Deutsche Bank entdeckt Firmenkunden neu
Die zweite Führungsebene wird abgeschafft und das Investmentbanking filetiert
FRANKFURT – Lange schien es so, als zaudere der neue Co-Chef der Deutschen Bank, John Cryan, mit den Umbauarbeiten in seinem Haus. Doch jetzt geht es Schlag auf Schlag: Nachdem er vor anderthalb Wochen die Bilanz entrümpelt hat, geht der Brite, der seit Juli Deutschlands größtem Geldhaus vorsteht, nun an dessen Struktur. In der kommenden Woche dann dürfte er auf einer Pressekonferenz bekannt geben, wie er konkret die Kosten drücken will.
„Anshu’s Army“kaltgestellt
Die Aufspaltung des Investmentbanking ist der wohl wichtigste Schritt der am Sonntag vorgestellten Umbaupläne. Gleichzeitig wird die zweite Führungsebene, das „Group Executive Committee“aufgelöst. „Eine derartig grundlegende Reorganisation hat es selten zuvor in der Geschichte der Deutschen Bank gegeben“, würdigt Aufsichtsratschef Paul Achleitner die Pläne: „Das geht nicht ohne Härten einher.“
„Herrn Cryan ist es ernst mit dem Neuanfang“, glaubt Philipp Häßler, Analyst von Equinet. Das zeige sich auch in den Personalentscheidungen: Die zweite Vorstandsebene, das „Group Executive Committee“, wird aufgelöst. Nun schwebt der Vorstand nicht mehr wie bisher über dem eigentlichen, dem operativen Geschäft. Jetzt ist jede Konzernsparte im Vorstand vertreten. Dadurch kann sich der Durchgriff erhöhen, die Kontrolle der Sparten und der Mitarbeiter dürfte damit besser gelingen, glauben Beobachter.
Die drei Vorstandsmitglieder, die aus dem obersten Gremium ausscheiden, hatte die Finanzaufsicht Bafin zuletzt moniert wegen ihrer Rolle im Zinsmanipulationsskandal. Cryan hat nun sechs neue Mitglieder berufen. Der neue CO-Chef befreit sich damit auch von „Anshu’s Army“: Das waren die Gefolgsleute, die Anshu Jain in den letzten Jahren um sich geschart hatte. Dieser personelle Neuanfang mache den Umbau viel glaubwürdiger als unter seinen Vorgängern, urteilt Analyst Häßler. „Ich sehe es auch als Schritt von Herrn Cryan, sich seine Gefolgsleute auszurichten und entsprechend ein Führungsteam nach seinem Willen zu gestalten“, meint Markus Rießelmann von Independent Research. Und auch Ingo Speich, Fondsmanager der genossenschaftlichen Union Investment, glaubt, diese Neuordnung sei von zentraler Bedeutung, um verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen. Positiv wird auch gewertet, dass die Bank seit langen Jahren endlich wieder eine Frau in den Vorstand holt.
Firmenkunden werden wichtiger
Neben den personellen Entscheidungen zeigt auch der Neuzuschnitt der Bank, dass diese sich fokussieren will. Am wichtigsten ist dabei der Bereich des Investmentbanking: Das wird nun in zwei Bereichen geführt, das Handelsgeschäft von der eigentlichen Unternehmensbank abgespalten. Der Handel mit Aktien, Anleihen und Devisen war bisher für die Deutsche Bank ein sehr einträgliches Geschäft, doch das müsse nicht so bleiben, glaubt Analyst Häßler. Denn für den Handel mit Anleihen verlangen die Aufseher inzwischen eine höhere Eigenkapitalunterlegung, das schmälert den Gewinn. Beobachter vermuten, dass dieses Geschäft in einigen Jahren verkauft oder in eine Kooperation eingebracht werden könnte. Mit der Zusammenlegung der beiden anderen Bereiche, der Unternehmensfinanzierung und der Transaktionsbank, dem Zahlungsverkehrsgeschäft also, bündelt die Bank ihre Dienstleistungen um die Unternehmenskunden, sie berät sie also bei Übernahmen und Börsengängen und bietet ihnen auch Finanzierungen an.
Zwar wird auch das Privatkundengeschäft umstrukturiert, also das, was davon nach dem geplanten Börsengang der Postbank übrig bleibt. Die Vermögensverwaltung hatte der frühere Chef Josef Ackermann vor vier Jahren zum Verkauf gestellt. Das aber gelang nicht, daraufhin wurde sie ausgegliedert. Nun kehrt sie zum Privatkundengeschäft zurück. An der Grundausrichtung der Bank ändere sich damit nichts, meint Analyst Häßler: Ein Großteil der Erträge werde weiter aus dem Investmentbanking kommen.
Nun warten die Finanzmärkte noch gespannt darauf, wie Cryan die Kosten senken will: Das will er nächste Woche Donnerstag bekannt geben. Als sicher gilt, dass etwa 10 000 Stellen abgebaut werden, vorrangig wahrscheinlich im Investmentbanking. „Das wird Restrukturierungsaufwand erfordern“, sagt Häßler, der werde die Ergebnisse belasten. Die Rechtsrisiken bestünden vorerst weiter, auch die Kapitalausstattung bleibe schwach. Deshalb rechnet er erst für 2017 oder 2018 wieder mit guten Zahlen des Geldhauses.