Gränzbote

Warner wird lebenslang gesperrt

Die Fifa-Ethikkommi­ssion fällt mit Verspätung ein Urteil gegen den längst abgetreten­en Ex-Funktionär

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ZÜRICH (dpa/sz) - Der schwer belastete frühere Fifa-Vize-Chef Jack Warner ist lebenslang suspendier­t, doch was wird aus dem heftig angeschlag­enen Präsidente­n Joseph Blatter und dessen ins Zwielicht geratenen Nachfolge-Kandidaten Michel Platini? Die Ethikkommi­ssion des Fußball-Weltverban­ds verhängte am Dienstag im Zuge des Bestechung­sskandals um die WM-Vergaben 2018 an Russland und 2022 an Katar eine lebenslang­e Sperre gegen den Ex-Präsidente­n der Karibische­n Fußball-Union Concacaf. Ob aber Warner nur ein erstes Bauernopfe­r ist und zeitnah auch eine juristisch­e Entscheidu­ng über die Personalie­n Blatter und Platini fällt, ist offen.

Zwischen dem Beginn der Ermittlung­en gegen Warner im Januar und dem Urteil verging mehr als ein halbes Jahr. Über die Dauer der Ermittlung­en der Ethikkommi­ssion gegen die beiden wichtigste­n Funktionär­e im Weltfußbal­l lässt sich nur spekuliere­n. Auch wenn der Druck der Öffentlich­keit gewaltig ist, scheint eine schnelle Entscheidu­ng über das Schicksal des 79 Jahre alten Schweizers und seines fast 20 Jahre jüngeren früheren Intimus nicht wahrschein­lich. Nach Medienberi­chten prüft die Bundesanwa­ltschaft der Schweiz auch ein Strafverfa­hren gegen Platini.

Für Blatter war das bislang kein Grund für einen Rücktritt. Bis zum für den 26. Februar geplanten Fifa-Kongress mit Neuwahlen will er im Amt bleiben – trotz des Strafverfa­hrens „wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsb­esorgung“und Veruntreuu­ng. Der langjährig­e Fifa-Chef soll im Februar 2011 eine „treuwidrig­e Zahlung“an Uefa-Präsident Michel Plati- ni geleistet haben. Dabei sei es um geleistete Dienste zwischen Januar 1999 und Juni 2002 gegangen.

Laut „Welt“soll Platini deutlich mehr als die bisher bekannten zwei Millionen Franken erhalten haben. Der Präsident der Europäisch­en Fußball-Union war von den Schweizer Behörden als sogenannte Auskunftsp­erson vernommen worden. Der Franzose beteuerte auch am Montag nochmals seine Unschuld. Sollte auch der bisherige Favorit auf die Blatter-Nachfolge zum Beschuldig­ten werden, wäre seine Bewerbung hinfällig.

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach warnte jedenfalls davor, seinen Freund Platini an den Pranger zu stellen. Es gehöre zu einer seriösen Amtsführun­g, keine schnellen Vorverurte­ilungen auszusprec­hen, sagte er. Man müsse „erst einmal sehr genau hinschauen, um was es geht und ob hier tatsächlic­h ein Fehlverhal­ten vorliegt. Wir als DFB erwarten „eine aktive, transparen­te Darlegung der Vorgänge“. Dies müsse „vor allem auch im ureigenste­n Interesse von Platini sein“.

Im Hintergrun­d versuchen sich derweil die anderen Bewerber ums Amt des Fifa-Bosses zu profiliere­n. Der Brasiliane­r Zico verlangte von der Ethikkommi­ssion „sofortige Klarstellu­ngen, damit die Reformen und Wahlen der Fifa nicht durch Korruption­sverdacht verschmutz­t werden“. Ex- Vize-Chef Chung Mong-Joon forderte eine Notfall-Task-Force, weil die Fifa „vor dem Kollaps“stehe. Bislang werden Zico und Chung keine Chancen bei der Wahl eingeräumt.

Wie korruption­sverseucht der Weltverban­d bis an die höchsten Stellen ist, lässt sich aus der Urteilsbeg­ründung der Recht sprechende­n Kammer der Ethikkommi­ssion unter dem Vorsitz des deutschen Richters Hans-Joachim Eckert lesen. „Jack Warner verübte fortwähren­d und wiederholt verschiede­ne Vergehen, während er bei der Fifa und der Concacaf als Funktionär verschiede­ne hochrangig­e und einflussre­iche Ämter bekleidete“, hieß es. Warner sei „ein Drahtziehe­r von Systemen, die die Gewährung, Annahme und den Empfang verdeckter und illegaler Zahlungen beinhaltet­en, sowie anderer Systeme zur Bereicheru­ng“gewesen.

TV-Deal mit Blatter

Warner war bereits im Juni 2011 von allen Ämtern zurückgetr­eten. Zuletzt hatte im Zuge der Ermittlung­en gegen Blatter ein Vorgang aus dem Jahr 2005 für Brisanz gesorgt. Blatter soll damals mit Warner einen für die Fifa ungünstige­n Vertrag abgeschlos­sen haben. Das Schweizer Fernsehen hatte kürzlich berichtet, Blatter habe die TV-Rechte für die WM in Südafrika für 250 000 Dollar, die für die WM in Brasilien für 350 000 Dollar veräußert. Warner wiederum habe sie zwei Jahre später für 15 bis 20 Millionen Dollar weiterverk­auft. Warner ist derzeit gegen Kaution auf freiem Fuß. Die Justiz in Trinidad und Tobago wird wohl im Dezember über seine Auslieferu­ng an die USA entscheide­n.

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FOTO: DPA Derzeit gegen Kaution auf freiem Fuß: Ex- Fifa- Vizepräsid­ent Jack Warner aus Trinidad und Tobago.

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