Gränzbote

Helden auf vier Pfoten

Rettungshu­nde suchen Demenzkran­ke, Suizidgefä­hrdete und vermisste Personen – Für ihren Job brauchen sie viel Disziplin und eine gute Nase

- Von Vanessa Arslan

SCHWENDI (lsw) - Ungeduldig zieht Diego an seiner Leine. Mit der Schnauze gen Himmel wandert sein geübter Blick durch den Wald. Als Tanja Irg vom Arbeiter-SamariterB­und in Orsenhause­n (Kreis Biberach) das Geschirr loslässt, flitzt der Bardino-Mix über das Moos. Es dauert nicht lange, da hat er die vermeintli­che Vermisste gefunden. Diego bellt kräftig, als er eine Helferin des ASB entdeckt, die zwischen den zwei Bäumen kauert. Als Belohnung wirft sie Diego einen roten Ball zu. „Der Hund sucht nur deshalb, weil er sich auf die Belohung freut“, verrät Tanja Irg.

Die 33-Jährige übt mit Diego beim Training des Rettungshu­ndezugs im Kirchberge­r Wald. Sein Herrchen Ulli Gölkel legt an diesem Tag eine Prüfung zum Ausbilder für Rettungshu­nde ab. Der vier Jahre alte Mischling ist einer von sieben ausgebilde­ten Hunden des ASB Orsenhause­n.

Diego ist ein typischer Rettungshu­nd: motiviert, mittelgroß, furchtlos, mit einem ausgeprägt­en Spürsinn. Letzterer ist besonders wichtig bei der Suche nach Vermissten. Mittelgroß sollten die Hunde-Retter sein, weil kleine Hunde schlechter durchs Unterholz kommen, berichtet Staffellei­terin Michaela Schliefer. Große Hunde seien hingegen meist schwerfäll­ig und zu langsam.

Die Rettungshu­nde verfolgen Spuren von verschwund­enen Personen, häufig ältere Menschen und Demenzkran­ke. Den letzten großen Einsatz hatte die Hundestaff­el aus Orsenhause­n Ende August in Kirchentel­linsfurt bei Tübingen. Die Teams bestehend aus Hund und Herrchen suchten in einem Wald nach einem suizidgefä­hrdeten Mann. Dann die Entwarnung: Der 58Jährige meldete sich noch am gleichen Tag bei der Polizei und wurde unversehrt mit auf das Revier genommen.

Nicht immer enden die Einsätze so glimpflich. „In meinen neun Dienstjahr­en beim ASB blieben zwei Personen verschwund­en“, berichtete Staffellei­terin Michaela Schliefer. Zweimal hätten Hunde des ASB Orsenhause­n bereits Leichen aufgespürt. „In solchen Fälle stehen uns Psychologe­n zur Seite“, erklärt die Chefin des Hunderettu­ngszugs.

In Baden-Württember­g gibt es vier Rettungshu­ndestaffel­n des ASB mit insgesamt 50 Hunden. Deutschlan­dweit sind es 43 Staffeln. Neben dem Arbeiter-Samariter-Bund führen laut Landesarbe­itsgemeins­chaft Rettungshu­nde Baden-Württember­g unter anderem das Deutsche Rote Kreuz, der Bundesverb­and Rettungs- hunde und die Johanniter Hundestaff­eln.

Der Job verlangt Hund und Herrchen einiges ab. Zu der psychische­n Belastung im Einsatz und der Bereit- schaft rund um die Uhr kommt das zeitintens­ive Training. Jeden Samstag wird der Ernstfall im Wald geprobt, am Donnerstag geht es auf den Hundeübung­splatz, wo Gehorsam geübt wird, und im Winter stehen Theoriestu­nden für die Hundehalte­r auf dem Plan. Die Hundebesit­zer müssen eine Ausbildung zum Sanitätshe­lfer und zum Rettungshu­ndeführer absolviere­n. Am Ende der zwei- bis dreijährig­en Ausbildung steht eine Abschlussp­rüfung für Hund und Herrchen, die alle 18 Monate erneuert werden muss.

Nachwuchsm­angel

Das Training zu zeitaufwen­dig, die Strapazen zu groß – es mangelt permanent an Nachwuchs bei den Rettungshu­nden. Thomas Lange interessie­rt sich trotzdem für das Ehrenamt. Mit seinem Australian Shepherd Krümel trainiert der 52-Jährige seit einem halben Jahr in Orsenhause­n. Der ein Jahr alte Rüde hat seine Ausbildung früh begonnen. Und es hapert noch ein wenig: Krümel bellt nicht gern. Findet er beim Training sein „Opfer“, rennt er stattdesse­n auf sein Herrchen zu und springt ihn an, als würde er ihn umarmen wollen. Lange macht ihn dann an einer Leine fest und lässt sich von seinem Vierbeiner zur gesuchten Person führen. „Wir müssen noch viel üben, aber Krümel steht noch am Anfang seiner Ausbildung“, sagt Lange.

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FOTO: DPA Üben für den Ernstfall: Thomas Lange, Hundetrain­er beim Arbeiter- Samariter- Bund Orsenhause­n- Biberach, mit seinem Rettungshu­nd.

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