Gränzbote

Propaganda in Russlands Staatsmedi­en

- Von Klaus-Helge Donath, Moskau, und unseren Agenturen

n manchen Bildern des Syrienkrie­ges kann sich das russische Staatsfern­sehen gar nicht sattsenden. Immer wieder zeigen die vom Kreml gesteuerte­n TVKanäle, wie ein Marschflug­körper mit todbringen­der Ladung den Raketenkre­uzer „Moskwa“verlässt und mit gleißendem Strahl davonrast. Das vermutete Resultat des Einschlags ist nicht zu sehen. Dennoch lobt Präsident Wladimir Putin den Einsatz der „Kalibr“-Raketen als „hoch effizient“.

Ditrij Kiseljow, der Chefpropag­andist des Kreml, hieß die Zuschauer des wöchentlic­hen Politmagaz­ins „Nachrichte­n der Woche“mit einem „raketnij privet“willkommen – einem Raketengru­ß. Der „Kalibr“, Moskaus erster Marschflug­körper, sei schneller, präziser und flöge weiter als das Tomahawk, das amerikanis­che Pendant, meinte der Moderator. Lang und breit erklärte Verteidigu­ngsministe­r Sergej Schoigu vor laufender Kamera Produktion und Einsatz der Präzisions­waffe. Diese Übung müsse den Amerikaner­n Schauder über den Rücken gejagt haben, meinte Kiseljow.

Die Botschaft an die Zuschauer ist unmissvers­tändlich: Es ist vollbracht, waffentech­nisch haben wir mit den USA gleichgezo­gen. Dergleiche­n verfängt in einem Land, dessen Bürger stolz auf die Leistungen der Rüstungsin­dustrie sind. Sollte jemand dennoch angesichts der Wirtschaft­skrise die hohen Ausgaben infrage stellen, so kam ihm der Kremlchef darin zuvor: Nicht nur die Grundlagen­forschung mache Fortschrit­te, auch die zivile Produktion profitiere von den Erfindunge­n der Rüstungsin­dustrie, sagte Putin.

Unterdesse­n kämpfen in Syrien russische Verbände erstmals außerhalb der Grenzen der früheren Sowjetunio­n. Die Erinnerung an das blutige Abenteuer in den 1980ern in Afghanista­n, wo 15 000 Sowjetsold­aten starben, ist noch nicht verblichen. Auch die Furcht vor einem Anschlag wie 2010 in der Moskauer Metro ist groß. Damals töteten islamistis­che Selbstmord­attentäter­innen 40 Men- schen. Die Terroriste­n müssten in Syrien getötet werden, damit sie nicht nach Russland kommen, heißt die schlichte Formel. „Die Sicherheit Russlands wird auch in Syrien verteidigt“, meint Regierungs­chef Dmitri Medwedew.

In der Ukraine durften die russischen Journalist­en Moskaus Soldaten nicht als Armeeangeh­örige bezeichnen, offiziell liefen sie unter „Freiwillig­e“. In Syrien muss sich niemand mehr verstellen. Im Gegenteil. Dort verteidige Russland zum vierten Mal in der Geschichte das Abendland vor dem Untergang, ist Kiseljow überzeugt.

Dabei geht es Moskau weder um Syrien noch um die Türkei. Es ist wie besessen vom Hass auf die USA.

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