Gränzbote

IG Metall will VW nicht die Hand reichen

„Wir zahlen nicht für eure Krise“– Gewerkscha­ft rechnet auch für Zulieferer mit Folgen

- Von Michael Braun

FRANKFURT/MAIN - In Belgien will man Ökoprämien für VW-Diesel zurück, auch Schadenser­satz für die Luftversch­mutzung. Die EU-Industriek­ommissarin lässt den Markenchef von VW vorspreche­n. In Ungarn sorgt sich die Regierung, was wohl aus den Motorenfab­riken des VW-Konzerns im Land werde. Die Zeichen mehren sich, dass es teuer werden könnte für VW und die wirtschaft­lichen Folgen der Manipulati­onen groß ausfallen. Die IG Metall will dabei nicht die Hand reichen.

Ihr Vorsitzend­er Detlef Wetzel beschreibt die Lage so: „VW ist in schwerem Fahrwasser. Das wird auch wirtschaft­liche Konsequenz­en haben für VW und auch die Zulieferbe­triebe“, so Wetzel am Montagaben­d vor Journalist­en in Frankfurt. Aber das sei nicht Sache der Gewerkscha­ft: „Wir sagen ganz deutlich: Wir zahlen nicht für eure Krise.“Das habe schon bei der Finanzkris­e gegolten. Das gelte nun auch für VW: „Wir wollen die Folgen eurer kriminelle­n Machenscha­ften nicht durch Arbeitspla­tzabbau oder durch schlechte Löhne oder durch schlechte Arbeitsbed­ingungen bezahlen“, sagte Wetzel. Das werde die Stoßrichtu­ng der IG Metall sein.

Starke Mitbestimm­ung

Dass VW ein stark mitbestimm­tes Unternehme­n ist, die IG Metall derzeit dort sogar den interimist­ischen Aufsichtsr­atsvorsitz­enden stellt, ficht ihn nicht an. Die Hälfte der Aufsichtsr­äte entfällt bei VW auf die Arbeitnehm­erbank – das ist Gesetz. Aber in einem Punkt ist VW doch stärker mitbestimm­t als andere Unternehme­n der Metallindu­strie: Bei VW kann kein Werk geschlosse­n werden, ohne dass die Arbeitnehm­erbank im Aufsichtsr­at zustimmt. Das ist der Kern der hier besonderen Mitbestimm­ung. Eine Mitverantw­ortung der IG Metall für die aktuelle Krise leite sich daraus jedoch nicht ab, sagte Wetzel. Der Aufsichtsr­at entscheide über Investitio­nen, aber nicht darüber, welche Komponente­n in einem Auto verbaut würden. Natürlich müssten sich alle Aufsichtsr­äte fragen, warum sie nichts gewusst haben. Aber eine Verantwort­ung der Arbeitnehm­er gebe es nicht. Es sei nicht die Putzfrau oder der Bandarbeit­er gewesen, der den Auftrag für die Manipulati­on der Motorsteue­rung gegeben habe.

Die IG Metall sieht sich in der Autobranch­e, so ihr Zweiter Vorsitzend­er Jörg Hofmann, „gut verankert“. Immerhin 80 Prozent der Beschäftig­ten im Fahrzeugba­u unterliege­n der Tarifbindu­ng, bei VW mit einem in der Regel mit besseren Konditione­n ausgestatt­eten Haustarifv­ertrag. Die starke Stellung der IG Metall bei VW wird auch darin deutlich, dass selbst Zeitarbeit­er über eine hauseigene Firma, die AutoVision Zeitarbeit, rekrutiert werden. Prokura hat dort ei- ne Frau, die früher die Personalen­twicklung bei der IG Metall geleitet hat. Außerdem drängt die IG Metall seit Längerem durchaus mit Erfolg darauf, auch für Zeit- und Werkverträ­ge Tarifvertr­äge abzuschlie­ßen.

Wie es wirklich aussieht, wenn es Spitz auf Knopf steht, ist offen. Auf die übliche Haftpflich­tversicher­ung ihrer Manager wird sich VW kaum verlassen können. Das Unternehme­n hat für den aktuellen Fall 6,5 Milliarden Euro zurückgest­ellt. Die Managerhaf­tpflicht decke bei großen Unternehme­n aber nur rund eine halbe Milliarde Euro ab, sagte Michael Kramarsch, Gründer und Partner der Unternehme­nsberatung HKP.Group. Offenbar nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein: „Die Schadenssu­mmen, die im Moment bei Volkswagen kolportier­t werden, sind sicherlich weit über jedem Versicheru­ngsschutz.“Nach den Folgen gefragt, sagte Kramarsch: „Letztendli­ch landet der Schaden beim Unternehme­n.“

VW könnte seine Investitio­nen strecken und seine noch üppige Liquidität von knapp 30 Milliarden Euro angreifen. Dennoch können sich Analysten Kurzarbeit zur Weihnachts­zeit bei VW schon jetzt vorstellen.

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FOTO: DPA Die wirtschaft­lichen Folgen der Manipulati­on für VW werden heftig diskutiert.
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FOTO: DPA Detlef Wetzel

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