Tödlicher Angriff aus Wut auf Behörde
29-Jähriger steht in Ansbach wegen Mord an Jobcenter-Mitarbeiter vor Gericht
ANSBACH (dpa) - Im Sitzungssaal des Landgerichts Ansbach gibt es am Montag kaum ein Durchkommen für Zuschauer und Journalisten. Verhandelt wird die tödliche Messerattacke im Jobcenter des malerischen Städtchens Rothenburg ob der Tauber in Mittelfranken. Ein 29 Jahre alter Mann soll dort Ende 2014 mit einem Messer auf einen Psychologen eingestochen haben. Das Opfer starb am Tatort, die Anklage lautet auf Mord.
Der Angeklagte versteckt sich zunächst, hat die Kapuze seines rotschwarzen Anoraks über den Kopf gezogen, hält sich einen Aktenordner vor das Gesicht. Erst als die TVKameras abgeschaltet sind, nimmt der dunkelblonde Mann seinen Gesichtsschutz ab. Sein Blick ist die meiste Zeit nach vorn gerichtet.
Nach Verlesung der Anklage folgt der Paukenschlag: Für bestimmte Zeugenaussagen schließt das Gericht die Öffentlichkeit aus – immer dann, wenn es um die psychische Erkrankung des Angeklagten geht. Mitarbeiter des Jobcenters beispielsweise sowie der Gutachter werden nicht öffentlich befragt. Gerichtssprecher Jürgen Krach erklärt, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden kann, wenn es wie in diesem Fall um eine mögliche Unterbringung des Angeklagten in einer psychiatrischen Klinik geht. Schon jetzt ist der Mann in einer solchen Einrichtung untergebracht.
Angst vor Einweisung in Klinik
Als der erste Zeuge aufgerufen wird, darf das Publikum wieder in den Saal, denn der Polizist äußert sich nicht zur Gesundheit des Angeklagten. Er berichtet vom Tattag am 3. Dezember 2014: Zunächst alarmierte eine Mitarbeiterin der Behörde am Mittag die Polizei. Sie sagte, sie sei von einem Mann bedroht worden. „Sie war sehr aufgeregt am Telefon“, sagt der Beamte. Er schickte daher einen Streifenwagen los. Nur fünf Minuten später ging der eigentliche Notruf bei der Polizeiinspektion ein: „Person mit Messer verletzt“.
Der Angeklagte hatte am Tattag einen Termin im Jobcenter. Vormittags rauchte er noch zwei Haschischpfeifen. Dann fuhr er mit dem Bus nach Rothenburg. Im Jobcenter bescheinigte der 61 Jahre alte Psychologe dem Angeklagten eine schizophrene Psychose und eine nur unterdurchschnittliche Intelligenz. Er könne daher keiner regulären Arbeit nachgehen und brauche dringend eine Therapie.
„Der Angeklagte hatte Angst, in einer Klinik eingesperrt zu werden“, sagte Gerichtssprecher Krach. Deswegen sei es zum Streit gekommen. Voller Wut verließ der 29-Jährige demnach das Jobcenter, kaufte sich in einem nahe gelegenen Supermarkt ein Küchenmesser und kam nach wenigen Minuten zurück. Dann stach er auf den 61-Jährigen ein. Der Gutachter soll noch versucht haben, sich mit Fußtritten zu wehren. Er starb kurz nach der Attacke, die herbeigerufenen Notärzte konnten sein Leben nicht mehr retten. Wie oft genau er zugestochen habe, daran könne sich der 29-Jährige nicht erinnern, berichtet der Gerichtssprecher. In einer Erklärung, die der Anwalt des Angeklagten verlas, hieß es: „Die Tat tut mir unendlich leid.“