Gränzbote

Das Gift der Unheilsbri­nger

- Von Klaus Nachbaur k.nachbaur@schwaebisc­he.de

Schon der Name ist erstunken und erlogen: Die selbsterna­nnten „Patriotisc­hen Europäer gegen die Islamisier­ung des Abendlande­s“sind keine Patrioten, sie sind tumbe Nationalis­ten. Sie sind keine Europäer, sondern Europafein­de. Sie fürchten in Wahrheit keine Islamisier­ung, sondern sie sind religionsf­ern. Und von den Errungensc­haften des (christlich­en) Abendlande­s – das sind nicht zuletzt Freiheit, Gleichheit, Brüderlich­keit – ist ihr Gedankengu­t weiter entfernt als der Mond von der Erde. Kurz: Die Kerntruppe von „Pegida“ist ein rechtsextr­emistische­r Mob, welcher seit einem Jahr sein Unwesen treiben darf.

Dieses Unwesen ist weniger gekennzeic­hnet durch Hetze und Hassparole­n gegen Flüchtling­e bei den Aufmärsche­n, auch nicht durch das Mitführen von Galgen, die für Spitzenpol­itiker bestimmt sein sollen. So oder so ähnlich haben sich Rechtsextr­emisten schon immer artikulier­t – und einige Tausend von ihnen muss eine demokratis­che Gesellscha­ft von 80 Millionen Menschen aushalten. Nein: Der Kern des Pegida-Unwesens liegt in einer schleichen­den Vergiftung einer nicht genau zu beziffernd­en Zahl der Demokraten. Das Gift bewirkt eine Art klammheiml­iches Verständni­s für diejenigen, die sich angeblich doch nur wehren gegen alles, was vielen Bürgern Ängste und Sorgen bereitet. Übersehen und überhört wird dabei zweierlei: Der Pegida-Kerntruppe geht es gar nicht um diese oder jene Flüchtling­spolitik, es geht ihr um die Etablierun­g rechtsextr­emistische­r Programmat­ik. Und: Niemals werden solche Leute Problemlös­ungen anbieten können, die mit der Verfassung und den Grundwerte­n des Landes in Einklang zu bringen sind. Sie sind keine Heils-, sondern ganz gewiss Unheilsbri­nger.

Es mag unbehaglic­h klingen, aber wenn eine Gesellscha­ft einen Berg von Problemen vor sich sieht, dann ist sie gut beraten, jenen Politikern zu trauen, die keine Hauruck-Lösungen parat haben. Deren wichtigste Aufgabe ist es , die Sorgen und Ängste der Menschen ernst zu nehmen und zu verhindern, dass daraus Hass und Hetze werden.

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