerksamkeit. Dass er die Sicherheitskooperation mit den Israelis oder gar die Osloer Friedenskooperation aufkündigt, ist nicht zu erwarten, höchstens die Warnung, dass man es nicht so weit kommen lassen solle.
Abbas scheut das Risiko
In seiner Fatah, der Mehrheitsfraktion in der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), machen einige Abbas Druck, Konsequenzen aus der verfahrenen Lage zu ziehen. Aber, sagt Analyst Khalil Schikaki: „Das entspricht nicht seiner Natur. Abbas ist nicht der risikobereite Typ.“Das Volk hätte lieber einen kämpferischen Typen an der Spitze, einen wie den in Israel inhaftierten Fatah-Führer Marwan Barguti: „Der Einzige, der gegen die Hamas noch gewinnen kann“, so Schikaki. Der 2005 als Prä- sident gekürte Abbas, der sich seitdem keinen Neuwahlen gestellt hat, genießt nur noch den Rückhalt jedes dritten Palästinensers. Populär ist indes die Forderung, die von den internationalen Geberländern abhängige Autonomieverwaltung aufzulösen, die nichts zustande bringe. Ohne sie würden aber 160 000 Autonomie-Angestellte ihren Lohnerwerb verlieren.
Wenig aussichtsreich sind ebenso die Chancen auf Rückkehr an den Verhandlungstisch. Die Franzosen, die mit einer neuen UN-Initiative einen zeitlichen Rahmen für eine Zwei-Staaten-Lösung festsetzen wollten, wurden von Washington zurückgepfiffen. US-Außenminister John Kerry wiederum hielt sich bislang bedeckt, ob er einen neuen Anlauf im Nahost-Konflikt wagen will.